0697 - Der Leichenholer
zusammensinken und darauf warten, dass die Fremden kommen. Hast du mich genau verstanden?«
»Ja.«
»Schön, wenn sie erscheinen, wirst du das in der Hand halten und ihnen erklären, dass du jetzt die Befehle gibst. Einen wirst du immer erwischen, Bruder.«
Der Gangster begriff noch immer nicht, was gemeint war. Erst als sein Gegenüber etwas Eiförmiges aus Metall aus der Tasche holte, da war ihm alles klar.
Er hielt eine Handgranate in der Hand!
Kirk sagte nichts. Der Kloß saß dick in seiner Kehle, und er konnte bestimmt nicht lächeln wie sein Gegenüber, der jetzt rückwärts bis an die Tür ging, die Handgranate nicht scharf machte, sondern sie auf den Gefesselten zurollte.
»Nimm sie!«
Kirk stoppte sie mit dem Fuß. Er schaute auf den Eindringling, offenbar wusste er nicht, was er tun wollte. Eine Handgranate, die nicht scharf war, jagte ihm normalerweise keine Furcht ein, aber diese Situation war einfach anders.
»Nimm sie endlich!«
Der Gangster bückte sich. Rafugil hatte es raffiniert eingefädelt. Auch wenn Kirk durchdrehte und die Granate traf, würde er immer noch genügend Zeit haben, um die Tür zu schließen.
Also nahm er sie hoch. Er konnte sich weit genug bücken, ohne dass ihn die Schelle hinderte.
»Gut so…«
»Was soll ich jetzt tun?«
Das Lächeln auf dem Gesicht wurde noch kälter. »Einfach warten, nur warten…«
»Und worauf?«
»Auf unseren Besuch. Wenn er kommt, lock ihn an, dein Gesicht sieht schlimm genug aus, und dann sprenge ihn in die Luft, falls er dich nicht befreit.«
Kirk wollte nicht. »Verdammt, da gehe ich auch bei drauf!«
»Du bist so oder so verloren. Was ist, wenn sich die Bullen mal genauer um dich kümmern…?«
Rafugil ließ die Frage mitten im Satz enden, aber die wenigen Worte hatten gereicht, um bei Kirk böse Erinnerungen aufkeimen zu lassen.
Er gehörte zu den Typen, die mit einem internationalen Haftbefehl gesucht wurden. Jeder Polizist in Europa brach in Jubel aus, wenn ihm Kirk in die Hände fiel.
»Ich liege doch nicht falsch - oder?«
»Nein, sicherlich nicht.«
»Das ist sehr gut. Deshalb wird es dir wohl bestimmt nichts ausmachen, wenn du ein wenig mit der Granate spielst und den Bullen zeigst, wo es langgeht.«
Seine Lippen waren so trocken, dass er sie belecken musste. Und dabei nickte er.
Der Vampir lächelte, ohne dabei seine Blutzähne verschwinden zu lassen. »Vielleicht kommst du frei«, sagte er kurz vor dem Schließen der Tür. »Das liegt jetzt allein an dir und daran, wie du mit deinem Schicksal pokerst.«
Das waren seine letzten Worte. Ebenso leise, wie er gekommen war, zog er sich auch wieder zurück.
Kirk blieb allein, er fühlte sich unwohl, er schwitzte. Hinzu kam der Blutgeruch, der von seiner Wange ausströmte und in seine Nase stieg.
Er ekelte sich, es widerte ihn an, aber er konnte nichts tun. Seine einzige Chance war tatsächlich die Eierhandgranate in seiner Hand und seine Nerven, die stark genug sein mussten, um einen Bluff durchzuhalten. Die Bullen mussten ihn befreien.
Wie eine große Welle stieg der Hass auf die beiden Männer in ihm hoch und überschwemmte ihn.
Er hätte am liebsten durchgedreht, wäre davongelaufen, aber die Fessel hielt ihn eisern fest.
Was tun?
Da hörte er die Geräusche. Wie viel Zeit seit dem Verschwinden des Vampirs vergangen war, wusste er nicht, aber er lauschte sehr genau und stellte fest, dass sie die Treppe herabkamen.
Nicht mehr lange, dann war die Entscheidung da. Die große Sekunde vor dem Nichts - oder der Sprung in die Freiheit.
Dann entfernten sich Schritte. Gingen sie, ohne einen Blick in die Küche zu werfen?
Nein, einer kam.
Sehr behutsam drückte er die Tür auf, die nach innen schwang und die Sicht freigab.
Ein Mann stand auf der Schwelle.
Es war der Blonde!
Kirk hielt seinen linken Arm halb erhoben, dicht an die rechte Hand herangebracht, den Stift hielt er ebenfalls fest, und er brauchte ihn nur mit einem Ruck loszureißen.
Dann aber musste er einfach kichern und sprach den Satz danach wie einen Fluch aus…
***
Er bluffte nicht!
Verdammt, es war eine Tatsache. Dieser Hundesohn hielt tatsächlich eine Handgranate fest, die noch gesichert war, aber er brauchte den Stift nur hervorzureißen und zu werfen, dann detonierte sie.
Für uns wäre es das Aus gewesen.
Mir schoss in einer Sekunde einiges durch den Kopf. Wie lange würde es dauern, bis uns das Ding um die Ohren flog?
Nur Sekunden.
Eine verdammt kurze Spanne.
Ich kannte mich da nicht
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