0699 - Schule des Satans
Jahrhundert zurückreichten. Fast jeden zog es früher oder später in diese Räume, um nach Aufzeichnungen von Vorfahren zu suchen oder die Behauptungen ihrer Väter, sie seien Meisterschüler gewesen, zu überprüfen.
An diesem Abend ging Wahid jedoch an den Regalen vorbei, ohne sie weiter zu beachten. Sein Ziel war der alte Heizungskeller, der längst nicht mehr benutzt wurde und am Ende eines langen, dunklen Ganges lag.
Den Anweisungen folgend blieb er vor der schweren Eisentür stehen und klopfte erst zweimal und nach einer kurzen Pause weitere dreimal dagegen.
Nichts geschah.
Wahid sah sich unsicher um. Der Schein seiner Taschenlampe tanzte über die leeren Wände. Spinnen und Kellerasseln flohen verstört aus dem Lichtkegel. Dem Jungen wurde plötzlich bewusst, dass er weit weg von allen anderen war. Niemand verirrte sich so tief in die Kellergewölbe. Wenn ihm hier unten was passierte, würde man ihn vielleicht erst nach tagelanger Suche entdecken.
Er schluckte. »Alex?«, rief er. »Seid ihr da drin?«
Niemand antwortete.
Wahid drückte vorsichtig mit der Hand gegen die Tür und war überrascht, als sie knarrend aufschwang. Das Geräusch zerriss die Stille.
Der Raum, der hinter der Tür lag, war tiefschwarz.
»Alex? Ich komm jetzt rein«, sagte Wahid und trat über die Schwelle.
Es roch nach Kohlestaub und Öl. Der Junge schwenkte hastig die Taschenlampe von einer Seite zur anderen, hatte Angst vor einer unerwarteten Berührung in der Dunkelheit.
Wenn ich nichts sehe, können sie auch nichts sehen, versuchte er sich zu beruhigen.
Der Lichtstrahl riss die Umrisse rostiger, alter Öltanks aus der Dunkelheit. Leitungen führten zwischen ihnen hindurch und verschwanden in der Decke.
Etwas leuchtete weiß.
Wahid ließ den Lichtkegel zurückgleiten. Ihm stockte der Atem.
Vor ihm stand jemand.
Eine Gestalt, in einer weißen Kutte. Ihr Kopf war unter einer ebenfalls weißen Kapuze verborgen und gab ihr das Aussehen eines Ku-Klux-Klan-Mitglieds. Zwei weitere Gestalten in gleicher Kleidung standen regungslos daneben.
Wahid atmete tief durch.
»Ihr habt mich ganz schön erschreckt«, sagte er nervös. »Was wollt ihr jetzt machen?«
Eine der Gestalten hob die Hand und zeigte stumm auf eine kleine Tür. Wahid wusste nicht, was sich dahinter verbarg.
»Ich soll da reingehen?«, fragte er.
Die Gestalt reagierte nicht. Nur ihr ausgestreckter Arm wies immer noch auf die Tür.
Wahid hob die Schultern. »Also gut, aber wehe, da ist irgendwas Ekliges drin.«
Er ging zur Tür. Im Licht der Taschenlampe sah er, dass sie aus dunklem Holz bestand und mit einem rostigen Riegel verschlossen war. Als er daran zog, glitt das Eisenstück lautlos zurück.
Wahid zögerte einen Moment, dann stieß er die Tür auf.
Und schrie.
***
Tagebucheintrag von Kenneth McLean
13. Februar 1701
In der letzten Nacht hatte ich eine furchtbare Vision. Ich lag in meinem Bett und wartete auf den Schlaf. Draußen schien der volle Mond. Sein Licht ließ den Saal grau erscheinen. Ich hörte das Atmen der anderen Jungen, ruhig und gleichmäßig.
Dann stand er plötzlich vor mir. Ich schwöre bei Gott, dem Allmächtigen, dass er es war, denn ich sah ihn so deutlich wie jetzt den Federkiel in meiner Hand, Es war Bruder Drummond.
Er bot einen entsetzlichen Anblick. Sein Gesicht war blau angelaufen, seine blutunterlaufenen Augen quollen daraus hervor, als wollten sie zu Boden fallen. Seine Zunge hing bis auf sein Kinn und der ganze Kopf saß schräg auf seinem Hals, so wie man es manchmal bei Buckligen sieht. In einer Hand hielt er eine Hanfschlinge, die andere zuckte wie in einem nicht enden wollenden Todeskrampf.
Ich wagte es nicht mich zu rühren, obwohl mein Herz aus meiner Brust zu springen schien. Ganz still blieb ich liegen und hoffte, dass der Geist mich nicht bemerkte.
Dann drehte sich Bruder Drummond zu mir. Sein ganzer Oberkörper bewegte sich dabei, schwang langsam herum, bis seine roten Augen mich anstarrten.
Ich glaubte zu sterben, so kalt und tot war ihr Blick. Drummonds Mund öffnete und schloss sich um seine hervorstechende Zunge wie das Maul eines Fisches. Er schien etwas sagen zu wollen, aber ich hörte keinen Laut.
Schließlich hob sich seine zitternde Hand. Bruder Drummond streckte den Arm aus und zeigte auf Alfred, der schlafend in seinem Bett lag. Dann hob er die Schlinge, als wollte er mir sagen, dass Alfred die Schuld an seinem Tod trug.
Ich rührte mich immer noch nicht. Das Kreuz, das ich gebastelt
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