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0699 - Schule des Satans

0699 - Schule des Satans

Titel: 0699 - Schule des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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durchsehen.«
    Sie nahm die Papiere Zamorra aus der Hand und brachte ihn mit einer kurzen Geste dazu, seine mentale Barriere zu senken.
    Rede mit ihm, sagte sie telepathisch. Ich kann spüren, dass er vor etwas große Angst hat. Vielleicht sagt er, um was es geht, wenn er mit dir allein ist. Ich bin für ihn eine Fremde, die vielleicht stört.
    Zamorra nickte kaum merklich und setzte sich wieder.
    »Du hast Recht«, stimmte er Norman zu. »Wir haben wirklich viel aufzuholen.«
    Der Direktor grinste und schüttete Single Highland Malt in zwei der bereitgestellten Gläser. »Was hattest du eigentlich damals mit dem toten Wal auf dem Parkplatz zu tun?«
    Genau darüber wollte Zamorra nicht sprechen.
    ***
    Tagebucheintrag von Kenneth McLean
    14.Februar 1701
     
    Er war wieder da.
    Ich schlief bereits, als eine kalte Hand meine Stirn berührte und darüber strich. Ich kniff die Augen fest zusammen, weil ich wusste, wer neben meinem Bett stand, aber er ging nicht weg.
    Schließlich, als der Ekel über seine Berührung größer wurde als die Angst, in sein Gesicht zu blicken, öffnete ich die Augen.
    Bruder Drummond nahm die Hand von meiner Stirn und zeigte auf Alfred. Sein bleicher Zeigefinger stach wie ein Schwert in die Luft, so dringlich wiederholte er seine Geste.
    »Was willst du?«, flüsterte ich, aber sein grotesker Mund öffnete und schloss sich nur lautlos. Die Schlinge in seiner Hand baumelte hin und her, als hinge sie an einem Galgen. Dann trat er einen Schritt zur Seite und im Mondlicht sah ich den Schatten, den die Schlinge auf Alfred warf.
    Im nächsten Moment war Bruder Drummond verschwunden. Ich wusste, dass er nicht noch einmal zu mir kommen würde, denn er hatte wohl in meinen Augen gesehen, dass ich die Aufgabe, die er mir aufgetragen hatte, endlich verstand. Nur weiß ich nicht, ob ich sie erfüllen kann.
    Ich habe Alfred heute beobachtet. Er stolziert wie ein König durch die Hallen des Klosters und zeigt keinen Respekt vor den Mönchen. Die Dienstboten bekreuzigen sich, wenn sie ihn sehen und nicht wenige machen das Zeichen gegen den bösen Blick, sobald er sich ihnen zuwendet. Ich frage mich, ob Alfred der Antichrist sein könnte, vor dem in der Heiligen Schrift gewarnt wird. Beginnt hier, in einer schottischen Klosterschule vielleicht die Apokalypse? Der Gedanke wirkt lächerlich, aber er lässt mich nicht mehr los.
    Viele der anderen Schüler sind Alfred bereits verfallen. Ich sehe es in ihren Gesichtern, höre es in ihrer kalten Sprache. Etwas, das ich nicht erklären kann, verändert sie.
    Trotzdem erfüllen mich Zweifel. Ist es wirklich richtig, was Bruder Drummond von mir verlangt oder ist vielleicht er aus der Hölle emporgestiegen, um mich zu verführen? Bin ich auserwählt, den Antichristen zu töten oder soll ich zum Mörder werden, um meine unsterbliche Seele zu verlieren? Ich bete zu Gott, dass ich diese Entscheidung niemals treffen muss.
    ***
    Während Nicole sich über Grundrisse beugte und Zamorra nach Ausreden suchte, lag Wahid stumm und zitternd in seinem Bett. Er hörte den gleichmäßigen Atem seines Zimmergenossen, spürte die schweißnassen Laken unter seinem Rücken und das Gewicht der Bettdecke auf seiner Brust.
    Am liebsten hätte er sie sich vom Leib gerissen und wäre schreiend aus dem Zimmer gerannt, aber er konnte es nicht, konnte weder Arme noch Beine bewegen. Wie gelähmt lag er da.
    Die drei Gestalten standen am Fußende seines Bettes. Die Augenlöcher in ihren weißen Kapuzen starrten ihn dunkel an. Ihre Kutten wehten in einer leichten Brise, die nur sie zu spüren schienen.
    Wahid war kein besonders gläubiger Moslem, aber in dieser Nacht betete er zu Allah wie noch nie zuvor in seinem Leben. Er betete, bis die ersten Strahlen der Morgensonne durch sein Fenster schienen und die Gestalten sich auflösten wie weißer Frühnebel auf den Wiesen.
    Erst dann schlief er ein.
    ***
    Zamorras Frühstück bestand aus zwei Kopfschmerztabletten und einer starken Tasse Kaffee.
    Nicole wartete, bis sie die Lebensgeister in die Augen ihres Gefährten zurückkehren sah, bevor sie ihn zum ersten Mal an diesem Morgen ansprach.
    »Hat Norman etwas gesagt?«
    Zamorra nickte. »Er hat sehr viel gesagt und noch mehr erzählt, aber leider nichts über etwas, vor dem er Angst hat. Sobald ich versuchte, das Gespräch auf die Gegenwart zu lenken, fing er mit einer alten Geschichte an. Ich hatte den Eindruck, dass er in der letzten Zeit den Kontakt zu vielen Studienkollegen wieder aufgenommen

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