0699 - Schule des Satans
saßen Jeffrey und ich ganz allein auf einer Bank, während Alfred von sämtlichen Mitschülern umgeben war. Sie hörten nicht auf die Anweisungen der Mönche, sondern warteten, bis Alfred ihnen mit einem Nicken zu verstehen gab, wie sie sich verhalten sollten. Es klingt vielleicht lächerlich, aber ich glaube, dass er Macht über ihre Gedanken hat, in ihnen lesen kann, als wären sie ein geöffnetes Buch. Ich habe Angst vor seinem Blick und dem Bösen, das sich dahinter verbirgt. Vielleicht reicht allein dieser Blick aus, um meine Seele zu beschmutzen und mich ins Fegefeuer zu stoßen. Vielleicht kann dieser Blick sogar erkennen, was Bruder Drummond von mir verlangt. Ich habe Jeffrey nichts von meinen Visionen erzählt und sie auch den Mönchen bei der Beichte verschwiegen. Das war eine gute Entscheidung, denn ich weiß nicht, was nach dieser Nacht, vor der ich mich so fürchte, geschehen wird. Was soll ich tun, wenn auch Jeffrey zu einem von Alfreds Gefolgsleuten wird? Möge Gott ihn schützen und sein Handeln leiten. Dafür werde ich beten.
Nachtrag: Ich bin Jeffrey gefolgt. Als er an meinem Bett vorbeiging, stellte ich mich schlafend, doch dann stand ich auf. Einige der anderen Betten waren ebenfalls leer. Ich hatte das vorher nicht bemerkt.
Jeffrey entzündete seine Kerze erst, als er die Kellertür erreichte. Ich beobachtete, wie er sie öffnete und in der Dunkelheit verschwand. Ich folgte ihm mit klopfenden Herzen.
An der Tür angekommen, nahm ich meine eigene Kerze hervor und griff nach der Klinke, doch sie bewegte sich nicht. Ich rüttelte daran, bis meine Arme schmerzten, ohne den geringsten Erfolg zu erzielen.
Nach einer Weile packte mich die Furcht, die Mönche könnten auf mich aufmerksam werden, also gab ich auf und ging zurück in den Schlafsaal.
Ich schreibe diese Zeilen im Licht des Mondes, um mich wach zu halten. Ich will erst schlafen, wenn ich weiß, ob Jeffrey den filii noctis widerstehen konnte.
Meine Gedanken sind wirr. Manchmal sehe ich Bruder Drummond vor mir, manchmal Alfred.
Alfred trägt eine Schlinge um seinen Hals. Ich halte das andere Ende fest und ziehe daran. Er läuft blau an und greift nach dem Hanf, aber ich ziehe weiter.
***
»Es war zu erwarten, dass sie das Internet blockieren würden«, sagte Alex, als er mit Mort und Jimmy den Frühstückssaal verließ. »Diese Handlung verrät jedoch mehr, als sie verbirgt.«
Jimmy nickte. »Ein simpler Umkehrschluss. Wenn der französische Professor zufällig hier wäre, hätte man das Netz nicht abschalten müssen. Ergo hat der Direktor ihn wegen uns gerufen.«
»Kann er uns gefährlich werden?«, fragte Mort.
Alex hob die Schultern. Aus den Augenwinkeln sah er Wahid, der mit müden Schritten den Korridor entlangging. »Möglicherweise. Die Fakten reichen nicht aus, um eine klare Einschätzung vorzunehmen.«
»Dann sollten wir Fakten schaffen.«
Mort war immer schon ungeduldig gewesen und seine gesteigerte Intelligenz ließ diesen Charakterzug noch deutlicher hervortreten. Alex verstand seine Sorge, aber bisher schien von dem Professor keine Gefahr auszugehen. Er verstand ebenso wenig wie die anderen, was sich wirklich vor seinen Augen abspielte.
Alex ließ seine Freunde stehen und ging zu Wahid, der ihm mit einer Mischung aus Trotz und Angst entgegensah. In seinem Blick erkannte der Teenager, was dem Mitschüler widerfahren war.
»Du warst dort?«, fragte er, obwohl er die Antwort kannte.
Wahid hob den Kopf. »Warum musst du das fragen? Du warst doch dabei und hast mich mit diesem Bettlakenkostüm erschreckt.«
»Wenn du glaubst, dass ich es war, werde ich dir nicht widersprechen. Ich bin nur hier, um dir zu sagen, dass deine Angst bald vergehen wird. In ein paar Stunden schon wirst du die Veränderung spüren.«
»Was für eine Veränderung?« Wahids Stimme klang beinahe hysterisch.
Alex lächelte. »Du wirst das Licht sehen, mein Freund, so wie all die anderen, die in der letzten Nacht bei ihnen waren.«
Er griff nach Wahids Arm und schob den Jungen durch die geöffneten Türen des Frühstückssaals. Obwohl der große Raum fast voll besetzt war, fehlte der übliche Lärm. Außer dem Klappern des Geschirrs und einigen leisen Unterhaltungen war nichts zu hören.
Die Schüler saßen an den langen Tischen. Manche hatten den Kopf auf die Hände gestützt, andere stocherten lustlos in ihren Cornflakes. Sie alle wirkten müde und nervös.
»Es dauert nicht mehr lange«, sagte Alex mit leuchtenden Augen. »Sie sind
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