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07 - Asche zu Asche

07 - Asche zu Asche

Titel: 07 - Asche zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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erklärte sie mit gekünstelter Förmlichkeit: »Sie haben es wirklich sehr hübsch hier, Barbara.«
    Barbara unterdrückte ein Lächeln. Hadiyyah war entweder höflich, oder sie besaß einen fragwürdigen Geschmack. Alles im Raum stammte entweder aus dem Haus ihrer Eltern in Acton oder von Flohmärkten. Hadiyyah hopste zum Bett und betrachtete eine Fotografie, die auf dem kleinen Tisch daneben stand. Sie hüpfte so unruhig hin und her, daß Barbara versucht war, sie zu fragen, ob sie zur Toilette müsse. Statt dessen sagte sie: »Das ist mein Bruder Tony.«
    »Aber der ist ja so klein. Wie ich.«
    »Das Bild ist vor langer Zeit gemacht worden. Er ist gestorben.«
    Hadiyyah runzelte die Stirn. Sie sah Barbara über die Schulter an. »Wie furchtbar. Sind Sie noch traurig darüber?«
    »Manchmal. Nicht immer.«
    »Ich bin auch manchmal traurig. Hier gibt's überhaupt keine Kinder zum Spielen, und Geschwister hab ich nicht. Dad sagt, es ist ganz okay, traurig zu sein, wenn ich meine Seele prüfe und sehe, daß das Gefühl in mir echt ist. Ich weiß nur nicht genau, wie man seine Seele prüft. Ich hab's versucht. Ich hab ganz lang in den Spiegel geschaut, aber mit der Zeit ist mir ganz komisch geworden. Haben Sie das mal probiert? Ist Ihnen das auch so gegangen? Daß Sie in den Spiegel geschaut haben und Ihnen dabei ganz komisch geworden ist?«
    Barbara mußte unwillkürlich lachen, nicht ohne eine gewisse Bitterkeit. Sie zog den Eimer unter der Spüle heraus und inspizierte seinen dürftigen Inhalt. »Fast jeden Tag geht mir das so«, antwortete sie. Sie holte zwei Eier heraus und legte sie auf die Arbeitsplatte. Dann griff sie in ihre Tasche nach ihren Zigaretten.
    »Dad raucht auch. Er weiß genau, daß es nicht gut ist, aber er tut's trotzdem. Er hat mal zwei Jahre aufgehört, weil Mami es so wollte. Aber jetzt hat er wieder angefangen. Sie wird schön böse sein, wenn sie heimkommt. Sie ist -«
    »- in Kanada.«
    »Genau. Das hab ich Ihnen schon erzählt, nicht? Entschuldigung.«
    »Schon gut.«
    Hadiyyah hopste zu Barbara hinüber und musterte die freie Stelle in der Küche. »Da kommt der Kühlschrank hin«, stellte sie fest. »Machen Sie sich deswegen keine Sorgen, Barbara. Wenn Dad morgen aufsteht, bringt er ihn Ihnen hierher. Ich sag ihm, daß es Ihrer ist. Ich sag ihm, daß Sie meine Freundin sind. Ist Ihnen das recht? Wenn ich sage, daß Sie meine Freundin sind? Es ist gut, wenn ich das sage, wissen Sie. Meinen Freunden hilft Dad gern.«
    Begierig wartete sie auf Barbaras Antwort.
    »Natürlich. Das kannst du ruhig sagen«, antwortete Barbara und fragte sich, worauf sie sich da einließ.
    Hadiyyah strahlte. Sie wirbelte durch den Raum zum offenen Kamin. »Der ist auch so niedlich«, sagte sie. »Glauben Sie, er funktioniert? Können wir da im Feuer mal Marshmallows rösten? Ist das ein Anrufbeantworter?
    Schauen Sie. Es hat jemand angerufen, Barbara.« Sie streckte den Arm nach dem Gerät aus, das auf dem Regal neben dem Kamin stand. »Wollen wir sehen, wer -«
    »Nein.«
    Hadiyyah riß ihre Hand zurück und trat hastig ein paar Schritte von dem Gerät weg. »Ich hätte nicht -« Sie sah so zerknirscht aus, daß Barbara sagte: »Tut mir leid. Ich wollte dich nicht anfahren.«
    »Sie sind wahrscheinlich müde. Dad fährt mich auch manchmal an, wenn er besonders müde ist. Soll ich Ihnen Tee kochen?«
    »Nein. Danke. Ich habe das Wasser schon aufgesetzt. Ich mache ihn mir selbst.«
    »Oh.« Hadiyyah sah sich um, als suche sie weitere Beschäftigungsmöglichkeiten. Als sie nichts finden konnte, murmelte sie:
    »Wahrscheinlich sollte ich jetzt heimgehen.«
    »Es war ein langer Tag.«
    »Ja, das stimmt.« Hadiyyah näherte sich zögernd der Tür, und Barbara fiel auf, daß die Schleifen an ihren Zöpfen weiß waren. Sie fragte sich flüchtig, ob das kleine Mädchen zu jedem Kleidungsstück Schleifen in der passenden Farbe hatte.
    »Also dann«, sagte Hadiyyah, als sie die Tür erreicht hatte.
    »Gute Nacht, Barbara. Es war sehr nett, Sie kennenzulernen.«
    »Ganz meinerseits«, erwiderte Barbara. »Warte einen Moment, dann begleite ich dich zum Haus.« Sie goß heißes Wasser in ihren Teebecher und versenkte einen Beutel darin. Als sie sich zur Tür wandte, war das kleine Mädchen verschwunden. Sie rief: »Hadiyyah?« und ging in den Garten.
    Sie hörte sie »Gute Nacht, gute Nacht« rufen und sah den Schimmer ihres weißen Nachthemds in der Dunkelheit. »Vergessen Sie die Party nicht. Es ist meine

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