07 - Asche zu Asche
meinten, als Sie sagten, Flemings Tod sei weder Selbstmord noch Mord noch Unglücksfall: Gabriella Patten als geplantes Mordopfer. Aber jetzt ist sie ausgeschieden. Sehen Sie das nicht auch so?«
Lynley antwortete nicht sofort. Er ließ sich die Frage durch den Kopf gehen, während er zerstreut eine Frau in einem hautengen schwarzen Kleid beobachtete, die am Bentley vorüberging und sich dann in lässiger Pose vor einem Laternenpfahl nicht weit vom Ye Grapes drapierte.
Barbaras Blick folgte dem Lynleys. Sie seufzte. »Ach, du lieber Gott. Soll ich die Sitte anrufen?«
Lynley schüttelte den Kopf und ließ den Motor an, legte aber den Gang nicht ein. »Es ist noch früh am Tag. Ich glaube nicht, daß sie große Geschäfte machen wird.«
»Die treibt wohl die Verzweiflung auf die Straße.«
»Vermutlich, ja.« Er blickte sinnend durch die Windschutzscheibe nach draußen. »Vielleicht ist das der Schlüssel zu dieser ganzen Geschichte - die Verzweiflung.«
»Zu Flemings Tod, meinen Sie? Denn es geht doch um Flemings Tod - um seine vorsätzliche Ermordung -, nicht wahr, Sir? Und nicht um Gabriella.« Barbara trank einen Schluck Kaffee und spann ihren Faden weiter, ehe er etwas sagen konnte. »Es ist doch so: Es gibt nur drei Personen, die ihren Tod gewünscht haben könnten und die auch wußten, wo Gabriella sich an besagtem Mittwoch abend aufhielt. Aber das Problem ist, daß diese drei absolut hieb- und stichfeste Alibis vorweisen können.«
»Hugh Patten«, sagte Lynley nachdenklich.
»Der nach allem, was wir gehört haben, tatsächlich im Cherbourg Club war, wie er behauptet.«
»Miriam Whitelaw.«
»Deren Alibi uns vor zehn Minuten von Gabriella Patten bestätigt wurde.«
»Und die letzte Person?« fragte Lynley.
»Fleming selbst, außer sich über die Entdeckungen, die er über ihre Vergangenheit gemacht hatte. Und der hat nun das beste Alibi überhaupt.«
»Jean Cooper und der Sohn, Jimmy, kommen für Sie also nicht in Frage?«
»Als mögliche Mörder von Gabriella Patten? Die wußten doch nicht, wo sie sich aufhielt. Aber wenn Fleming von Anfang an das geplante Opfer war, dann haben wir ein ganz anderes Bild, stimmt's? Denn Jimmy muß ja gewußt haben, daß sein Vater die Absicht hatte, die Scheidung zu betreiben. Er hat vielleicht an dem fraglichen Nachmittag mit seinem Vater gesprochen. Er wußte vielleicht auch, wohin Fleming wollte. So wie ich es sehe, hatte Fleming die Mutter des Jungen verletzt, und den Jungen selbst und seine Geschwister ebenfalls. Er hatte Versprechungen gemacht, die er dann nicht hielt -«
»Sie wollen doch nicht behaupten, Jimmy hätte seinen Vater wegen einer abgeblasenen Urlaubsreise getötet!«
»Der abgesagte Urlaub war doch nur ein Symptom. Und Jimmy wollte die Krankheit beseitigen. Er fand, sie alle hätten genug gelitten, darum ist er am Mittwoch abend nach Kent gefahren und versuchte, sich und seine Mutter und seine Geschwister mit dem einzigen Mittel, das ihm einfiel, von dem Leiden zu heilen. Er griff dazu auf eine Verhaltensweise aus seiner Kindheit zurück: Er legte ein Feuer.«
»Eine ziemlich raffinierte Mordmethode für einen Sechzehnjährigen, finden Sie nicht?«
»Überhaupt nicht. Er hat früher schon gezündelt -«
»Ein einziges Mal.«
»Wir wissen nur von einem Mal. Und daß Brandstiftung bei dem Feuer in Kent so offensichtlich war, zeugt gerade von einem Mangel an Raffiniertheit. Sir, wir müssen uns den Jungen vorknöpfen.«
»Dazu brauchen wir erst einmal einen Ansatzpunkt.«
»Zum Beispiel?«
»Wenigstens einen einzigen hieb- und stichfesten Beweis. Einen Zeugen, der den Jungen am Mittwoch am Tatort gesehen hat.«
»Inspector -«
»Havers, ich verstehe Sie ja, aber ich werde hier nichts überstürzen. Ihre Überlegungen bezüglich Gabriella sind vernünftig: Die Personen, die vielleicht an ihrem Tod interessiert wären und die wußten, wo sie sich aufhielt, haben Alibis, während jene Personen mit Motiv aber ohne Alibi nicht wußten, wo sie zu finden war. Das alles akzeptiere ich.«
»Aber dann -«
»Es gibt andere Gesichtspunkte, die Sie nicht in Betracht ziehen.«
»Welche denn?«
»Die Male an ihrem Hals. Wurden ihr die von Fleming beigebracht? Oder hat sie selbst sich gewürgt, um ihrer Geschichte Glaubwürdigkeit zu verleihen?«
»Aber dieser Bauer hat doch den Streit gehört. Er bestätigt also ihre Version. Und sie selbst hat ein sehr gutes Argument vorgebracht: Was soll Fleming denn getan haben, während sie im Haus
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