07 - Asche zu Asche
Ermittlungen in Kent leiten, er die in London. Sie würden einander auf halbem Weg entgegenkommen. Aber es war leider nicht so einfach, der Wahrheit hinter Flemings Tod auf den Grund zu gehen. Das Voranschreiten der Ermittlungsarbeit verlangte, daß einer von beiden sich unterordnete, und Isabelle Ardery wollte es offensichtlich nicht sein.
Lynley bat: »Sergeant, würden Sie uns einen Moment allein lassen?«
»In Ordnung«, antwortete Barbara und zog sich in Richtung Küche zurück. Er hörte, wie die hintere Haustür zufiel, als sie nach draußen ging.
»Sie machen Druck, Inspector Lynley«, sagte Isabelle Ardery.
»Das haben Sie schon gestern getan. Und Sie tun es heute wieder. Ich verstehe das nicht. Sie erhalten die Informationen von mir. Sie bekommen die Berichte. Das Labor macht Überstunden. Was wollen Sie denn noch?«
»Tut mir leid«, erwiderte er. »Ich wollte Sie nicht bedrängen.«
»Ihr ›Tut mir leid‹ konnte ich gestern noch akzeptieren. Heute nicht mehr. Sie drängen sich ganz bewußt vor. Und Sie haben die Absicht, es auch weiterhin zu tun. Ich möchte wissen, warum.«
Flüchtig überlegte er, ob er versuchen sollte, sie zu besänftigen. Es konnte nicht leicht für sie sein, in einem Beruf zu arbeiten, in dem die Männer dominierten und vermutlich jede ihrer Handlungen in Frage stellten und jede ihrer Meinungen und Stellungnahmen in Zweifel zogen. Aber sie jetzt zu beschwichtigen, hätte gönnerhaft gewirkt.
»Es geht doch nicht darum«, sagte er, »wer hier was tut oder wer wo Ermittlungen anstellt. Es geht einzig darum, einen Mörder zu stellen. Darin sind wir uns doch wohl einig?«
»Tun Sie doch nicht so von oben herab! Wir haben uns über eine eindeutige Abgrenzung unseres jeweiligen Verantwortungsbereichs geeinigt. Ich habe mich an diese Abmachung gehalten. Und Sie?«
»Aber wir haben es doch hier nicht mit einer Vertragssituation zu tun, Inspector. Die vorgegebenen Grenzen sind nicht so klar abgesteckt, wie Sie es gern hätten. Wir müssen zusammenarbeiten, sonst klappt gar nichts.«
»Dann müssen Sie vielleicht neu definieren, was Zusammenarbeit künftig heißen soll. Soweit ich nämlich im Moment sehen kann, arbeite ich für Sie - nach Ihrem Belieben und auf Ihr Geheiß. Und wenn es so bleiben soll, wäre ich Ihnen verbunden, wenn Sie das jetzt gleich klipp und klar sagen würden, damit ich mir überlegen kann, wie ich Ihnen den Freiraum schaffen könnte, den Sie offenbar brauchen.«
»Was ich brauche, ist Ihre fachliche Hilfe, Inspector Ardery.«
»Es fällt mir schwer, das zu glauben.«
»Und die werde ich nicht bekommen, wenn Sie Ihren Chef bitten, Sie von dem Fall zu entbinden.«
»Ich habe nichts dergleichen -«
»Aber wir wissen doch beide, daß es so gemeint war.« Er sagte nicht, daß er die Drohung unprofessionell fand. Es gefiel ihm nicht, wie schnell dieses Wort gemeinhin fiel, wenn Kollegen sich in die Haare gerieten. Statt dessen meint er: »Jeder von uns hat seine eigene Arbeitsweise. Wir müssen der des anderen Verständnis entgegenbringen. Mein Stil ist es, jeder Information persönlich nachzugehen. Es ist nie meine Absicht, dabei anderen auf die Zehen zu treten, aber manchmal passiert es eben. Doch das heißt nicht, daß ich der Meinung bin, meine Kollegen verstünden ihr Handwerk nicht. Ich habe nur einfach gelernt, meinen eigenen Instinkten zu trauen.«
»Mehr als denen anderer offensichtlich.«
»Ja. Aber wenn ich einen Fehler mache, ist es auch allein meine Schuld, und ich muß die Suppe selbst auslöffeln.«
»Ach ja. Wie bequem.«
»Was?«
»Wie Sie das arrangiert haben. Ihre Kollegen bringen Ihrer Arbeitsweise Verständnis entgegen. Sie jedoch bringen der Arbeitsweise der Kollegen keines entgegen.«
»Das habe ich nicht gesagt, Inspector.«
»Das brauchten Sie auch gar nicht, Inspector. Es liegt doch auf der Hand: Sie gehen den Informationen nach, wie und wann immer Sie es für richtig halten. Und ich habe sie Ihnen gefälligst zu liefern, wann und wenn Sie es für angebracht halten.«
»Aber das hieße ja, daß Sie nur eine unbedeutende Rolle spielen«, erklärte Lynley. »Der Meinung bin ich jedoch überhaupt nicht.«
»Darüber hinaus«, fuhr sie störrisch fort, »soll ich ja keine Meinung äußern und keinerlei Einwände erheben, ganz gleich, welche Richtung Sie bei Ihrer Arbeit einschlagen. Und wenn es Ihnen gefällt, mich nach Ihrer Pfeife tanzen zu lassen, so habe ich das zu akzeptieren, und zwar mit Freuden, und den Mund zu
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