07 - Asche zu Asche
mitgenommen?«
Der Junge knallte die Vorderbeine seines Stuhls wieder auf den Boden und sagte: »Jetzt hören Sie mir endlich mal zu. Ich hab's getan. Ich hab meinen Vater umgebracht, und sie krieg ich auch noch. Das hab ich Ihnen alles schon erzählt. Und mehr sag ich nicht.«
»Ja, da haben Sie alles gestern schon gesagt.« Lynley schlug die Akte auf, die er aus seinem Büro mitgenommen hatte. Unter den Fotografien, die Inspector Ardery geliefert hatte, suchte er eine Vergrößerung des Sessels heraus, in dem das Feuer gelegt worden war. »Hier«, sagte er. »Fällt es Ihnen jetzt wieder ein?«
Jimmy warf einen mürrischen Blick auf das Foto, knurrte: »Ja, das ist er«, und wollte sich wieder abwenden. Doch sein Blick blieb an der Ecke einer Fotografie hängen, die ein wenig aus dem Stapel herausgerutscht war. Eine Hand war darauf zu sehen, die schlaff von einem Bett herabhing. Lynley sah, wie Jimmy schluckte, als sein Blick sich an der Abbildung dieser Hand festsaugte.
Lynley schob die Fotografie langsam aus dem Stapel heraus und beobachtete das Mienenspiel des Jungen, der zusah, wie Zentimeter und Zentimeter sein toter Vater zum Vorschein kam. Die Hand, der Arm, die Schulter, dann das Gesicht von der Seite. Kenneth Fleming sah wie ein Schlafender aus, wären nicht die tödliche Röte seiner Haut gewesen und der zarte, rosig angehauchte Schaum vor seinem Mund.
Jimmy war wie gebannt.
Lynley sagte ruhig: »Welcher Sessel war es, Jim?«
Der Junge antwortete nicht, hielt nur den Blick unverwandt auf das Bild gerichtet. Vom Korridor drangen gedämpfte Geräusche ins Zimmer. Drinnen war es ganz still.
»Was ist am Mittwoch abend geschehen?« fragte Lynley. »Von Anfang bis Ende. Wir brauchen die Wahrheit.«
»Ich hab sie Ihnen gesagt.«
»Aber Sie haben mir nicht alles gesagt, nicht wahr? Warum nicht, Jimmy? Haben Sie Angst?«
»Natürlich hat er Angst«, rief Friskin ärgerlich. »Tun Sie dieses Foto weg. Schalten Sie die Maschine ab. Diese Vernehmung ist zu Ende. Jetzt. Auf der Stelle.«
»Möchten Sie das Gespräch beenden, Jimmy?«
Es gelang dem Jungen endlich, seinen Blick von dem Bild abzuwenden. »Ja. Ich hab alles gesagt.«
Lynley schaltete den Rekorder aus. Er ordnete langsam und umständlich die Fotografien. Aber Jimmy sah nicht mehr hin. Zu Friskin sagte Lynley: »Wir melden uns«, und überließ es dem Anwalt, seinen Mandanten durch das Heer von Reportern und Fotografen zu lotsen, die mittlerweile zweifellos an sämtlichen Türen von New Scotland Yard auf der Lauer lagen.
Auf dem Weg in sein Büro traf er mit Barbara zusammen, die, mit einem Brötchen in der einen und einem Plastikbecher in der anderen Hand, kauend sagte: »Wir haben jetzt die Bestätigung vom Billingsgate-Markt. Jean Cooper war Donnerstag vormittag in der Arbeit. Pünktlich wie eine wandelnde Uhr.«
»Um welche Zeit also?«
»Vier Uhr morgens.«
»Interessant.«
»Aber dafür ist sie heute nicht da.«
»Ach nein? Wo ist sie denn?«
»Unten, wie ich von der Anmeldung höre. Macht einen Höllenspektakel, weil die Sicherheitsleute sie nicht durchlassen wollen. Sind Sie mit dem Jungen fertig?«
»Fürs erste.«
»Ist er noch hier?«
»Er ist gerade mit Friskin gegangen.«
»Schade«, meinte Barbara. »Die Ardery hat gerade angerufen.«
Sie wartete, bis sie in seinem Büro waren, ehe sie Isabelle Ardery s Informationen an ihn weitergab. Das Öl auf den Efeublättern aus dem Gemeindepark von Lesser Sprinburn war das gleiche wie das auf den Fasern, die in der Nähe des Hauses gefunden worden waren; die Proben stimmten beide mit den Tropfen überein, die man Jimmy Coopers Motorrad entnommen hatte.
»Gut«, lobte Lynley.
Auf der Keramikente aus dem Geräteschuppen hatte man Jimmy Coopers Fingerabdrücke gesichert, aber - und das ist interessant, Sir - nirgends im Inneren des Hauses hatte man welche gefunden, weder auf den Fensterbrettern noch an den Türen. Jedenfalls keine Fingerabdrücke Jimmys. Andere waren in Massen da.
Lynley nickte. Er warf die Fleming-Akte auf den Schreibtisch, schlug die nächste Serie Zeitungen auf, die er noch nicht angesehen hatte, und griff nach seiner Brille.
»Sie scheinen gar nicht überrascht zu sein«, bemerkte Barbara.
»Nein. Bin ich auch nicht.«
»Dann wird Sie wahrscheinlich der Rest auch nicht überraschen.«
»Und der wäre?«
»Die Zigarette. Inspektor Arderys Experte hat sich heute morgen gleich an die Arbeit gemacht und hat die Zigarette
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