07 - Asche zu Asche
Club?«
»Ich bin nicht schwachsinnig, Inspector.«
»Entschuldigen Sie.« Lynley gab ihr das Kennzeichen des Jaguars an, der in der Garage stand. »Die in Kent sollen feststellen, ob der Jaguar oder der Range Rover in der Nähe von Springburn gesehen worden ist. Oder auch der Renault. Der in der Auffahrt steht.«
Sie prustete verächtlich. »Glauben Sie vielleicht, der würde in so einer Kiste rumgondeln?«
»Vielleicht - um einen Mord zu begehen.«
Eine der Terrassentüren ganz am anderen Ende des Hauses wurde geöffnet. Patten trat heraus. Er war in Begleitung einer jungen Frau von höchstens zwanzig Jahren in langem Pullover und Leggings. Mit geschmeidigen Bewegungen kam sie auf schlanken nackten Füßen über die Terrasse. Patten hatte seine Hand in ihrem Nacken, gleich unterhalb ihres Haars, das tiefschwarz war und zu einer geometrischen Kurzhaarfrisur geschnitten, die ihre Augen sehr groß wirken ließ. Er zog sie näher an sich, und einen Moment lang schien es, als atmete er den Duft, der von ihr ausging.
»Jessica«, stellte er vor.
»Ihre Tochter?« fragte Barbara.
»Sergeant!« mahnte Lynley.
Die junge Frau verstand offensichtlich genau, was los war. Sie schob ihren Zeigefinger durch eine Gürtelschlaufe an Pattens Jeans und sagte: »Kommst du, Hugh? Es ist schon spät.«
Er strich ihr mit der Hand über den Rücken, wie ein Rennstallbesitzer vielleicht seinen Champion streicheln würde.
»Gleich«, sagte er. Und zu Lynley: »Inspector?«
Lynley hob wortlos eine Hand, um anzudeuten, daß er keine Fragen an die junge Frau hatte. Er wartete, bis sie ins Haus zurückgekehrt war, ehe er sagte: »Wo könnte Ihre Frau sein, Mr. Patten? Sie ist verschwunden. Ebenso Flemings Wagen. Haben Sie eine Ahnung, wohin sie gefahren sein könnte?«
Patten begann, die Whiskyflaschen zuzuschrauben. Er stellte sie auf ein Tablett und die Gläser dazu. »Nein, keine. Aber ganz gleich, wo sie ist, allein ist sie sicher nicht.«
»Wie Sie.« Barbara klappte ihr Heft zu.
Patten sah sie ruhig an, ohne sich provozieren zu lassen. »Ja, in der Hinsicht sind Gabriella und ich uns ausgesprochen ähnlich.«
6
Lynley griff nach dem Hefter mit den Unterlagen aus Kent. Die Augenbrauen über den Brillengläsern zusammengezogen, begann er die Aufnahmen vom Tatort durchzusehen. Barbara beobachtete ihn und fragte sich, wie er es schaffte, so hellwach zu wirken.
Sie selbst war todmüde. Es war fast ein Uhr morgens. Seit ihrer Rückkehr in den New Scotland Yard hatte sie drei Tassen Kaffee getrunken, aber trotz des Koffeins - oder vielleicht gerade deswegen - schlug ihr Hirn Purzelbäume und ihr Körper streikte. Am liebsten hätte sie den Kopf auf Lynleys Schreibtisch gelegt und geschnarcht. Statt dessen stand sie auf, streckte sich und ging zum Fenster. Unten auf der Straße war kein Mensch zu sehen. Der Himmel, der über der Millionenstadt niemals richtig dunkel wurde, war anthrazitgrau.
Sie zupfte nachdenklich an ihrer Unterlippe, während sie hinaussah. »Angenommen, Patten hat's getan«, sagte sie.
Lynley antwortete nicht. Er legte die Fotografien aus der Hand, las einen Abschnitt aus dem Bericht von Isabelle Ardery und hob dann den Kopf. Seine Miene wurde nachdenklich.
»Motive hat er hinreichend«, fuhr Barbara fort. »Fleming hat ihm Hörner aufgesetzt, und Rache ist süß.«
Lynley setzte einen Absatz in Klammern. Dann einen zweiten. Ein Uhr morgens, dachte Barbara gereizt, und er ist immer noch voll da.
»Also?« fragte sie ihn.
»Darf ich mal Ihre Notizen sehen?«
Sie kehrte zu ihrem Sessel zurück, holte ihr Heft aus der Umhängetasche und reichte es ihm. Während sie wieder zum Fenster ging, überflog Lynley die beiden ersten Seiten der Aufzeichnungen ihres Gesprächs mit Miriam Whitelaw. Auf der dritten Seite las er gründlicher; ebenso auf der vierten.
»Er hat selbst gesagt, daß er bei Untreue die Grenze zieht«, sagte Barbara. »Vielleicht heißt seine Grenze Mord.«
Lynley sah sie an. »Lassen Sie sich nicht von Ihrer Antipathie blenden, Sergeant. Wir haben nicht genug Fakten.«
»Aber trotzdem, Inspector -«
Er gestikulierte mit dem Bleistift, um sie zum Schweigen zu bringen. »Und wenn wir sie beisammen haben, werden sie, denke ich, seine Aussage bestätigen, daß er in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag im Cherbourg Club war.«
»Deswegen kann man ihn noch lange nicht als Verdächtigen streichen. Kann doch sein, daß er das Feuer legen ließ. Er hat ja auch jemanden angeheuert, um Gabriella
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