07 - Old Surehand I
die Roten dich getroffen und festgenommen hatten. Er glaubte, du habest dich verirrt, und suchte dich. Er wartete vielleicht, als er dich nicht fand, den ganzen Tag auf deine Rückkehr. Als du nicht kamst, nahm er an, daß du möglicherweise die Roten gesehen habest.“
„Ja, das er wohl denken.“
„Du konntest ja zurückgekommen sein, als sie ihn schon überfallen hatten; sie bemerkten dich nicht; du sahst, daß er fort war, und rittst auch fort.“
„Ja, heim zu Mutter Sanna!“
„Das konnte er dir schon zutrauen, und da er den Roten nicht folgen konnte, weil er nicht wußte, wohin sie waren, blieb ihm nichts andres möglich, als auch heimzukehren, um zu sehen, ob du dort angekommen seist.“
„Aber als Massa Bloody-Fox sehen, daß Masser Bob nicht da bei Mutter Sanna?“
„So ist er wahrscheinlich wieder fort, um abermals nach dir zu suchen. Wer weiß, wo und wie lange er sich herumgetrieben hat, ohne dich zu finden!“
„Nun aber er mich wiedersehen, oh – oh – oh! Denn Massa Shatterhand bringen doch Masser Bob jetzt wieder zu Mutter Sanna und Massa Fox?“
„Ja, wir bringen dich hin. Die Roten sind aufgebrochen, um euer Haus zu überfallen und Bloody-Fox zu fangen und zu töten.“
„Das sie sollen nicht wagen! Masser Bob sie erschlagen und erschießen, alle, alle, alle! Niemand von ihnen leben bleiben, kein einziger!“
Er knirschte mit seinen Zähnen, und das hatte etwas zu sagen, denn er hatte ein Gebiß, welches einem Panther Ehre gemacht hätte; dann fuhr er fort:
„Ja, sie alle, alle sterben, denn sie haben schlagen Masser Bob und ihm nichts geben zu essen. Er haben viel Hunger, und sie nichts tun, als nur darüber lachen.“
„Nun, wir haben jetzt Zeit, dies nachzuholen. In meinen Satteltaschen ist Fleisch genug für dich. Geh hin und hole dir, was du essen kannst!“
„Ja, Masser Bob sich holen. Er grad großen Hunger haben, als Massa Shatterhand kommen in Zelt und ihn machen frei.“
„Nun, davon habe ich nichts gemerkt, denn ich mußte dich wecken; du schliefst sehr fest.“
„Oh – oh – oh –! Masser Bob haben großen Hunger auch wenn schlafen; ihn träumen sogar von Hunger!“
Er holte sich Fleisch und aß; er holte sich wieder welches und aß; er holte sich abermals welches und aß – aß – aß, bis nichts mehr zu holen war. Was er im Essen leisten konnte, das wußte ich, so eine Portion wie heute aber hatte er noch nie verschlungen!
Er erzählte uns dabei die Einzelheiten seiner Gefangenschaft im Tal der Hasen; es war nichts für uns Wichtiges dabei. Wir fragten ihn nach den Beobachtungen, die er dabei gemacht hatte, bekamen aber nichts zu hören, was uns hätte von Nutzen sein können. Er war ein guter, treuer Kerl, mutig und klug in seiner Weise, aber Beobachtungen wie ein Westmann zu machen, das war ihm bei seiner geistigen Bescheidenheit nicht möglich.
Als der Morgen zu grauen begann, standen wir auf, um die Pferde zu besteigen.
„Jetzt bin ich neugierig, was Euer Pferd sagen wird“, meinte Old Wabble. „Denn mit der Maskerade hört es jetzt wohl auf?“
„Ja. Wollt Ihr meine Indianerdecke mit auf Euer Pferd nehmen, Mr. Cutter?“
„Ja, gebt sie her!“
„Jetzt noch nicht, sondern erst dann, wenn ich aufgestiegen bin.“
„Well! Sonst würde es Euch gar nicht hinauflassen!“
„Es müßte wohl; aber ich würde dabei Zeit verlieren, und das ist nicht notwendig; ich werfe sie Euch zu.“
Ich ging zum Pferd hin, um es zu liebkosen. Es zeigte sich mißtrauisch und unruhig; es sträubte die Mähne, schnaubte und zerrte am Lasso. Der Pflanzengeruch hatte sich verloren, und das Tier wurde nur noch durch die Indianerdecke getäuscht. Ich zog den Pflock aus der Erde und steckte ihn in die Satteltasche, sprang auf, band den Lasso vom Hals des Pferds los und wickelte ihn in Schlingen; die andern standen neugierig da, hielten sich aber fern, um nicht von dem Tier umgerissen zu werden, wenn es plötzlich ausbrechen sollte. Es ging ein eigentümliches Zittern durch seine ganze Gestalt; ich kannte dieses Zittern; es war das Vorzeichen des nahen Kampfs. Im Nu flog die Decke herab und zu Old Wabble hinüber; ebenso schnell warf ich mir den Lasso über die Schulter; mit der einen Hand die improvisierten Zügel ergreifend, zog ich mit der andern den Hut unter dem Rock hervor, um ihn aufzusetzen und fest anzudrücken. Da warf das Pferd den Kopf herum, einen einzigen kurzen Augenblick nur sah es mich, dann wieherte es laut und zornig auf und stieg
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