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07 - Old Surehand I

07 - Old Surehand I

Titel: 07 - Old Surehand I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Bloody-Fox getroffen?“
    „Ja.“
    „Wo befindet er sich jetzt?“
    „In seinem Haus.“
    „Du bist so schnell von ihm fort. Ha er seinen berühmten Bruder Old Shatterhand nicht bei sich behalten wollen?“
    „Doch. Ich kehre zu ihm zurück.“
    „Warum verließest du ihn heut? Wohin wolltest du jetzt reiten?“
    „Muß ich dir das erst sagen? Weißt du nicht mehr, daß es seine Aufgabe ist, den Llano von den ‚Geiern‘ zu befreien?“
    „Da hilfst du ihm?“
    „Ja, heut ganz genau noch so wie damals, als du bei uns warst. Doch nun habe ich alle deine Fragen beantwortet, und du weißt, was du wissen wolltest; jetzt wollen wir das Calumet sprechen lassen.“
    „Warte noch!“
    Ich hatte mich scheinbar wie ein Knabe ausfragen lassen; er war auch ganz stolz darauf, mich so ausgehorcht zu haben; das sah ich den triumphierenden Blicken an, die er auf seine Begleiter warf. Er glaubte wahrscheinlich in diesem Augenblick, mir wirklich gewachsen zu sein, denn sein „Warte noch!“ klang außerordentlich gebieterisch, und es war ein Ton mich still belustigender Überlegenheit, in welchem er fortfuhr:
    „Es sind Sonnen und Monde vergangen, seit wir uns damals voneinander trennten, und während so langer Zeit verändern sich die Menschen; aus Klugen werden Kinder, und Kinder werden stark und weise. Old Shatterhand ist auch ein Kind geworden.“
    „Ich? Wieso?“
    „Du hast dich von mir ausfragen lassen wie ein Knabe, der noch kein Hirn besitzt, oder wie ein altes Weib, dessen Hirn vertrocknet ist. Deine Augen sind dunkel geworden und deine Ohren taub. Du ahnst nicht, wer wir sind und was wir wollen.“
    „Uff, uff! Ist das die Rede eines jungen Mannes, mit dem ich einst die Pfeife des Friedens rauchte?“
    „Es ist die Rede eines jungen Mannes, aus dem ein großer und berühmter Krieger geworden ist. Das Calumet gilt nichts mehr, denn du bist nicht mehr mein Freund, sondern mein Feind, den ich töten muß.“
    „Beweise es, daß ich dein Feind geworden bin!“
    „Du hast unsern Gefangenen befreit!“
    „War er der deinige?“
    „Ja.“
    „Nein. Ich befreite ihn aus den Händen der Naiini-Comanchen; du aber gehörst zu einem andern Stamm.“
    „Die Naiini sind meine Brüder; ihr Feind ist auch mein Feind. Kennst du sie nicht, die hier vor dir sitzen?“
    „Gehören diese Krieger nicht zu deinem Stamm?“
    „Nur zwanzig von ihnen. Die übrigen dreißig sind Naiini, die du am ‚Blauen Wasser‘ gesehen hast. Wir haben die Beile des Kriegs gegen alle Bleichgesichter ausgegraben, und du bist ein Bleichgesicht. Weißt du, was deiner wartet?“
    „Ich weiß es.“
    „So sag es!“
    „Ich werde wahrscheinlich mein Pferd wieder besteigen und ruhig weiterreiten.“
    „Uff! Es ist wirklich wahr, daß Old Shatterhand ein Kind geworden ist. Du wirst unser Gefangener sein und am Marterpfahl sterben.“
    „Ich werde weder euer Gefangener sein noch sterben, wenn und wie es euch, sondern dem großen Manitou gefällt.“
    Die Ruhe und Unbefangenheit, mit welcher ich dies sagte, war ihm und seinen Leuten unerklärlich. Ich regte mich nicht; ich machte keine Bewegung, weder der Flucht noch der Verteidigung; das hielt ihre Hände von den Waffen ab. Sie bemerkten freilich nicht, daß ich einen jeden von ihnen scharf und genau im Auge hatte.
    Es war ein fast geringschätziges oder gar mitleidiges Lächeln, mit dem der Häuptling mich fragte:
    „Glaubst du etwa, uns widerstehen zu können?“
    „Ja, das glaube ich.“
    „Uff! Du hast wirklich den Verstand verloren. Siehst du denn nicht, daß du fünfmal zehn tapfere Krieger gegen dich hast?“
    „Hat Old Shatterhand jemals seine Feinde gezählt?“
    „So rechnest du auf dein Zaubergewehr?“
    Im Nu hatte ich den Henrystutzen in der Hand, sprang auf, stellte mich hinter mein Pferd, welches meinen Körper deckte, und rief:
    „Ja, darauf verlasse ich mich. Wer von euch nach irgendeiner Waffe greift, bekommt augenblicklich eine Kugel! Ihr wißt, daß ich mit diesem Gewehr unaufhörlich schießen kann!“
    Das war so rasch geschehen, daß sie, als ich diese Worte gesprochen hatte, noch saßen wie zuvor. Einer langte hinter sich, wo seine Flinte lag; als er aber meinen Lauf sofort auf sich gerichtet sah, zog er den Arm zurück. Die Angst vor der ‚Zauberflinte‘ war noch ganz ebenso stark wie früher. Ich wußte, was nun kommen würde, nämlich ein Angriff, einstweilen noch mit Worten. Das hatte ich beabsichtigt, denn dabei hoffte ich, das zu erfahren, was ich wissen

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