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07 - Old Surehand I

07 - Old Surehand I

Titel: 07 - Old Surehand I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sie an Gegenwehr dachten, am Boden, und jeder wurde von fünf, sechs Apachen niedergehalten, um gebunden zu werden. Kaum zwei Minuten nach der letzten höhnischen Aufforderung Schiba-bigks waren sie alle gefesselt, ohne daß auch nur einer der Apachen die geringste Verletzung davongetragen hatte. Nun ließen sie allerdings ihre Stimmen hören und versuchten, sich unter dem Druck der unzerreißlichen Riemen aufzubäumen, vergeblich.
    „Nun, Sir, habe ich meine Sache gut gemacht?“ fragte mich Old Wabble, indem er zu mir trat.
    „Ja“, antwortete ich. „Aber viel dürft Ihr Euch ja nicht darüber einbilden, denn es war kinderleicht.“
    „Ja, wenn man einmal denkt, ganz fehlerlos gehandelt zu haben, dann war es kinderleicht; th'is clear!“
    Er wendete sich mißmutig ab.
    Das Tal war jetzt voller Pferde und Menschen; die ersteren wurden angehobbelt, und die letzteren lagerten sich. Die Gefangenen schob man so zusammen, daß sie eng nebeneinander lagen. Ihren jungen Häuptling aber ließ ich so weit von ihnen entfernen, daß sie nicht hören konnten, was ich mit ihm sprach. Es geschah das aus Rücksicht für ihn, denn ich wollte ihn nicht unglücklich machen. Wären die Demütigungen, die ihm bevorstanden, an ihre Ohren gekommen, so hätte er auf seine Häuptlingswürde für immer verzichten müssen. Ich wußte, daß seine gegenwärtige Niederlage überhaupt schon schlimme Folgen nach sich ziehen werde, selbst wenn ihm bei uns nichts Schlimmes weiter geschah.
    Nach den unter ‚Gentlemen‘ herrschenden Regeln wäre es freilich sehr unedel gewesen, ihm die Beleidigungen zurückzugeben; ich hätte stolz darüber schweigen müssen; hier aber war es etwas ganz andres. Es galt, dem Seelenleben eines jungen; hoffnungsvollen Indianers eine Richtung zu geben, die es ihm ermöglichte, seinen einstigen Untergebenen etwas weit Besseres als ein roher blutdürstiger Kriegshäuptling zu werden. Ich setzte mich neben ihn und winkte diejenigen fort, welche sich uns nähern wollten; ich hielt es für besser, allein mit ihm zu sein. Er wendete das Gesicht von mir weg und schloß die Augen.
    „Nun“, fragte ich, „wird mein junger Bruder auch jetzt noch behaupten, daß er ein großer, ein so berühmter Krieger sei?“
    Er antwortete nicht, aber er schien den milden Ton, in welchem ich dies sagte, nicht erwartet zu haben, denn seine finsteren Züge erhellten sich ein wenig.
    „Oder ist Schiba-bigk immer noch der Ansicht, daß man Old Shatterhand zu den alten Weibern rechnen müsse?“
    Er regte sich nicht und sagte nichts. Ich fuhr fort:
    „Der Vater meines jungen Freunds hat Tevua-Schohe geheißen, das ist ‚Feuerstern‘; ich bin sein Freund und Bruder gewesen, und er war der einzige Krieger der Comanchen, den ich liebte.“
    Jetzt öffnete er die Lider halb und warf einen forschenden Blick in mein Gesicht, sagte aber noch immer nichts.
    „‚Feuerstern‘ starb unter den Händen weißer Mörder, und mein Herz wurde krank, als ich es hörte. Wir haben ihn an den Mördern gerächt, und die Liebe, die ich für ihn hegte, ist auf seinen Sohn übergegangen.“
    Er schlug die Augen auf, drehte den Kopf herum und richtete den Blick voll auf mich, verharrte aber auch jetzt noch in seinem Schweigen. Ich sprach weiter:
    „Old Shatterhand hatte einen Namen, der an allen Lagerfeuern ertönte, und Schiba-bigk war ein Knabe, den niemand kannte. Dennoch nahm er sich seiner an, denn er wünschte, der junge Sohn der Comanchen möchte ein Mann werden, wie sein Vater war, mild und treu im Herzen, hell und klar im Kopf und stark in der Faust. Ich geleitete dich damals durch den öden Llano estacado; ich half dir gegen deine Feinde; ich führte dich nach der Wohnung des Bloody-Fox und war dein Lehrer in all den Tagen, die wir dort verlebten. Wenn ich zu dir sprach, so erschien dir meine Stimme wie die Stimme des toten Vaters, und wenn ich deine Hand in die meinige nahm, so glänzte Wonne auf deinem Gesicht, als ob meine Hand diejenige deiner Mutter sei. Damals hattest du mich lieb.“
    „Uff, uff!“ sagte er jetzt leise, und seine Augen schimmerten feucht.
    „Da füllte ich mein Calumet und rauchte die Pfeife des Friedens und der Brüderschaft mit dir; ich war der ältere, und du warst der jüngere Bruder, denn wir hatten miteinander einen Vater, den guten Manitou, von dem ich dir erzählte. Ich ließ dich in mein Herz und in meinen Glauben blicken und glaubte, ein Maiskorn in das deinige gepflanzt zu haben, welches sich nach und nach zu

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