07 - Old Surehand I
daß sie zurückgekehrt seien?“
„Als Gefangene.“
„Wessen?“
„Der weißen Dragoner. Diese haben den Rückweg angetreten und sie mitgenommen.“
„Gefesselt?“
„Ja.“
„So werden sie sie töten!“
„Nein. Der Anführer dieser Bleichgesichter hat mir sein Wort gegeben, ihnen das Leben zu schenken.“
„Wird er es halten?“
„Ja; ich bin überzeugt davon.“
„So wird er sie wenigstens ausrauben!“
„Ausrauben? Was nennst du ausrauben? Gehört nicht der Besiegte mit allem, was er hat, dem Sieger?“
„Auch bei den Christen?“
„Auch bei uns, denn ihr zwingt uns, euch genau so zu behandeln, wie ihr uns behandelt. Ihr als Sieger würdet uns nicht nur unser ganzes Eigentum, sondern auch das Leben nehmen. Wenn wir euch das Leben schenken, ist das eine so große Güte, daß ihr unmöglich mehr verlangen könnt.“
„Also werden die weißen Soldaten den Comanchen alles nehmen, was sie bei sich haben?“
„Die Pferde und die Waffen, ja.“
„Aber wie sollen die roten Krieger ohne Pferde und Waffen leben?“
„Das ist ihre Sache. Ihr seid es, die das Kriegsbeil ausgegraben haben; dies wäre nicht geschehen, wenn ihr weder Pferde noch Gewehre hättet. Wenn wir euch beides abnehmen, begehen wir keinen Raub, denn es ist unsre rechtmäßige Beute, und wir sorgen zu gleicher Zeit dafür, daß ihr nicht so bald wieder imstande seid, den Frieden zu brechen.“
„So werdet ihr wohl auch Vupa Umugi und seinen Kriegern die Gewehre und die Pferde nehmen?“
„Wahrscheinlich.“
„Uff! Das ist schlimm!“
„Schlimm für euch, ja; aber ihr habt es nicht anders verdient. Denke nur an dich! Wer mit jemand die Pfeife der Freundschaft und des Friedens raucht und ihm verspricht, sein Wigwam keinem Menschen zu verraten, und dann doch mit einer großen Kriegerschar gezogen kommt, um ihm das Wigwam und das Leben zu nehmen, der hat mehr, weit mehr verdient, als daß er nur sein Pferd und sein Gewehr einbüßt. Das wirst du einsehen!“
Er sah es allerdings ein und seufzte betrübt:
„Also auch mein Gewehr und mein Pferd!“
„Nein, das nicht. Ich habe dich lieb und betrachte mich trotz deiner Feindseligkeit noch immer als deinen Freund. Du wirst behalten, was du hast. Und auch in Beziehung auf Vupa Umugi und seine Indsmen will ich sehen, ob es möglich ist, Güte walten zu lassen. Es kommt ganz darauf an, wie sie sich gegen uns verhalten.“
„Wie sollen sie sich verhalten? Sie sind Krieger und werden sich wehren.“
„Das wollen wir nicht wünschen. Wenn unsrerseits Blut fließt, die wir keins vergießen wollen, könnt ihr auf keine Nachsicht rechnen. Ich hoffe aber, es wird mir gelingen, den Häuptling zu überzeugen, daß Widerstand geradezu Tollheit sein würde. Ich denke, daß er meine Gründe verständiger beurteilen wird als du.“
„Als ich?“ fragte er verwundert.
„Ja. Ich wollte dir deine Gefangenschaft so leicht wie möglich machen und forderte nur das Versprechen, nicht zu fliehen, von dir. Du hast es mir verweigert, weil du nicht einsahst, daß deine Flucht euch nur schaden, aber nicht nützen kann. Dadurch zwingst du mich, streng zu sein.“
„Ich gab das Versprechen nicht, weil ich noch nicht wußte, was ich jetzt weiß.“
„So siehst du also ein, daß du euern Kriegern nicht zu helfen vermagst?“
„Ja.“
„So ist es noch Zeit zu dem Versprechen.“
„Ich gebe es.“
„Gut! Aber denke dabei auch daran, daß du durch dein Verhalten nicht nur dir allein, sondern allen Deinen entweder nützen oder schaden wirst. Was du tust, sei es gut oder böse, wird ihnen mit vergolten. Würdest du dein Wort brechen, so käme die Strafe dafür nicht nur über dich, sondern auch über sie!“
„Ich breche es nicht!“
„Wohl! Aber welche Bürgschaft kannst du mir dafür bieten?“
Er sah mich fragend an; darum erklärte ich ihm:
„Auf das Wort eines Christen kann ich mich verlassen, auf das Versprechen eines Roten aber nie.“
„Würdest du Winnetou glauben?“
„Alles, alles; aber er ist eine Ausnahme, und er ist innerlich ein Christ.“
„Wenn du einem roten Krieger die Medizin als Pfand abnimmst, muß er jedes Versprechen halten.“
„Das kann ich bei dir nicht tun, denn du glaubst nicht an die Macht der Medizin.“
„So werde ich die Pfeife des Schwurs mit dir rauchen!“
„Auch das kann mir nicht als Pfand gelten. Du hast sie mit mir und Bloody-Fox geraucht und dein Wort doch gebrochen.“
Da senkte er die Augen und sagte leise und
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