07 - Old Surehand I
auch trifft!“
„Keine Sorge! Der Häuptling der Apachen weiß, was er zu tun hat. Es wäre geradezu ein Wunder, wenn er uns verfehlte. Übrigens möchte ich es wenigstens ein halbes Wunder nennen, daß die Comanchen so fortdauernd und vertrauensvoll hinter ihm herreiten. Mir an Stelle Vupa Umugis wäre die Sache schon lange in hohem Grad bedenklich geworden. Euch wohl nicht, Mr. Parker?“
„Warum bedenklich, Sir?“
„Schiba-bigk kannte den Weg von den ‚Hundert Bäumen‘ nach der Oase des Bloody-Fox und hat es jedenfalls Vupa Umugi gesagt, wie weit es dorthin ist. Nun reiten sie fort und immer fort, und die Oase will noch immer nicht kommen. Sie hätten sie gestern erreichen müssen und sind nun heut' noch den ganzen Tag geritten, ohne an ihr Ziel zu gelangen. Wenn das nicht bedenklich ist, so gibt es überhaupt nichts Bedenkliches in der Welt.“
„Das ist freilich richtig. Sie hätten längst halten bleiben sollen, um sich die Sache zu überlegen. Wahrscheinlich nehmen sie an, daß Schiba-bigk sich irrte, als er von dem Weg und von der Entfernung sprach, oder daß sie ihn nicht richtig verstanden haben.“
„Wahrscheinlich ist es so; aber dazu kommt etwas andres, was sie unaufhaltsam weiter treibt, nämlich der Durst. Sie haben seit gestern früh kein Wasser für sich und die Pferde gehabt. Wenn sie umkehren, brauchen sie volle zwei Tage, um bei den ‚Hundert Bäumen‘ welches zu finden. Lieber reiten sie weiter, da die Pfähle jedenfalls doch nach der Oase führen, die in jedem Augenblick vor ihnen auftauchen kann. Daß diese meine Vermutung richtig ist, zeigt auch die Eile, die sie haben.“
„Ja, sie reiten schnell und – – –“
Er stockte mitten in der Rede, hielt sein Pferd an, deutete mit der Hand vorwärts und fuhr dann hastig fort:
„Sie sind umgekehrt! Wahrhaftig, sie haben Mißtrauen gefaßt und sind umgekehrt. Dort kommen sie; dort kommen sie!“
Dieser Schreckensruf lenkte unsre Aufmerksamkeit nach dem Horizont vor uns, den ich in den letzten Minuten infolge unsres Gesprächs nicht beobachtet hatte. Dort waren allerdings Menschen zu sehen. Ob sie sich bewegten, konnten wir mit bloßen Augen nicht erkennen. Ich nahm also mein Rohr zur Hand und richtete es auf sie. Schon nach wenigen Augenblicken konnte ich die Beruhigung aussprechen:
„Wir haben keinen Grund zu erschrecken, denn die Comanchen sind es nicht, sondern es ist Winnetou. Da seht Ihr, daß ich recht hatte, als ich sagte, daß er bald zu uns stoßen werde.“
„Könnt Ihr ihn erkennen, Sir?“ fragte mich Old Surehand.
„Jetzt noch nicht.“
„So müssen wir dennoch vorsichtig sein!“
„Ist nicht nötig. Reiten wir weiter!“
„Aber wenn es nun ein Nachtrab der Comanchen wäre!“
„Der würde sich in Bewegung befinden; die Leute dort aber haben sich gelagert.“
„Können das die Feinde nicht auch tun?“
„Ja; aber Winnetou zeigt mir, daß er es ist.“
„Wieso?“
„Ihr habt hier wieder einmal Gelegenheit, den Scharfsinn und die Umsicht des Häuptlings der Apachen zu bewundern. Er hat die Comanchen in einem Bogen umritten und dann in ihrem Rücken angehalten, um auf uns zu warten. Natürlich sagt er sich, daß wir seine Leute leicht für Naiini halten können, und so hat er seinen Trupp in einer Weise plaziert, aus welcher wir bestimmt ersehen können, daß er es ist. Hier habt Ihr mein Fernrohr; seht einmal durch, Mr. Surehand!“
Er tat es und sagte dann in beifälligem Ton:
„Das ist allerdings schlau, sehr schlau von ihm!“
„Nun?“
„Die Leute da draußen lagern nicht eng beieinander, sondern so, daß sie die Figur eines Pfeils bilden.“
„Und wohin ist die Spitze dieses Pfeils gerichtet?“
„Nicht auf uns zu, sondern nach Südost, von uns also ab.“
„Dieser Pfeil soll die Richtung angeben, in welcher wir zu reiten haben. Winnetou sagt uns also, daß wir ruhig und unbesorgt weiterreiten können. Sagt mir einmal aufrichtig, Mr. Surehand, ob Ihr an seiner Stelle auf diesen Gedanken gekommen wärt?“
„Ich glaube kaum. Und Ihr, Mr. Shatterhand?“
„Wenn nicht grad auf diesen, so doch auf einen ähnlichen. Es war ja selbstverständlich ein Zeichen nötig, durch welches uns Aufklärung gegeben werden mußte. Diese eigenartige Aufstellung der Apachen sagt uns aber nicht bloß, daß wir Winnetou vor uns haben, sondern es gibt uns außerdem auch die Überzeugung, daß alles so steht, wie wir es wünschen.“
„Das denke ich auch, denn Winnetou würde nicht so ruhig
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