07 - Old Surehand I
betrübt:
„Die Strafe, die ich von Old Shatterhand empfange, ist schwer; sie richtet sich nicht gegen meinen Körper, aber sie erfüllt meine Seele mit tiefem Schmerz!“
Ich sah es ihm an, daß dieser Schmerz wirklich vorhanden und seine Betrübnis eine aufrichtige war; darum antwortete ich:
„Du hast gehört, daß ich mich noch immer als dein Freund und Bruder betrachte, und so will ich jetzt einmal ausnahmsweise auf meine gewöhnliche Vorsicht verzichten und dir Glauben und Vertrauen schenken. Aber mein Herz würde sehr, sehr traurig sein, wenn ich mich abermals in dir täuschte. Wirst du fliehen, wenn ich dich jetzt freigebe?“
„Nein.“
„Wirst du nicht ohne meine Erlaubnis diese Oase verlassen?“
„Nein.“
„Ich wünsche auch nicht, daß du versuchst, auf dem Weg durch den Kaktus hinaus zu deinen Comanchen zu gehen, um mit ihnen zu sprechen!“
„Ich tu das nicht. Selbst wenn sie hereinkämen, würde ich schweigen, bis ich deine Erlaubnis hätte.“
„So gib mir deine Hand darauf, wie es Männer und Krieger tun, welche zu stolz sind, als daß sie nach einem Vorteil trachten, welcher nur durch die Lüge zu erlangen ist!“
„Hier hast du die Hand! Du kannst mir glauben; sie gilt so viel, als ob ich mich selbst dir übergäbe!“
Er sah mir dabei mit einem so aufrichtigem Blick in die Augen, daß ich vollständig überzeugt war, er werde mich nicht täuschen. Der Sicherheit wegen und um des Negers willen fügte ich aber hinzu:
„Du warst zornig auf Bob?“
„Sehr.“
„Wirst du dich rächen?“
„Nein. Ein roter Krieger ist zu stolz, sich an einem schwarzen Mann zu rächen. Dieser Nigger wußte nicht, was er tat. Er ahnte nicht, daß es gegen die Würde eines Häuptlings ist, ihm solche Stangen auf den Rücken zu binden.“
„Ich werde dich von ihnen befreien.“
Ich nahm sie ihm ab. Er streckte die steif gewordenen Glieder und ging dann mit mir hinaus ins Freie, wo die Pferde wieder zum Abend getränkt wurden. Mutter Sanna brachte uns das Essen, und als das beendet und am Wasser Ruhe eingetreten war, legten wir uns nieder, denn wir mußten morgen wieder mit der Sonne aufstehen. Schiba-bigk legte sich zwischen mich und Old Surehand, ohne daß wir dies verlangten. Er wollte sich freiwillig unter unsre Aufsicht stellen und dadurch beweisen, daß er es mit seinem Versprechen ehrlich meine.
Als wir am frühen Morgen aufgestanden waren, füllten wir alle vorhandenen Schläuche mit Wasser, versahen uns mit Proviant und ritten fort, nachdem ich von Schiba-bigk Abschied genommen hatte. Bob stand am Weg und fragte mich:
„Massa Shatterhand sagen, ob Bob jungen Indianerhäuptling wieder bewachen!“
„Nein; es ist nicht nötig.“
„Auch nicht wieder Stangen auf Buckel binden?“
„Das gar nicht. Er hat versprochen, nicht zu fliehen und wird sein Versprechen halten.“
Obgleich ich das mit vollster Überzeugung sagte, fiel es mir doch nicht ein, die nötige Vorsicht zu versäumen. Es blieben so viel Apachen draußen am Kaktusfeld, wie nötig waren, die fünfzig gefangenen Comanchen zu bewachen, und ich gab dem Anführer dieser Wächter den Befehl, auch auf Schiba-bigk mit acht zu haben und ihn auf keinen Fall herauszulassen. Dann ritten wir fort, zweihundert Mann stark, mehr als genug, um mit den Comanchen fertig zu werden. Dieses Mal nahmen wir natürlich auch Parker und Hawley mit.
Zunächst suchten wir die Stelle auf, an welcher wir gestern die fünf Apachen als Posten zurückgelassen hatten. Sie waren gleich nach Tagesgrauen so klug gewesen, nach den Comanchen auszuschauen, und hatten nach einem nur kurzen Ritt die Stelle gefunden, wo diese gelagert hatten; die Naiini waren schon aufgebrochen gewesen; sie hatten es also auch heut' wieder sehr eilig. Wir folgten ihnen auch schnell, und zwar in der Weise, daß ich sie zuweilen vor das Fernrohr bekam, ohne uns ihnen aber so weit zu nähern, daß sie erkennen konnten, ob Rote oder Weiße hinter ihnen seien, denn sie sollten uns, wie es sich ganz von selbst versteht, für die Dragoner halten.
Es verging der ganze Tag, ohne daß etwas Erwähnenswertes passierte, als daß sich gegen Abend ein starker Wind erhob, wie er in Llano estacado nicht selten ist. Er kam von Norden, hatte über einen großen Teil der Wüste gestrichen und war also sehr heiß. Wir hatten ihn zwar halb im Rücken, doch belästigte er uns immerhin, und zwar nicht nur durch seine Hitze, sondern noch mehr dadurch, daß er den Sand aufwirbelte und ihn uns in
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