07 - Old Surehand I
Bäumen‘ schon morgen angetreten werden sollte.
Das lief natürlich nicht alles so glatt ab, wie ich es erzähle. Es waren dreihundert Apachen und zweihundert Comanchen versammelt, für welche gesorgt werden mußte. Da hatte jeder eine Bemerkung zu machen, eine Frage zu stellen, einen Wunsch auszusprechen, und damit wollten sie sich an niemand anders wenden, als an mich oder an Winnetou. Wir kamen fast nicht zu Atem. Als wir endlich, endlich alle nach Kräften befriedigt hatten und nun auch an uns denken konnten, war es Abend geworden, und es fiel mir jetzt erst ein, daß ich seit gestern keinen Schluck Wasser getrunken hatte. Für andre hatte ich gesorgt, an mich aber nicht gedacht. Als ich das Winnetou sagte, antwortete er lächelnd:
„So mag mein Bruder schnell trinken und mir einen Schluck übrig lassen, denn mich dürstet auch.“
„Dich auch? Wann hast du zuletzt getrunken?“
„Gestern, als du trankst. Unsern Pferden ging es besser, die hat Bloody-Fox versorgt.“
Als wir das Innere der Oase betraten, brannten da zwei Feuer, welche das Häuschen, den Platz vor demselben und den kleinen See beleuchteten. Auf den Bänken saßen Parker, Hawley, Fox, Old Surehand, Apanatschka, Schiba-bigk, Old Wabble und neben ihm der General. Diese beiden schienen unzertrennlich zu sein. Sie hatten schon gegessen, und nun kamen Bob und Sanna, um für mich und Winnetou zu sorgen. Man hatte sich im Gespräch befunden, und der General schien zuletzt gesprochen zu haben, denn als wir uns gesetzt hatten, fuhr er fort:
„Ja, das war eine lustige Gesellschaft, die wir trafen; sie hatten sich da seit vorgestern festgesetzt, um von ihrem Jagdzug auszuruhen, und wie ich hörte, wollten sie noch eine Zeitlang hier im Ort bleiben. Sie zählten fünfzehn Mann, und es gab interessante Kerls dabei, höchst interessant. Am interessantesten aber war mir einer, der verteufelt viel durchgemacht zu haben schien und in einem weg erzählte. Er wurde nicht müde dabei, und wenn ein Abenteuer zu Ende war, hatte er schon ein zweites und ein drittes auf der Zunge. Wenn ich mich nicht irre, so nannte er sich Saddler, aber einer seiner Genossen sagte mir im Vertrauen, daß er eigentlich Etters heiße, Dan Etters, und auch schon andre Namen geführt habe. Das war mir aber gleichgültig, denn es hat schon gar manches Mannskind guten Grund gehabt, seinen Namen mit einem andern zu vertauschen, und wenn dieser Westmann sich Saddler nannte, aber eigentlich Dan Etters hieß, so –“
Er wurde unterbrochen. Old Surehand hatte sich, schon als der Name Etters zum ersten Mal genannt wurde, von seinem Sitz erhoben und fragte jetzt über den Tisch herüber:
„Etters, wirklich Etters?“
„Yes, Sir.“
„Habt Ihr das richtig gehört?“
„Wüßte nicht, daß ich schlechte Ohren hätte!“
„Und auch richtig gemerkt?“
„Habe grad für Namen ein ausgezeichnetes Gedächtnis!“
„Und Dan, also Daniel, war sein Vorname?“
„Dan Etters hat er geheißen und nicht anders!“
Irrte ich mich infolge der flackernden Beleuchtung oder war es wirklich so? Es schien mir, als ob der General sein Auge dabei mit ungewöhnlicher Spannung auf Old Surehand richte, der sich augenscheinlich in einer Aufregung befand, die er wohl gern beherrschen wollte, aber nicht verbergen konnte.
„Also wirklich Daniel Etters!“ sagte er mit einem tiefen, schweren Seufzer. „Habt Ihr diesen Mann genau betrachtet?“
„Denke wohl“, antwortete Douglas.
„Beschreibt ihn mir!“
„Hm! Beschreiben? Ist Euch dieser Etters vielleicht bekannt? Steht Ihr in irgendeiner Beziehung zu ihm, Mr. Surehand?“
„Ja. Ich möchte wissen, ob der Mann, von dem Ihr sprecht, derjenige ist, den ich meine. Darum möchte ich seine Beschreibung haben.“
„Die möchte ich Euch gern geben, weiß aber wirklich nicht, wie ich es anfangen soll.“
„Warum?“
„Weil es schwer ist, einen Menschen zu beschreiben, der nichts Besonderes an sich hat und genau so aussieht wie hundert andre auch.“
„War er lang, kurz, dick, dünn – – –?“
„Wenn ich es sagen soll, so war er ungefähr von meiner Figur; auch das Alter könnte dasselbe sein. Im übrigen aber sah er, wie schon gesagt, ganz so wie andre Menschen aus, so daß ich wirklich nicht weiß, was an ihm ich noch beschreiben könnte.“
„Hatte er nichts, gar nichts an sich, was auffiel?“
„Gar nichts.“
„Kein besonderes Kennzeichen?“
„Nein.“
„Könnt Ihr Euch auf seine Zähne besinnen?“
„Seine
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