07 - Old Surehand I
Versöhnung. Wo ist es besser sein, beim Haß oder bei der Liebe? Ich bin euer Bruder und reite mit euch!“
„Gut, du sollst uns begleiten. Aber wir reiten nicht heut', sondern erst morgen früh. Diese wenigen Stunden gehen uns nicht verloren; unsere Pferde müssen ausruhen und werden dann um so schneller sein.“
„Aber wenn Etters dann schon fort ist?“ warf Old Surehand besorgt sein.
„So hat er seine Fährte zurückgelassen, der wir folgen werden. Sorgt Euch nicht! Wir müssen vor allen Dingen gut beritten sein. Auf meinen Rappen kann ich mich verlassen, wenn er bis früh ruhen kann, und Apanatschkas Pferd ist auch schnell und ausdauernd; ich habe es beobachtet. Wie aber steht es mit dem Eurigen, Mr. Surehand?“
„Es ist ein ganz vortreffliches Tier, wenn auch mit Eurem Hengst gar nicht zu vergleichen; nur habe ich es in der letzten Zeit so anstrengen müssen, daß es mir bei den Anforderungen, die ich in den nächsten Tagen vielleicht an seine Schnelligkeit zu stellen habe, immerhin versagen kann.“
„Well, so reitet Ihr Vupa Umugis Pferd, welches wir vom Kaam-kulano mitgebracht haben.“
„Wie? Das wollt Ihr mir leihen?“
„Leihen nicht, aber schenken.“
„Gar schenken! So ein kostbares Tier!“
„Nehmt es immerhin! Was soll ich damit tun? Vupa Umugi bekommt es nicht wieder, und ich brauche es nicht.“
Da drückte er mir die Hand und rief entzückt:
„Ich nehme es an, ja, ich nehme es an! Von Euch weise ich selbst ein so großes Geschenk nicht zurück, denn ich denke, daß Ihr mir erlaubt, es einmal quitt zu machen. Also wir reiten erst morgen. Und nun kommt heraus; ich muß sogleich zu meinem neuen Pferd gehen!“
„Aber laßt Euch draußen nichts merken! Am besten ist's, Ihr redet gar nicht wieder mit dem General.“
Als wir hinauskamen, sah ich, daß Winnetou fehlte; er war fortgegangen, um nachzusehen, ob die Gefangenen gut bewacht würden. Er hatte seine Silberbüchse, grad so wie ich meine beiden Gewehre, auf dem Tisch liegen lassen. Nun hatte der General sie alle drei in den Händen und probierte grad an meinem Stutzen herum, um dessen Konstruktion zu untersuchen. Es lag dabei ein verlangender, ein geradezu gieriger Ausdruck in seinem Gesicht.
„Nicht wahr, Sir, das hier ist Euer Bärentöter?“ fragte er, als er mich kommen sah.
„Ja“, antwortete ich kurz.
„Und das ist der berühmte Henrystutzen, von dem man so viel erzählen hört?“
„Ja; aber was habt denn Ihr damit zu schaffen?“
„Ich wollte das Schloß öffnen und brachte es nicht fertig. Wollt Ihr mir nicht sagen, wie – – –“
„Ja, sagen will ich es Euch“, fiel ich ihm in die Rede, „nämlich sagen, daß Ihr die Hände davon zu lassen habt. Das sind keine Spielsachen für einen General, der Bull-Run in seinem ganzen Leben nicht gesehen hat.“
„Was? Nicht gesehen? Ich sage Euch, daß – – –“
„Still! Mir macht Ihr nichts weis. Gebt her!“
Ich nahm ihm meine beiden Gewehre, als eben Winnetou wiederkam, dessen Büchse er noch in der Hand hatte. Der Apache erriet sofort den Zusammenhang, zog ihm die Silberbüchse weg und zürnte ihn ganz gegen seine sonstige Ruhe an:
„Wie kann das lügnerische Bleichgesicht sich an dem Gewehr des Häuptlings der Apachen vergreifen! Dieses Gewehr wurde noch nie von den schmutzigen Fingern eines weißen Schurken berührt!“
„Schurke?“ fuhr der General auf. „Will Winnetou dieses Wort zurücknehmen, oder – – –“
„Oder? Was?“ donnerte ihn der Apache an.
Da wich Douglas erschrocken zurück und antwortete kleinlaut:
„Man wird wohl ein Gewehr betrachten dürfen!“
„Aber nicht berühren! Winnetou legt seine Hand nicht dahin, wo die deinige gelegen hat!“
Er wischte mit dem herabhängenden Ende der Santillodecke, die ihm als Gürtel diente, die Büchse ab, als ob sie schmutzig geworden sei, hielt mir sie dann hin und sagte:
„Mein Bruder Old Shatterhand mag unsere Gewehre in die Stube tragen und dort an die Wand hängen, damit sie nicht wieder von solchen Händen besudelt werden!“
Damit wandte er sich ab und ging zu seinem Pferd. Ich sah noch, daß der General einen mir nicht gleich verständlichen Blick mit Old Wabble wechselte, und trug dann die Gewehre in das Häuschen, wo sie sicher hingen, denn Unberufene kamen nicht da hinein. So wenigstens dachte ich, und so hatte auch Winnetou gedacht.
Zu ihm ging ich dann, um ihm mitzuteilen, was ich mit Old Surehand besprochen hatte. Er war ganz einverstanden und
Weitere Kostenlose Bücher