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07 - Old Surehand I

07 - Old Surehand I

Titel: 07 - Old Surehand I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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erraten werden. Der Schein des Feuers erleuchtete die Stelle, an der ich lag; ich kann also nur an Augenblicken, an denen die Aufmerksamkeit von dort abgelenkt war, hingekommen und mich wieder entfernt haben. Welche Augenblicke waren das? Bei ein wenig Nachdenken läßt sich auch diese Frage unschwer beantworten. Es hat drei solche Augenblicke oder Gelegenheiten gegeben, nämlich als die beiden Comanchen, die wir freiließen, in dem Lager ankamen, als das Verhör mit ihnen beendet war, und als zum Essen gerufen wurde. Und grad zu und zwischen diesen Zeitpunkten hatte man sehr wichtige Gegenstände im Gespräch. Falls ich das letzere belauscht habe, muß ich über die Absichten der Comanchen gut unterrichtet sein. So und noch vieles andere hätten sie sich sagen müssen, wenn der Schilfbusch von ihnen gefunden worden wäre. Wißt Ihr nun, warum ich ihn mitgenommen und weit davon versteckt habe?“
    „Well, ich weiß es jetzt, Sir. Ihr seid das, was Mr. Parker vorhin nicht gewesen ist, nämlich ein großer Pfiffikus. Ich möchte nicht zu den Leuten gehören, mit denen Ihr in Feindschaft steht und die sich also vor Euch in acht zu nehmen haben. Ihr macht ja alles möglich und legt Euch alles, was Ihr tut, so sorgfältig und umsichtig zurecht, daß gar kein Mißlingen möglich ist und der Feind gar nicht begreifen kann, wie er so in die Tinte geraten konnte!“
    „Dieses Lob muß ich zurückweisen, Mr. Cutter. Ich habe auch manchen großen Fehler begangen und oft selbst so tief in dem gesteckt, was Ihr Tinte zu nennen beliebt, daß es ein wahres Wunder war, herauszukommen.“
    „Aber heraus seid Ihr doch, sonst säßet Ihr nicht hier; th'is clear. Wollen hoffen, daß wir jetzt nicht auch einem solchen verteufelten Tintenfaß entgegenreiten!“
    „Welches Faß meint Ihr wohl mit diesem tiefschwarzen Vergleich, Mr. Cutter?“
    „Hm, der Vergleich war dumm, denn dieses Tintenfaß ist eigentlich kein Tintenfaß, sondern eine Streusandbüchse, nämlich der Llano estacado.“
    „Fürchtet Ihr Euch vor ihm?“
    „Fürchten? Hoffentlich ist es Euch mit diesem Wort nicht ernst, Mr. Shatterhand. Möchte wissen, wovor Old Wabble sich fürchten könnte! Höchstens vor sich selber! Aber Ihr werdet zugeben, daß zwischen einem Kanapee und einem Backofen ein großer Unterschied vorhanden ist.“
    „Ich bin so geistreich, dies einzusehen.“
    „Wer Gelegenheit hat, es sich in einem hübschen, kühlen Zimmer auf dem Kanapee bequem zu machen, dem fällt es doch nicht ein, in einen Backofen zu kriechen, um sich wie eine Pflaume ausdörren und abbacken zu lassen. Grad so ist das Verhältnis zwischen dem grünen Wald oder der grasigen Savanne und dem öden, glühenden Estacado. Wer im Wald oder auf der Prärie bleiben kann, der soll es sich ja nicht in den Sinn kommen lassen, die Staked Plains aufzusuchen; er wäre ein Tor, wie man sich größer keinen denken kann.“
    „Schön! Aber so ein Tor wollt Ihr doch jetzt wohl sein?“
    „Würde mir nicht einfallen, wenn Ihr nicht dabei wärt, Mr. Shatterhand. Wer von euch ist schon in dem Llano estacado gewesen?“
    Er richtete diese Frage an seine Gefährten, und als sich herausstellte, daß keiner von ihnen die Plains durchquert hatte, lieferte er eine solche Schilderung der Wüste und erzählte so viele Unglücksfälle, daß es ihnen zu grauen begann. Ich ließ ihn gewähren, weil er mir dadurch, allerdings unbewußt, in die Hände arbeitete.
    Wir hatten uns nicht direkt am Wasser gelagert, sondern hinter den Büschen, welche am Ufer standen, und ich saß so, daß ich zwischen zwei Sträuchern hindurchsehen und die Breite des Flusses, also die ganze Furt, überblicken konnte. Old Surehand saß neben mir und hatte dieselbe Aussicht. Eben erzählte Old Wabble von einem Raubüberfall, der im Llano ausgeführt worden war, und weil eine Person dabei vorkam, die ich gekannt hatte, schenkte ich dem Alten mehr Aufmerksamkeit als dem Fluß, da stieß Old Surehand mich an, deutete durch die Büsche und sagte:
    „Schaut dorthin, Sir; sie kommen!“
    Old Wabble hielt in seiner Erzählung inne, und wir lugten durch das Gesträuch. Am jenseitigen Ufer erschien eine berittene Comanchenschar, die wohl aus dreißig Kriegern bestand, deren Gesichter mit den Kriegsfarben bemalt waren. Einer, wohl der Anführer, stieg ab und betrachtete den Boden, jedenfalls um zu sehen, ob wir in die Furt gegangen oder seitwärts abgeritten seien. Er sah, daß das erstere der Fall war, stieg wieder auf und ritt in das

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