07 - Old Surehand I
Ärger ist überflüssig und gar nicht maßgebend. Wir andern freuen uns darüber, daß wir sie los sind. Wir werden in Lagen kommen, wo wir ganze Männer, aber keine Memmen brauchen können. Und wenn der Ausdruck Memme zu stark sein sollte, so waren sie doch auch nicht Personen, auf welche man sich verlassen kann.“
Da ging ein freundlicher Zug über sein Gesicht, und er fragte im Ton der Befriedigung:
„Und mich schickt Ihr nicht fort?“
„Nein.“
„So seid Ihr also der Ansicht, daß Ihr Euch auf mich verlassen könnt?“
„Hm! Ich bin der Ansicht, daß ich Euch wahrscheinlich als einen zuverlässigen Mann kennenlernen werde. So ist die Sache.“
„Also erst kennenlernen!“ betonte Old Wabble, indem er seine Glieder durcheinander schüttelte. „Gebt Euch also Mühe, Mr. Parker, daß Ihr bei dem nächsten Elk nicht daneben schießt!“
„Diese Ermahnung ist vollständig überflüssig, Mr. Cutter. Ich habe bisher noch jeden Elk getroffen.“
„Auch den ersten damals?“
„Ja.“
„Das möchte ich bezweifeln.“
„Ihr wißt es ja; ich habe es bewiesen.“
„Ja, es ist bewiesen, was Ihr damals getroffen habt, vollständig bewiesen. Wißt Ihr, was?“
„Nun, was?“ fragte Parker, jetzt über das Gebaren des Alten aufmerksam werdend.
Dieser kniff sein Gesicht in noch mehr Falten, als es so schon hatte, machte das eine Auge zu, riß das andre weit auf, schlotterte mit den Armen durch die Luft und antwortete dann:
„Einen Esel habt Ihr geschossen, einen Esel! Hahahaha!“
„Wie – wa – wa – was? Einen Esel?“
„Ja, einen Esel, oder vielmehr ein Tier, welches Ihr für einen Esel hieltet, welches aber eigentlich ein Elkkalb oder ‚das junge Kind des Elks‘ war!“
Er betonte die fünf durch Gänsefüßchen eingeschlossenen Worte besonders stark, indem er sie zugleich sehr langsam aussprach.
„Das junge Kind – des – des – – – alle Wetter, was wollt Ihr damit sagen?“
„Daß Ihr damals geflunkert habt. Es ist Euch gar nicht eingefallen, den Elk zu schießen; Ihr seid vielmehr vor ihm gewaltig ausgerissen.“
„Aus – ge – ris – – – sen – – –?!“
„Ja, ausgerissen!“
„Das ist eine Verleumdung, die – die – die –!“
„Was denn, die – die – die – – –? Seid Ihr etwa nicht in das Loch gekrochen, in welches dann das Untier den Kopf steckte und Euch so gewaltig anschnaufte, daß Euch fast der Verstand verloren ging?“
„Loch? Was – für – ein – Loch?“
„Das Loch in der Steinwand, in welches Ihr so schnell verschwandet, wie Ihr in Euerm ganzen Leben noch nie in ein Loch gekrochen wart!“
Parker holte tief, tief Atem und sagte, vor Verlegenheit fast stammelnd:
„Mr. Cutter, ich weiß nicht, was Ihr wollt. Ich verstehe Euch nicht. Ihr habt doch den Elk, den ich geschossen hatte, mit Euern eigenen Augen gesehen!“
„Ja, mit meinen eignen Augen, aber den Elk, den der Häuptling der Panashts geschossen hat!“
„Der Pa – nashts? Der Teufel soll mich holen, wenn ich imstande bin – – –“
„– einen Elk zu schießen?“ fiel ihm der Alte in die Rede. „Ja, das glaube ich nicht nur, sondern ich bin sogar sehr überzeugt davon. Der Häuptling schenkte Euch den Elk dafür, daß Ihr ihn vor mir gewarnt hattet, und erlaubte Euch, zu sagen, Ihr hättet ihn geschossen. Ist es so oder nicht, Mr. Parker?“
„Wenn – wenn – und – – – und – – – und –“, stotterte der Gefragte in größter Bedrängnis.
„Antwortet mir nicht mit ‚wenn‘ und ‚und‘, sondern richtig, wie es sich gehört!“
„Ich antworte ja richtig, ganz richtig! Man muß Euch ein Märchen aufgebunden haben!“
„Ein Märchen? Ja, es schien mir allerdings damals ein Märchen zu sein, als Ihr den Elk brachtet und behauptetet, er sei von Euch geschossen worden. So ein ausgemachtes, in Marmor gehauenes Greenhorn, wie Ihr damals wart, und ein Elk, ein so riesiger, gewaltiger Elk! Ich glaubte es aber doch, weil Ihr später zufällig, ganz zufällig Glück im Schießen hattet. Jetzt aber ist's mit dem Glauben vorbei, ganz und gar vorbei.“
„Ich habe ihn geschossen! Wer ist denn der Halunke, der Euch so angelogen hat?“
„Der Halunke? Angelogen? Richtig, ganz richtig! Der Halunke seid Ihr, Ihr selbst, Mr. Parker.“
„Ich? Was? Ich?!“
„Ja, Ihr selbst! Oder wollt Ihr leugnen, daß Ihr es selbst erzählt und eingestanden habt?“
„Ich selbst? Wem und wo?“
„Euern
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