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07 Von fremder Hand

07 Von fremder Hand

Titel: 07 Von fremder Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Heilige Brigida den Ort besucht hatte.
      Andrew war nicht geneigt, derartige Geschichten für bare Münze zu nehmen, doch es gab Ausgrabungen, die daraufhindeuteten, dass dieser Ort spätestens seit der frühen angelsächsischen Periode besiedelt gewesen war.
      Zwischen Beckery und dem Massiv von Wirral Hill lag kaum einen Kilometer weiter südlich das Gebiet des ehemaligen Wirral Park, des alten Hirschjagdreviers der Äbte von Glastonbury - heute ein scheußlicher Komplex von Supermärkten und Parkplätzen.
      Von der höchsten Erhebung Beckerys aus überblickte Andrew dieses moderne Krebsgeschwür mit einem Abscheu, der an Hass grenzte. Sie machten alles kaputt, diese geldgierigen Narren, die weder Weitblick noch Verständnis für die Vergangenheit besaßen.
      Er war mit seinem Spaniel von Hillhead her gekommen, entlang den spärlichen Resten des trägen Flüsschens. Oft machten sie am Samstagmorgen diese Wanderung, und normalerweise gelang es ihm, seinen Zorn für eine Weile zu vergessen, wenn er in den Ausgrabungsstätten herumstöberte. Aber an diesem Tag schien seine Wut unbezähmbar; wie Galle breitete sie sich in jedem Winkel seines Denkens und Fühlens aus.
      Er konnte nicht sagen, wer von beiden schlimmer war - die Immobilienhaie oder die Spinner. Selbst hier in Beckery, das nie mehr als eine bescheidene und unbedeutende Gemeinde gewesen war, hatten die Spinner ihr Unwesen getrieben. Es hatte hier eine Quelle gegeben, höchstwahrscheinlich einer der Hauptgründe für die Ansiedlung eines Klosters an dieser Stelle. Um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts war davon wenig mehr als ein schlammiger Tümpel übrig geblieben, der in der Gegend als Bride’s Well oder Brunnen der heiligen Brigida bekannt war. Und dann brachte im Jahre 1895 ein Arzt namens Goodchild aus Italien eine Schale mit, die er in einem Antiquitätenladen erstanden hatte, und versteckte sie - geleitet von einer Vision - im Bride’s Well.
      Goodchild ließ sodann Andeutungen fallen, die von empfänglichen Ohren vernommen wurden, und endlich fanden zwei ebenso junge wie jungfräuliche Damen - ebenfalls Anweisungen folgend, die sie in Visionen erhalten hatten - die Schale wieder. Anschließend wurde in erlauchten Kreisen heftig über die Frage diskutiert, ob diese Schale der Heilige Gral sei, wenn auch Goodchild selbst später darauf bestand, er habe dergleichen niemals behauptet.
      Dieser Vorfall hatte in Andrews Augen die ganze spirituelle Erneuerungsbewegung von Glastonbury erst ausgelöst, einschließlich der absurden Behauptungen dieses Scharlatans Fre-derick Bligh Bond.
      Andrew schlug mit seinem Spazierstock so heftig auf einen Grashügel ein, das Phoebe erschrocken zusammenfuhr und vorwurfsvoll zu ihm aufschaute.
      »Tut mir Leid, Mädchen«, murmelte er, und doch versetzte er dem nächsten Büschel einen nicht minder kräftigen Schlag. Tote Mönche, du liebe Zeit! Wer glaubte denn noch an so einen Quatsch? Und jetzt verhalf Montfort diesem Unsinn zu neuem Leben. Und was noch schlimmer war, er zog Andrews Schwester mit hinein.
      Es mussten die geschickten Anspielungen auf die Musik gewesen sein, durch die sich Winnie so leicht hatte einfangen lassen. Die Liebe zur Musik teilten Winnie und er seit ihrer Kindheit, sie war Teil der geschwisterlichen Bande, die ihnen nach dem Tod ihrer Eltern die notwendige Kraft gegeben hatten. Und jetzt war ihm auch dies genommen worden.
      Hatte er das Unglück durch seine eigenen Taten über sich gebracht, in einer erbärmlichen Parodie irgendeines griechischen Tragödienhelden?
      Grübelnd setzte Andrew seinen Rundgang durch die Grabungsstätte fort, während Phoebe ihm auf Schritt und Tritt folgte. Im Lauf der Jahrhunderte waren auf dem höchsten Punkt der Halbinsel nacheinander drei der heiligen Brigida geweihte Kapellen erbaut worden, jede auf dem Grundriss der vorhergehenden. Mittelalterlichen Quellen zufolge befand sich in der Südwand der frühesten Kapelle einst ein Loch, und alle, die dort hindurchkrochen, erlangten Vergebung ihrer Sünden. Was für ein Pech, dachte Andrew verbittert, dass es diese Möglichkeit heute nicht mehr gab.
      Oder hätte man ihn mit dem Gesicht nach unten auf dem Friedhof am Nordende der Kapelle begraben, wie man es mit sechs der dreiundzwanzig Leichen gemacht hatte, die dort gefunden wurden? Das war die Stellung, in der die Heiden gewöhnlich Verbrecher und Übeltäter beerdigten, und die ersten christlichen Siedler hatten den

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