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07 Von fremder Hand

07 Von fremder Hand

Titel: 07 Von fremder Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Überlieferung, der zufolge Joseph von Arimathia einen zwölfteiligen Choral nach Britannien mitbrachte, der von vorchristlichen ägyptischen Tempelpriestern stammte und über die Jahrhunderte hinweg heimlich von Generation zu Generation weitergereicht worden war. Zwar weiß niemand genau, was in Glastonbury tatsächlich gesungen wurde, aber einige Quellen behaupten, es sei der einzige Ort gewesen, an dem dieser Choral in seiner ursprünglichsten Form von einem ständigen Chor gepflegt wurde... Wenn es nun dieser Choral war, den Thurstan verboten hat?«
      »Und die Mönche hätten dafür ihr Leben riskiert?« Jacks Zweifel waren unüberhörbar.
      »Vielleicht ja, wenn sie nämlich glaubten, das Überleben ihrer Gemeinschaft hinge davon ab. Das lateinische cantus bedeutet sowohl >Gesang< als auch >Zauberspruch<. Die Alten sahen in der Musik die stärkste Form der Magie, die dafür sorgte, dass die Menschen im Einklang mit dem Kosmos blieben und ihr Zusammenleben harmonisch verlief. Die Musik war fast immer Sache der Priesterschaft, und in manchen Kulturen wurden ihr solche Kräfte zugeschrieben, dass jede Musik, die von den rituellen Vorschriften abwich, strengstens verboten war. Und ein zwölfteiliger Choral war auch ein Bestandteil der keltischen Magie«, fuhr Simon fort. »Möglicherweise sind die beiden Traditionen im Lauf der Zeit miteinander verschmolzen und haben dabei noch an Bedeutung und Tragweite gewonnen.«
      Jack stand auf und trat an den Kamin, um sich die Hände zu wärmen. »Angenommen, Sie haben Recht - wie sollen wir es denn schaffen, etwas Derartiges wiederzugewinnen? Ich wüsste überhaupt nicht, wo ich anzufangen hätte.«
      »Vielleicht existieren irgendwelche Aufzeichnungen«, sagte Simon sinnend. »Da könnte die Verbindung zu Ihrer Familie liegen.«
      Es war ihnen gelungen, eine Linie der Montforts bis ins dreizehnte Jahrhundert zurückzuverfolgen, doch sie hatten keinerlei Verbindung entdecken können zwischen jenem Montfort - einem Wollhändler aus Glastonbury - und Edmund, dem Mönch, der im zwölften Jahrhundert in der Abtei gelebt hatte. Als sie Edmund direkt befragt hatten, war seine Antwort nur gewesen: »Blut hilft zuweilen, die Verbindung herzustellen. .. oftmals verschleiert es...« Im Lauf der Monate hatte Simon an ihrem Gesprächspartner aus dem Jenseits immer deutlicher bestimmte Charakterzüge unterscheiden können, und hier gab sich Edmund wieder einmal besonders zugeknöpft.
      Jack wippte auf den Fußballen auf und ab, eine Angewohnheit, die bei einem so schweren Mann hätte unbeholfen wirken müssen, was jedoch nicht der Fall war. »Glauben Sie ernsthaft, dass so ein Dokument all die Jahre hindurch unversehrt geblieben sein könnte?«
      «Erst vor kurzem sind in einer Pfarrkirche Urkunden der Abtei gefunden worden.« Simon war bemüht, seine Stimme ruhig klingen zu lassen. Ein unberührtes Fragment der Vergangenheit zu entdecken, es in den Händen zu halten -
      »Aber nehmen wir an, wir finden diesen Choral, was tun wir dann damit? Wir könnten ihn schließlich nicht selbst singen -«
      »Wir wollen doch nicht das Pferd beim Schwanz aufzäumen«, sagte Simon beschwichtigend. »Vielleicht sind wir ja wirklich auf der falschen Spur. Es ist allerdings bemerkenswert, dass die meisten von uns - Ihre anglikanische Freundin eingeschlossen - ein ausgeprägtes Interesse an Kirchenmusik haben.«
      »Winnie! Verdammt, ich soll in einer Viertelstunde zum Abendessen im Pfarrhaus sein. Das habe ich vollkommen vergessen. Und Winnie hat die Erzdiakonin mit ihrem Mann eingeladen und auch ihren Bruder - sie will wohl irgendwie versuchen, Frieden zu stiften -, da wird bestimmt der Teufel los sein, wenn ich nicht auftauche. Ich sollte wirklich die Beine in die Hand nehmen.«
      Simon folgte ihm hinaus auf die Veranda, wo er eine Weile stand, ohne die Kälte zu beachten, und zu dem Stückchen Sternenhimmel aufblickte, das durch eine Lücke im Laubwerk des Gartens zu sehen war. Hatte Jack Montfort überhaupt eine Vorstellung von der Bedeutung dessen, was sie soeben in Erfahrung gebracht hatten? Oder von den Möglichkeiten, die darin verborgen lagen?
      Vielleicht war es gar nicht so schlecht, dass er nichts ahnte, dachte Simon. Sie waren jetzt über das Stadium der Gesellschaftsspiele hinaus, und es war an der Zeit herauszufinden, auf wen man sich verlassen konnte. Er ging ins Haus, um seine Autoschlüssel zu holen, und machte sich auf den Weg, um jemanden zu

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