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07 Von fremder Hand

07 Von fremder Hand

Titel: 07 Von fremder Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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geworden war.
     
    Kincaid legte gerade den Telefonhörer auf die Gabel zurück, als sein Sergeant mit einer Aktenmappe voller Papiere ins Büro kam.
      »Der Bericht vom Labor«, sagte Douglas Cullen, legte die Mappe vor Kincaid auf den Tisch und zog sich einen Stuhl heran.
      »Irgendetwas Brauchbares?«
      Cullen schüttelte bedauernd den Kopf. »Nein, Sir. Nichts, null, nada.«
      Kincaid hob eine Augenbraue. »Man merkt, dass Sie wieder mal amerikanische Serien geguckt haben.« Er hatte den Verdacht, dass Cullen sich gerne als harten Cop ä la NYPD Blue gesehen hätte - ein durchaus harmloser Tagtraum, solange er seine Arbeit nicht beeinträchtigte. Aber sicherlich hätte man sich keinen ungeeigneteren Kandidaten vorstellen können. Mit seinem hellblonden Haar, seiner Brille und seinem rosigen Schulbubengesicht gab Cullen viel eher das perfekte Bild eines traditionellen englischen Bobbys ab.
      Seit zwei Wochen arbeiteten sie nun an einem Fall, der auf beunruhigende Weise wie der erste Versuch eines Serienmörders aussah. Das Opfer, die Inhaberin eines Antiquitätenstandes in der Camden Passage, war in ihrem eigenen Laden aufgefunden worden, und bis jetzt hatten sie auch nicht die geringste brauchbare Spur zu Tage gefördert. Kincaid begann allmählich zu glauben, dass der Mörder einen hermetisch verschlossenen Anzug getragen hatte und obendrein noch unsichtbar war.
      Während er die Mappe aufschlug, schweiften seine Gedanken wieder zu dem unerwarteten Anruf seines Cousins Jack Montford ab, den er soeben erhalten hatte - und zu dem Dilemma, vor das er ihn stellte.
      Wie lange war es her, dass er Jack zuletzt gesehen hatte? Er war mit Ermittlungen in einem Fall beschäftigt gewesen, als Emily und das Baby gestorben waren... dann musste es wohl bei der Beerdigung seiner Tante gewesen sein, obwohl er damals kaum mehr getan hatte, als Jack die Hand zu schütteln und ihm sein Beileid auszusprechen, bevor er nach London zurückgeeilt war.
      Wenn es einen Menschen gab, der mehr vom Unglück verfolgt worden war als die meisten, dann war es sein Cousin. Aber nun lag seine neue Freundin im Krankenhaus, und er schien äußerst besorgt, weil er fürchtete, dass der Unfall mit Fahrerflucht möglicherweise gar kein Unfall gewesen war. Jack hatte zögernd vorgeschlagen: »Du könntest doch übers Wochenende herkommen und dir die Sache einfach mal anschauen.«
      »Aber das wäre doch außerhalb meines Zuständigkeitsbereichs«, lautete Kincaids Einwand.
      »Das spielt keine Rolle. Ich dachte nur... Ich würde mich einfach nur freuen, dich zu sehen.«
      Seine und Jacks Mutter hatten einander sehr nahe gestanden, und die beiden Familien hatten im Sommer immer viel Zeit miteinander verbracht, als die Kinder noch klein waren. Jack war ein ziemlich ernster, aber sympathischer Junge gewesen, immer bereit zu einem Abenteuer, und er war zu einem Mann von großmütigem und gewinnendem Wesen herangewachsen. Kincaids Erinnerungen an den Urlaub, den Jack ihm in seinem Ferienhaus in Yorkshire spendiert hatte, waren durch Emilys Tod kurze Zeit später getrübt worden, doch die Aufmerksamkeit, die aus dem Angebot sprach, war typisch für Jack.
      »Ich sage dir Bescheid, wenn ich es irgendwie arrangieren kann«, hatte Kincaid geantwortet, bevor er das Gespräch beendete. Sosehr er es bedauerte, Jack enttäuschen zu müssen, er hatte nicht wirklich die Absicht, übers Wochenende nach Somerset zu fahren.
      Er konnte unmöglich aus London weg; vielleicht würde sich in ihrem Fall irgendetwas ergeben, und Doug Cullen war nicht erfahren genug, um allein damit fertig zu werden. Und er und Gemma hatten in letzter Zeit nicht eben viel voneinander gesehen - er plante die Tatsache, dass Kit das Wochenende bei Freunden verbringen wollte, weidlich auszunutzen.
      Entschlossen, sich der vorliegenden Angelegenheit zu widmen, griff er nach dem Stoß Papiere auf seinem Schreibtisch. Doch während er den enttäuschend negativen Bericht überflog, wollte ihm die Verzweiflung, die er aus Jacks letzten Worten herausgehört hatte, nicht aus dem Sinn gehen. Sein Cousin brauchte seine Unterstützung, und Kincaid konnte sich denken, welche Überwindung es Jack gekostet haben musste, ihn darum zu bitten.
      »Sir?«
      »Oh, tut mir Leid, Cullen. Ich habe wohl geträumt.«
      »Sie haben nicht ein Wort von dem gehört, was ich gesagt habe.« Cullen klang ein wenig verletzt.
      Kincaid beäugte seinen Sergeant nachdenklich.

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