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wer der Boss ist."
„Ach, sei still", sagte er und legte auf.
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Nachdem meine (halb-)gute Tat des Tages getan war, rollte ich mich herum, schaltete das Handy ab, legte es auf den Nachttisch (Sinclair beschwerte sich bereits, dass mein Handy und meine Schlüssel die Antiquitäten zerkratzten) und betrachtete kritisch meine Füße.
Ein Vampir zu sein hatte sein Gutes. Lange Zeit hatte ich mich geweigert, das zuzugeben, und selbst heute noch tat ich es nur ungern. Zuerst einmal war da die Tatsache, dass ein Vampir stark war. Und schnell. Und besser hörte, natürlich.
Für alle drei Fähigkeiten war ich mehr als einmal dankbar gewesen, wenn wieder einmal ein Irrer versucht hatte, mich zu töten. (Allerdings hätte auch besagter Irrer nie versucht, mich zu töten, wenn ich nicht untot gewesen wäre, aber ich will nicht kleinlich sein.)
Und auch wenn mein Status als Königin mehr Nach- als Vorteile hatte, brachte er doch auch Angenehmes mit sich.
Aber tot zu sein bedeutete auch, dass man an seinem Aussehen nichts mehr verändern konnte. Nicht dauerhaft zumindest, denn am nächsten Tag war die ganze Pracht - Fingernägel lackieren, Haare schneiden, Wimpern in Form bringen - wieder futsch. Ich hatte keine Ahnung, warum das so war. Ebenso wenig wusste ich, wie wir mit einer Herzfrequenz von sieben Schlägen pro Minute herumlaufen konnten und warum wir nur ein paarmal in der Stunde Luft holen mussten.
Daher hatte ich immer - immer! - eine Pediküre nötig. (Gott sei Dank hatte ich mir nur wenige Tage vor meinem Tod die
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Haare schneiden und Strähnchen machen lassen!) Es war deprimierend und gehörte zum Leben (oder zum Tod, wenn man so will) dazu.
Aber ich hatte keine Zeit, Trübsal zu blasen. (Naja, eigentlich hatte ich immer Zeit, Trübsal zu blasen, aber heute war ich nicht in der Stimmung.) Ich beschloss, mir selbst eine schnelle Fußbehandlung zu gönnen, und zwanzig Minuten später bewunderte ich meine rosigen, zarten Füße und wackelte mit den Zehen, deren Nägel ich in einem hübschen hellen Grau lackiert hatte.
Durch den Anblick meiner umwerfend schönen Füße ermutigt, rannte ich ins Badezimmer, kramte im Schränkchen unter dem Waschbecken und zog eine Schachtel mit Haartönung hervor, die versprach, bis zu zwölf Haarwäschen zu überdauern. Jedenfalls wenn man lebendig war.
Als ich aus der Dusche stieg, konnte ich nicht anders: Ich musste mich einfach im Spiegel angrinsen. Mein Haar erstrahlte in einem dunklen, unnatürlichen Bot. Die Farbe ließ meine Haut blasser und meine Augen grün aussehen (meine Augenfarbe schwankte zwischen Blau und Grün, abhängig davon, was ich gerade trug und wie das Licht war). Und die Schachtel hatte nur zwölf Dollar gekostet. Da ich ohnehin bis morgen Abend wieder erblonden würde, wäre ich schön dumm gewesen, in einen Friseursalon zu gehen und hundert Dollar für eine gewöhnliche Tönung aus dem Fenster zu schmeißen.
Ich trocknete mich ab und zog mich an, öffnete dann die Schlafzimmertür, wunderte mich kurz, wo mein Mann war (Sinclair brauchte nur gelegentlich Schlaf und hatte wahrscheinlich, nachdem wir miteinander geschlafen hatten, darauf gewartet, dass ich einschlief, und war dann in die Bibliothek gegangen oder zum Faxgerät oder in den nächsten Copyshop, um Farbkopien zu machen oder irgendetwas Ähnliches - Moment. . dafür hatte er 56
ja Tina), sah mich schnell nach unerwünschten Geistern um und hüpfte dann die Treppe hinunter.
Ich hörte die lauten Stimmen, lange bevor ich die Küchentür erreichte.
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„Ich kann nicht glauben, dass du bleiben willst! Du weißt es und du willst verdammt noch mal bleiben!"
„Tja, was ist denn mit dir, weißer Junge?" Hmmm. Jessica musste wirklich sehr wütend sein . . zu „weißer Junge" und „weißes Mädchen" griff sie nur, wenn sie sauer war oder Angst hatte. „Wann wolltest du mir denn erzählen, dass du meine beste Freundin dazu benutzt, vor deinem Chef gut dazustehen?"
Moment. Wie bitte?
„Ganz zu schweigen davon, dass du von ihr erwartest, dass sie die Kugeln für dich abfängt, wenn es brenzlig wird."
„Ich fange für niemanden Kugeln ab", verkündete ich und stieß die Tür auf,
„es sei denn, es ist Beverly Feldman."
„Halt dich da raus, Betsy."
„Genau, verpiss dich, Blondie."
Sinclair riss den Kopf hoch (er saß am Küchentresen und tat so, als würde er das Wal Street Journal lesen) und öffnete den Mund, um zu fauchen oder etwas zu brüllen, aber ich kam ihm mit einem
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