070 - Der Galgenbaum im Jenseits
führte uns durch das verfilzte Dickicht. Der Shanggin durchbrach es mühelos für uns. Wie ein Panzer walzte er alles nieder, was ihm im Weg war.
Wir erreichten den Strand. Eine sanfte Dünung rollte uns entgegen. Am Ufer überschlugen sich die Wellen und bildeten weiße Schaumkronen, die sich weit über den Sand schoben und in diesen einsickerten. Es war ein immerwährendes Spiel. Nie würde es aufhören, solange es das Meer und das Ufer gab.
Zum Glück ließ sich kein Engawa blicken.
Von hier aus schien die heilige Insel weiter entfernt zu sein. »Ich hoffe, wir müssen da nicht hinüberschwimmen«, sagte ich.
»Kann unser Freund in der Konservendose doch gar nicht«, sagte Mr. Silver und wies auf den Prä-Welt-Ritter. Die Rüstung hätte Cinto tatsächlich sofort auf den Meeresgrund hinabgezogen.
»Wir bauen uns ein Floß«, sagte Cinto.
Doch das war nicht nötig. Mr. Silver deutete plötzlich ein Stück den Strand hinab: »Wir leihen uns einfach dieses.«
Tatsächlich, da lag ein Floß im nassen Sand!
»So ein Zufall«, sagte ich.
»Ist das ein Kundendienst?« bemerkte der Ex-Dämon.
Aber mir behagte dieser Service irgendwie nicht. Wem gehörte dieses Floß? War es von Engawas gebaut worden? Würden ein paar von diesen Kopfjägern erscheinen, wenn wir ihnen das Floß nahmen?
Wir gingen nicht gleich darauf zu, sondern versorgten zuerst unsere Tiere. Die Pferde banden wir an Bäume, dem Shanggin befahl Cinto einfach, sich hinzulegen. Der Dickhäuter gehorchte aufs Wort.
Wir überquerten den Strand. Ich hielt die Augen gut offen, denn ich wollte von den Engawas nicht überrascht werden.
Sollten sie sich an unseren Pferden vergreifen, dann würden sie es mit Cintos Shanggin zu tun bekommen, und der Dickhäuter konnte verdammt ungemütlich werden.
Wir schoben das Floß ins Wasser, und Mr. Silver und ich begannen zu rudern. Je weiter wir uns vom Festland entfernten, desto ruhiger wurde ich - zunächst einmal.
Denn auf dem Meer hatten wir von den Engawas nichts zu befürchten. Aber je näher wir dann dem verbotenen Eiland kamen, um so mehr wuchs eine andere Spannung in mir.
Wenn es uns gelang, Bilcos Herz zu holen, hatten wir für Parthos einen großen Sieg errungen. Er trug den herzlosen Körper, der nach der Attacke des Mord-Magiers schrumpfte und kristallisierte, bei sich. Wenn er diesem Körper das fehlende Herz einfügte, würde Bilco wieder so wie früher werden, und Parthos würde wiedererstarken.
Mit der wiedergewonnenen Kraft mußte es dem Zauberer gelingen, Yamma zu bezwingen. Mit anderen Worten: Gefährlich war nur Teil eins unserer Aktion, das Betreten der Insel und der Höhle.
Das nahm ich jedenfalls an, aber ich sollte mich irren.
Wir lösten uns ab. Nach mir ruderte Cinto, dann kam Parthos an die Reihe, das ließ er sich nicht nehmen. Nur Mr. Silver trennte sich nicht von seinem Ruder.
»Wie siehst es mit deinen übernatürlichen Fähigkeiten aus?« fragte ich den Hünen mit den Silberhaaren. »Reichen Sie noch immer nur zum Mogeln beim Pokern?«
»Ich fühle mich schon wieder sehr gut«, antwortete der Ex-Dämon. »Ich glaube, ich bin schon beinahe wieder der alte. Die Magie, die ich an eure Waffen abgegeben habe, ist nahezu vollständig wieder zurückgekehrt.«
»Du wirst deine Kräfte auf der Toteninsel gut gebrauchen können.«
»Glaube ich auch«, sagte der Ex-Dämon.
Wir kamen an das verbotene Eiland bis auf Steinwurf nähe heran. Da passierte es plötzlich. Das Meer wurde seltsam unruhig, und dann tauchte knapp vor uns der große Schädel eines Meeresungeheuers auf.
***
Atax blickte die beiden Mädchen an. Arma lächelte hintergründig. Sie hatte einen guten Plan, den sie in wenigen Augenblicken auszuführen gedachte.
Cuca war schon jetzt so gut wie tot. Die Zauberin in Roxanes Körper drehte sich langsam um.
»Glaubst du, du wirst den Sprung über die Schlucht ebenfalls schaffen, Cuca?« fragte Arma überheblich. Sie baute geschickt vor. Das Ganze sollte wie ein Unfall aussehen.
Atax hätte es ihr übelgenommen, wenn er dahintergekommen wäre, was sie der Rivalin antun wollte. Er hatte Pläne mit Cuca. Er wollte die Hexe auf Mr. Silver ansetzen, sobald Roxane nicht mehr existierte.
»Ich reite ebenso gut wie du«, sagte Cuca schneidend.
»Vielleicht. Aber dieser Sprung erfordert auch Mut«, bemerkte Arma.
»Den bring' ich auf.«
»Wir werden es gleich sehen«, sagte Arma kalt und herausfordernd lächelnd.
»Steig auf, Arma«, sagte der Dämon.
Das schwarzhaarige
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