070 - Neues vom Hexer
sich um. Der Mann lief über eine Lichtung zu einem Weg, der die Grenze des Gutes bildete. Der Chefinspektor sah gerade noch, wie er über eine Hecke sprang und verschwand, als ob ihn die Erde verschlungen hätte.
»Ich möchte dem Burschen tatsächlich eine Kugel auf den Pelz brennen«, brummte der Gutsbesitzer.
Sie gingen tiefer in das Gehölz hinein, blieben dann stehen und luden beide ihre Jagdflinten.
»Ich wette, daß er alles Wild verjagt hat«, meinte Mr. Selby Grout. »Haben Sie jemals von einer gewissen Elizabeth Hineshaft gehört?« fragte er dann unvermittelt.
»Ja. Ich sehe, Sie haben die Zeitungen gelesen«, entgegnete Bliss lächelnd. »Diese Woche habe ich ihr eine Gefängnisstrafe verschafft.«
»Ach – Sie haben das getan?«
Klick!
Es klang, als ob der Hahn eines Gewehres aufschlüge, aber Bliss sah sich nicht um.
Klick!
»Was ist denn los?« fragte der Chefinspektor jetzt.
Selby starrte auf das Gewehr, das er mit zitternder Hand hielt. Er war kreidebleich, und Schweiß stand auf seiner Stirn.
»Ich weiß nicht… dieser verdammte Kerl hat mich ganz nervös gemacht«, erwiderte er heiser.
»Um Himmels willen, sagen Sie doch, was mit Ihnen los ist!«
Der Gutsbesitzer schüttelte nur den Kopf.
»Wir wollen zurückgehen.«
Lange Zeit wanderten sie schweigend nebeneinander her.
»Ich würde viel darum geben, wenn ich wüßte, ob er mit dem Hexer zusammenarbeitet«, sagte Bliss schließlich, der seine Gedanken laut äußerte.
Das Gewehr entglitt der Hand seines Begleiters, und dieser schwankte einen Augenblick. Bliss packte ihn am Arm.
»Der Hexer«, stieß Grout atemlos hervor. »Er war in meiner Bibliothek . und das Scheckbuch lag auf dem Tisch!«
Um elf Uhr dreißig hielt eine elegante Limousine vor der Depositenkasse der Western Counties’ Bank in der Leadenhall Street. Ein Chauffeur in Livree stieg aus und überreichte dem Direktor ein Schreiben. Das Papier trug den Briefkopf von Wollingford Hall.
Mr. Selby Grout hatte in seiner charakteristischen Handschrift geschrieben. Er bat um dreiunddreißigtausend Pfund in Banknoten. Es war nicht ungewöhnlich, daß er so große Summen abhob, und der Scheck, der dem Brief beilag, wurde auch tatsächlich ohne jegliche Beanstandung honoriert.
Der Direktor der Depositenkasse sagte nachher nur zu seinem Assistenten, daß es eigentlich keinen Zweck mehr habe, das Konto Mr. Selby Grouts weiterzuführen, denn sobald große Einzahlungen erfolgten, würden sie gleich darauf wieder abgehoben. Später wiederholte er diese Bemerkung gegenüber Chefinspektor Bliss und zeigte ihm auch verschiedene Kontoeintragungen, um seine Aussage zu beweisen. Bliss war inzwischen nach Scotland Yard zurückgekehrt und hatte dort einen langen, mit Maschine geschriebenen Brief vorgefunden:
Mein lieber Mr. Bliss,
Sie sind mir zu großem Dank verpflichtet, denn ich habe Ihnen zweimal das Leben gerettet! Ich war davon überzeugt, daß Ihr Mr. X, alias Mr. Selby Grout, auf der Henley Road wartete, um Sie zu erschießen. Sie sehen, daß ich über seine romantische Liebesgeschichte mit Elizabeth vollkommen unterrichtet bin.
Ich habe den Draht zu spät entdeckt, um ihn noch entfernen zu können. Ich vermutete dann, daß er einen Jagdunfall vortäuschen wolle. Seit einer Woche hat er die Sache erprobt, indem er sein Gewehr erst in der einen, dann in der anderen Richtung hielt.
Schließlich kam er wohl zu dem Entschluß, Sie zu erschießen, während er sein Gewehr unter dem Arm hatte. Er hat große Übung in dieser Methode. Gewisse Bäume im Wald sind direkt von Schüssen durchsiebt.
Ich war meiner Sache so sicher, daß ich heute – Sonnabendmorgen – einen ganzen Sack voll leerer Patronen in seine Bibliothek brachte. Er verwahrt nämlich seine Jagdgewehre und seine Munition in diesem Raum. So hat er dann sein Gewehr mit leeren Patronen geladen. Sonst wären Sie nicht mit dem Leben davongekommen.
Ich habe auch einen Scheck aus seinem Bankbuch entnommen. Das Briefpapier hatte ich mir schon vor einer Woche besorgt.
Ich war der Amerikaner, der die Kirche renovieren ließ. Den Auftrag habe ich schriftlich gegeben und mich dann selbst als Wächter angestellt. Ich mußte hier in der Nachbarschaft leben, ohne Verdacht zu erregen, weil ich hinter dem berüchtigten Mr. X her war, der eigentlich Whotby heißt. Meine Nachforschungen haben fast ein ganzes Jahr gedauert. Die Druckerpresse finden Sie in seinem Ankleidezimmer.
Sie fragen, warum ich einen anderen Verbrecher
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