0700 - Assungas Zaubermantel
Lilith…«
»Sie und die Schattenkirche hielten mit ihr Kontakt!« hielt ich ihm vor. »Sie haben mehr gewußt.«
Er quälte sich, doch ich ließ nicht locker. Ich wollte auch das aus ihm herausholen, was möglicherweise in den Tiefen seiner Erinnerung verschüttet gewesen war. Immer wieder nickte er und gab mir recht, aber er konnte mir den Weg nicht zeigen.
»Haben Sie keinen Hinweis erhalten? Sie wußten schließlich darüber Bescheid, daß sich Assunga an Mallmann wenden wollte. Da muß sie doch einen Anhaltspunkt gehabt haben.«
»Sie selbst hat nichts zu uns gesagt.«
»Wer dann?«
»Ich kann mich nicht erinnern.«
Ich beugte mich vor und stemmte meine Handflächen auf die Sessellehne. »Kann es sein, daß Lilith etwas erwähnt hat? Sprach sie möglicherweise in Vergleichen? Hat sie durch die Blume geredet? Hat sie das Ziel der Hexe umschrieben? Lieber Himmel, es gibt doch genügend Möglichkeiten, um so etwas anzudeuten.«
»Wenn Sie das so sehen, ist es vielleicht eine Chance«, gab er mit leiser Stimme zu.
»Na bitte.«
»Aber nageln Sie mich nicht darauf fest, Sinclair.«
»Keine Sorge.«
»Wenn mich nicht alles täuscht, hat Lilith mal vom Land der Väter gesprochen, das die Hexe besuchen will, um sich dort mit ihm zu treffen. Von einem Gebiet, wo eigentlich viel begonnen hat, das allerdings in Vergessenheit geriet. Ich weiß nicht, was sie damit gemeint haben könnte. Einer von uns wollte es genauer wissen, hat aber auch nur eine sehr ausweichende Antwort bekommen.«
»Wie lautete die?«
»Da muß ich überlegen.«
»Bitte.«
Ich ließ ihm die Zeit, denn ich war überhaupt schon froh, daß ich eine Spur hatte aufnehmen können.
»Ja«, sagte er leise, »jetzt fällt es mir wieder ein, aber es ist kein korrekter Hinweis.«
»Versuchen Sie es trotzdem.«
»Es wurde von einem Land der dunklen Wälder und der hohen Berge gesprochen. Von der weiten Einsamkeit und den Legenden und von der Gefahr für die Menschen.«
»War das alles?«
»Mehr weiß ich wirklich nicht.«
Ich dachte nach, räusperte mich und sagte: »Dieses Land braucht nicht einmal weit weg zu liegen. Man kann natürlich manche Gebiete derartig umschreiben.«
»Das meine ich auch.«
»Aber sie sucht einen Vampir.«
»Stimmt.«
»Wissen Sie auch, wo Vampire eigentlich ihre Urheimat haben, wenn wir den europäischen Mythen glauben sollen?«
»Da gibt es wohl was, nicht?«
»Ja, dieses Land existiert. Es ist ein Teil des Balkans und hat in den letzten beiden Jahren schwere Schläge hinnehmen müssen. Gewalt und bittere Armut, was allerdings die mythologische Geschichte nicht verändert hat. Ich weiß, wie es heißt.«
»Rumänien«, sagte er.
»Gratuliere, Kyle, darauf wollte ich hinaus.«
Er saß still, hing seinen Gedanken nach. Schließlich meinte er:
»Dann ist sie Ihnen entwischt, Sinclair.«
»Vorerst.«
»Aber Sie haben Hoffnung.«
»Natürlich. Ich habe einen alten Freund in diesem Land. Er heißt Frantisek Mark und wird der Pfähler genannt. Er lebt selbst in der Heimat der Vampire, im ehemaligen Transsylvanien. Er kennt sich aus, er weiß, wenn sich etwas verändert, denn er hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, Vampire zu jagen. Ich werde mich mit ihm in Verbindung setzen, damit er die Augen und Ohren offenhält.«
»Und was wollen Sie machen?«
»Mit größter Wahrscheinlichkeit auch hinfahren«, erwiderte ich lächelnd. »Wir müssen beide stellen – Assunga und Dracula II, so nennt sich Mallmann ja.«
Kyle hob die Schultern. Er kam sich plötzlich unnütz vor, das sah ich ihm deutlich an. Zudem fühlte er sich unbehaglich und rutschte auf dem Cordstoff hin und her.
Ich wollte ihn natürlich nicht im Regen stehenlassen und sagte:
»Sie werden kaum in Ihrer Wohnung bleiben wollen, Kyle.«
»Das auf keinen Fall.«
»Sehen Sie.«
»Und wo soll ich hin?«
»Ich könnte Ihnen eine Schutzhaft vorschlagen.«
Der Mann sprang so heftig auf, als hätte man ihm einen glühenden Pfeil in das Hinterteil gebohrt. »Ich soll in den Knast?«
»In Schutzhaft.«
»Das ist doch dasselbe.«
»Es mag Ihnen vielleicht so vorkommen, doch Schutzhaft ist etwas anderes. Dort genießen Sie gewisse Vorteile, die ein normaler Gefangener nicht hat. Überlegen Sie es sich.«
»Bin ich da sicher?«
»Vor Lilith?«
»Ja.« Er bekam wieder eine Gänsehaut, als er an diese Person dachte.
»Das kann ich Ihnen nicht versprechen: Sie wissen selbst, wie mächtig diese Dämonin ist. Für sie wird es keine Gitter und keine
Weitere Kostenlose Bücher