0700 - Para-Hölle Spiegelwelt
Zamorra ging wieder zur nägelgespickten Tür. Er hoffte, dass es ihm gelang, das Amulett zu zwingen, genau das zu tun, was er wollte.
Was in diesem Fall vielleicht etwas schwierig werden würde, da es nicht gegen einen Dämon oder eine andere schwarzmagische Bedrohung ging.
Mit der Amulett-Magie wollte Zamorra das Türschloss zerstören!
Aber seine Befürchtung trat ein.
Die Magie funktionierte nicht. Das Türschloss war zu »normal«. Daher konnte es von der Amulett-Magie nicht angegriffen werden. Hierfür hätte Zamorra eher einen Dhyarra-Kristall gebraucht. Aber die beiden Kristalle 4. Ordnung, die ihm und Nicole gehörten, lagen in seinem Arbeitszimmer im Safe. Und die konnte er auch nicht rufen!
»Verdammt«, murmelte er. Es blieb ihm jetzt nichts anderes übrig als abzuwarten, bis jemand kam, um ihn zu holen - zum Verhör vermutlich. Er konnte nicht mal mit den Fäusten gegen die Tür hämmern, weil er sie sich an den spitzen Nägeln blutig geschlagen hätte. Und gegen die Wand zu schlagen, brachte nichts - das würde kaum jemand hören oder ernst nehmen.
Plötzlich kam ihm eine Idee.
Gegen die Tür schlagen… nicht direkt, aber wenn er das Amulett gegen die Nägel hielt und die Faust auf das Amulett hieb, musste das doch den Schlag und daraus resultierenden Lärm übertragen!
Gedacht, getan. Mit Fingerspitzen hielt er die Silberscheibe fest - und schlug mit der anderen, zur Faust geballten Hand zu.
Und schrie auf, rieb sich die blutende Hand, in die die Nägel sich gebohrt hatten, an denen jetzt Zamorras Blut klebte.
Im gleichen Moment, als er zuschlug, war das Amulett zur Seite geflutscht, seinem Griff entglitten, und lag jetzt auf dem Boden.
»Merde«, stieß er hervor. Vermutlich hatte irgendeine Magie in der Silberscheibe erkannt, dass die Nägel vielleicht härter waren als das Amulett, und hatte es bewegt, um eine Beschädigung zu vermeiden!
So ging's also auch nicht.
Was nun?
***
Mostache betrat das Wohnzimmer des Paters, um wie versprochen nach ihm zu schauen und ihm zu helfen.
Völlig überrascht blieb er in der Tür stehen.
Pater Ralph stand bei seinem Eintreten auf, kam um den Tisch herum auf ihn zu!
Auf völlig normalen Beinen und Füßen!
»Ich glaub's nicht«, keuchte Mostache und griff sich an die Stirn. »Träume ich, oder haben wir alle das vorhin nur geträumt?«
»Beides ist wahr«, sagte Pater Ralph leise.
»Hat Gott ein Wunder bewirkt?«
»Gott nicht, und ich weiß auch nicht, ob ich wirklich froh darüber sein soll.«
»Aber wieso nicht, Pater? Sie können sich wieder bewegen, Sie sind wieder geheilt…«
»Geheilt ist das falsche Wort, mein Sohn. Krank war ich ja nicht, nur verhext von dem fehlgeleiteten Montagne-Erben. Aber es war Luc Avenge, der zu mir kam und diesen Fluch von mir nahm.«
»Avenge?«, stieß der Wirt verblüfft hervor. »Der Bursche, der schon mal tot gewesen sein soll? Der angeblich ein Krimineller ist, den man erschossen hat und der danach aus dem Leichenschauhaus verschwand, um quicklebendig hier wieder aufzutauchen?«
Er schluckte. Um diesen Avenge rankten sich einige Gerüchte. Was Mostache eben aufgezählt hatte, war praktisch alles, was über den Mann herauszufinden gewesen war. Irgendwie schien auch ein Geheimdienst Nachforschungen zu blockieren.
»Was hat er gemacht? Und wie?«
»Ich weiß es nicht«, erwiderte Ralph. »Und ich will es auch nicht wissen. Es war Zauberei. Und Gott will nicht, dass Menschen zaubern und Hexerei betreiben.«
»Auch nicht, wenn es dem Guten dient?«
Pater Ralph schüttelte langsam den Kopf. »Ich sage dir ein Gleichnis: So leicht, wie man aus einem Stück Eisen einen Pflug formen kann, kann man daraus auch ein Schwert schmieden. Daher ist es besser, das Stück Eisen erst gar nicht in die Hand zu nehmen.«
»Wenn’s danach ginge, hätten wir keinen Fortschritt, sondern würden immer noch auf Bäumen wohnen und uns gegenseitig mit Bananen bewerfen«, murrte Mostache.
»Der Vergleich hinkt«, widersprach der Pater. »Fortschritt, der dem Frieden und dem Heil der Menschen dient, ist gut. Aber leider gibt es immer wieder Fehlgeleitete, die aus dem Guten das Böse ableiten. So wie jede Münze zwei Seiten hat, wählen sie die falsche.«
Mostache wich dem Thema aus. »Fühlen Sie sich - körperlich, meine ich - wieder in Ordnung?«
»Körperlich ja«, stellte Ralph fest. »Ihr braucht also nicht ständig hier aufzutauchen. Ich komme wieder allein zurecht. Aber ich danke dir und Charles für die Hilfe,
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