0706 - Verkünder des Sonnenboten
so."
Tabhun hangelte sich die Leiter nach unten. Als er seine Füße auf einen Ast setzte, griff ihn ein untersetzter Mann an und schlug mit beiden Fäusten nach ihm. Der Offizier wehrte ihn mit einem geschickt angesetzten Dagorgriff ab und half Pete Woreman, der von der Leiter zu fallen drohte, weil ihm ein Opaner einen Speer mit dem stumpfen Ende auf den Schädel geschmettert hatte.
Immer mehr Fackeln erloschen, so daß die beiden Gäaner kaum noch etwas sehen konnten. Sie waren voll und ganz auf die Hilfe des Priesters angewiesen, der ihre Hände packte.
„Laufen Sie, Vhrato, laufen Sie."
Vancon Tabhun verzichtete angesichts der Situation darauf, darüber zu streiten, ob er der Sonnenbote war oder nicht.
Er wußte, daß Haras jetzt noch weniger auf ihn gehört hätte als zuvor. Ihm war nur wichtig, daß er heil aus diesem Kampf herauskam.
„Jemand verfolgt uns", sagte Pete Woreman keuchend.
Der Priester blieb so abrupt stehen, daß Tabhun gegen ihn prallte. Er hob die Fackel, um besser sehen zu können.
Ein vollkommen rot gekleideter Mann stürzte sich mit gezücktem Messer auf Haras. Dabei mußte er an dem Kommandanten vorbei.
Er glaubte offenbar, daß weder dieser noch der Captain sich um ihn kümmern würden. Er irrte sich, denn Woreman streckte sein rechtes Bein vor und brachte ihn dadurch zu Fall. Tabhun bückte sich und entwaffnete ihn.
„Weiter", rief Haras. „Schnell, wir dürfen keine Zeit verlieren, sonst holen uns die nächsten ein."
Sie ließen den Roten auf dem Ast liegen und flohen weiter.
Apter Haras warf seine Fackel weg.
„Langsamer jetzt", sagte er mahnend.
Vergeblich versuchte Tabhun, in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Der Priester führte ihn und den Captain sicher.
5.
„Das Leben pflegt stets Überraschungen parat zu haben, philosophierte meine Großmutter immer, und ich muß sagen, sie hat recht, die alte Dame", murmelte Kaiser Karl.
Ein Mann schwebte auf ihn zu. Er hielt sich mit beiden Händen an einem grünen eiförmigen Gebilde fest, das doppelt so groß war wie er. Der Mann trug ein wallendes, rotes Gewand, grüne Hosen und kurzschäftige Stiefel, die an ihren Spitzen mit je einem fingerlangen Stachel versehen waren. Den Kopf hatte er sich mit einem roten Tuch umwickelt, von dem ein etwa meterlanges Ende hinter ihm herwehte.
„Hallo, Fremder", rief der Mann.
„Hallo, Flieger", erwiderte der Alte und hob grüßend den Arm.
Der Fretiklianer ließ das seltsame Gebilde los und fiel aus etwa drei Metern Hohe auf das Blatt herab. Das grüne Ei stieg lautlos auf. Kaiser verfolgte es mit seinen Blicken, bis es in den tief hängenden Wolken verschwand. Dann erst wandte er sich dem Mann zu, der ihn währenddessen aufmerksam gemustert hatte.
„Sie gehören nicht zu den Harasenen."
„Allerdings nicht. Ich bin Terraner. Sagt Ihnen das etwas?"
„Sie sind auf Terra geboren?"
„Allerdings."
„Dann sind Sie mit dem Raumschiff gekommen?"
„So ist es."
„Mein Name ist Atrup Ahan." Der Fremde streckte Kaiser die Hand entgegen. Der Alte ergriff sie. Mit der freien Hand zeigte er auf die Wolken.
„Was war das?"
„Eine Samenkapsel einer Pflanze. In dieser Jahreszeit steigen sie überall auf. Sie eignen sich hervorragend für Transportzwecke."
„Das habe ich gesehen."
„Was führt Sie zu uns?"
„Nichts Besonderes. Ich komme einfach nur so." Kaiser Karl nannte seinen Namen. Er beobachtete Atrup Ahan. Das begierige Funkeln in den Augen des Fretiklianers entging ihm nicht.
Er konnte sich recht gut vorstellen, woran Ahan dachte. Er hatte die Space-Jet gesehen und überlegte bereits, wie er sie an sich bringen konnte.
„Ich möchte Sie in unsere Stadt einladen", sagte Ahan.
„Begleiten Sie mich?"
„Gern."
Der Fretiklianer führte Kaiser Karl durch ein buschbestandenes Gelände über mehrere Blätter hinweg. Der Alte begriff erst nach und nach, wo er sich wirklich befand. Atrup Ahan zeigte ihm die Siedlung, zu der, wie Kaiser annahm, Oberst Tabhun und Captain Woreman gegangen sein mußten.
„Heute lebt niemand mehr dort", erklärte Ahan. „Es ist zu gefährlich hier oben. Die Blätter leben schließlich nicht ewig, so daß die Häuser früher oder später einstürzen."
Er wickelte sich den losen Zipfel seines Turbans mehrmals um den Hals und zog ihn schließlich über die untere Hälfte des Gesichts. Sie erreichten ein Randblatt. Das nächste lag etwa fünfzig Meter tiefer. Diesem folgten drei weitere, die wiederum jeweils weniger hoch
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