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0709 - Das Seelenschwert

0709 - Das Seelenschwert

Titel: 0709 - Das Seelenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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von einem zweiten Ich zu sprechen, denn das wäre bei meinem Freund auf keinen Fall negativ gewesen.
    Er rührte sich nicht, hielt aber den Blick starr auf uns gerichtet, als wollten uns seine Augen eine Botschaft übermitteln. Ich hatte einen Versuch gestartet, der schiefgelaufen war. Ich konnte natürlich noch eine Stufe höhergehen und es mit dem Kreuz versuchen. Möglicherweise brach dann die Magie zusammen.
    Soweit kam es nicht. Kaum hatte ich meinen Arm um einige Zentimeter erhoben, da meldete sich der Geist. Und er sprach mit einer natürlichen Stimme, mit Sukos Stimme.
    »Ich würde es so belassen. Kommt mir nicht ins Gehege. Dies ist ein Ratschlag. Aber ich kenne dich, John. Du willst es versuchen, du wirst nicht lockerlassen, du willst mich retten.« Er lachte scharf. »Denke aber daran, daß ich nicht gerettet werden will. Mir geht es nicht schlecht, deshalb brauche ich auch keinen Retter.«
    »Ich…«
    »Nein, John, nein.« Er schüttelte den Kopf und lenkte mich damit von einer anderen Bewegung ab, denn er nahm plötzlich die Waffe an sich, die ich ihm zugeworfen hatte.
    Ein Geist hielt eine Waffe, das wollte mir nicht in den Kopf, denn Stoff und Feinstofflichkeit passen nicht zueinander. Sie sind verschieden wie Feuer und Wasser.
    Wieso konnte er es: Sein Lächeln wurde maskenhaft.
    Und dann schoß er.
    Ich hatte mich zur Seite geworfen, hörte Sir James' lauten Ruf, zerrte meine Beretta hervor, sprang mit gezogener Pistole auf die Füße - und sah nichts mehr.
    Nur einen leeren Stuhl, auf dem einmal mein Freund Suko gesessen hatte. Die Beretta war auch nicht mehr vorhanden, die hatte der Inspektor mitgenommen.
    Ich kam mir vor wie jemand, den man bis zur Brust in Eiswasser gestellt hatte.
    So ähnlich mußte auch Sir James denken, denn er rührte sich ebenfalls nicht vom Fleck. Es war nur zu hören, wie er schnaufend Luft holte und bleich wie kaltes Rinderfett geworden war.
    Ein leerer Stuhl ohne Geist aber es war ein Schuß gefallen, wir hatten uns nicht getäuscht.
    Ich drehte mich nach links.
    Der Einschlag der Kugel war einfach nicht zu übersehen. Dicht neben dem rechten Türpfosten war das Geschoß in die Wand geschlagen und hatte dort ein Loch hinterlassen. Es sah so aus, als hätte jemand seinen Daumen mit aller Kraft in den Putz hineingedrückt.
    Ich konnte nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, ob Suko genau auf mich gezielt hatte, aber in Brusthöhe war die Kugel schon abgefeuert worden.
    Im Nachhinein bekam ich Zitterknie, und auch mein Chef ging nicht eben mit starken und sicheren Bewegungen zu seinem Schreibtisch, wo er sich niederließ.
    »Das war nicht gut«, flüsterte er. »Das war, verdammt noch mal, nicht gut.«
    »Stimmt, Sir.«
    Er stützte sein Kinn gegen den Handballen. »John, mal ehrlich. War das Suko?«
    »Ich schätze schon.« Auch ich ließ mich nieder, nahm aber nicht den Stuhl, auf dem Suko gesessen hatte.
    »Und ich gab ihm noch seine Beretta zurück.«
    »Vergessen Sie es. Er hätte sich immer eine Waffe besorgen können. Aber er muß es gewesen sein oder zumindest ein Teil von ihm, wenn ich das recht sehe.«
    »Wie meinen Sie das, Sir?«
    »Eine Hälfte«, murmelte der Superintendent bitter. »Ich denke an das Bild, das Sie im Spiegel gesehen haben, John. Da glaubten Sie, Suko als Kind erkannt zu haben.«
    »Stimmt.«
    »Wenn ich den Faden weiterspinne«, sprach er mehr zu sich selbst als zu mir, »könnte ich mir sogar vorstellen, daß es dieses ungewöhnliche Seelenschwert geschafft hat, Suko nicht nur in zwei Hälften zu teilen, sondern gleichzeitig in zwei Existenzen. Verstehen Sie jetzt, was ich damit andeuten will?«
    »Eine kühne Theorie, Sir?«
    Er schaute über die Ränder seiner Brille hinweg. »Ist sie denn zu kühn für Ihren Geschmack?«
    »Nein, eigentlich nicht«, erwiderte ich nach etwas längerem Nachdenken. »Ich glaube nicht, daß sie zu kühn ist. Ich nehme eher an, daß sie der Wahrheit ziemlich nahe kommt.«
    »Ja, das meine ich auch.«
    »Aber es wird schwer sein, das zu beweisen. Suko lebt nicht mehr normal«, flüsterte ich vor mich hin. »Er ist dann durch das Seelenschwert geteilt worden. Auf der einen Seite sah ich ihn als Kind, als unschuldiges Wesen, sage ich bewußt übertrieben, auf, der anderen Seite erlebten wir ihn als böses Wesen, sogar als einen Mörder. Der Treffer mit dem Schwert hat demnach diese beiden Teile…« Ich schüttelte den Kopf und redete nicht mehr weiter, weil sich etwas in mir weigerte, diese Hypothese zu

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