0709 - Das Seelenschwert
Luft war anders dick.
Es ging um Suko. Er war verschwunden, doch man hatte Glenda nicht genau darüber informiert, was tatsächlich mit ihm geschehen war. Es mußte mehr als nur eine simple Entführung gewesen sein. Die sehr ernsten Mienen des Superintendenten und des Geister Jägers hatten darauf schließen lassen.
Über London lag ein strahlender Sonnenschein. Der August langte wirklich voll zu. Er wollte noch einmal zeigen, wozu der Sommer fähig war. Viele Menschen waren in Urlaub gefahren, die Orte an der Küste platzten aus den Nähten, auch Glenda dachte darüber nach, ob sie sich für eine Woche irgendwo an den Strand verdrücken sollte.
Aber erst mußte hier alles normal werden.
Zäh und träge zogen sich die Morgenstunden dahin. Sie hatte einige Briefe geschrieben, auch eine Statistik ausgefüllt, aber sie war nie mit den Gedanken richtig bei ihrer Arbeit. Oft genug stand sie auf, trat ans Fenster und schaute in die Straßenschluchten, die das Yard Building umgaben.
Für sie war es ein völlig normaler, ein harmloser Tag. Einer wie hundert andere auch, und doch hatte sie das Gefühl, daß noch etwas passieren würde.
Sie konnte nicht einmal den genauen Grund nennen, das Gefühl war einfach vorhanden, es rann wie ein Prickeln durch ihren Körper, ohne allerdings angenehm zu wirken.
Was stimmte nicht?
War es eine Bedrohung, die sich langsam näherte, um aus dem Nichts zuschlagen zu können. Immer wieder dachte sie daran, und es fiel ihr schwer, sich auf die Arbeit zu konzentrieren.
Sie wußte, daß eine seltsame Truhe oder sogar ein Sarg hergeschafft worden war. Er stand jetzt in einem der einsamen Räume tief in den Kellern des Gebäudes. John und Sir James befanden sich bei ihm. Die beiden würden ihn untersuchen, und sie versprachen sich einiges davon.
Zumindest einen Hinweis auf den verschwundenen Suko.
Er war ja nicht einfach gekidnappt worden. Der Fall lag viel komplizierter.
Die Gegner hatten etwas mit ihm angestellt, über das John nicht direkt hatte sprechen wollen. Suko war unter einen starken Druck gesetzt worden, und es war fraglich, ob er diesem überhaupt standhalten konnte.
Selbst der Kaffee wollte ihr nicht schmecken, deshalb griff Glenda zur Wasserflasche, um den schlechten Geschmack aus dem Mund zu bekommen. Sie trank einige Schlucke, schaute gedankenverloren auf den kleinen Monitor des Computers, als könnte dieser ihr die Lösung präsentieren.
An diesem Tag hatte sie sich schlicht gekleidet. Eine weiße Leinenbluse ohne Ärmel, dazu eine gelbe Sommerjeans aus sehr dünnem Baumwollstoff, die sie im Ausverkauf erworben hatte und die eigentlich sehr teuer gewesen war.
Sie dachte wie jedes Jahr zur warmen Zeit daran, daß eine Klimaanlage gutgetan hätte. Aber die wurde nie eingebaut, es war vielleicht auch besser, der Temperaturwechsel tat eigentlich nie gut. Man konnte sich zu leicht erkälten.
Sie schaute auf die Uhr.
Mittlerweile ging es auf die Mittagszeit zu, wo Glenda immer eine Kleinigkeit zu sich nahm. An diesem Tag war das anders. Sie verspürte überhaupt keinen Hunger, und es lag an der inneren Aufregung, daß sie so unnatürlich reagierte.
Der Druck war einfach zu groß. Er hatte sich wie ein Ring um ihren Magen gelegt.
Ohne Suko war das Team zerrissen. Glenda hatte sich einfach zu sehr an die beiden Männer gewöhnt, die eine große Freundschaft verband.
Immer wieder hatte der eine oder andere in Lebensgefahr gesteckt, und immer wieder war es ihnen gelungen, aus diesen Fallen wieder hervorzukommen. Obwohl sie von diesem Fall nicht viel erfahren hatte, spürte sie doch, daß er irgendwo anders lag als die vorherigen. Da war der Druck viel größer geworden, und gleichzeitig war John ihr auch ziemlich deprimiert vorgekommen, wobei Sir James auch keinen anderen Eindruck machte. Etwas Großes, aber auch etwas Schreckliches war auf sie zugekommen.
Glendas Nervosität steigerte sich. Sie war drauf und dran, unten anzurufen und Fragen zu stellen, ließ es jedoch bleiben. Das hätten die beiden nur in den falschen Hals bekommen können.
Dafür erhielt sie einen Anruf.
Es freute sie, als sich das Telefon meldete, sie atmete tief durch und kam sich selbst erlöst vor. Mit zwei Schritten hatte sie den Schreibtisch erreicht, nahm noch im Stehen den Hörer auf und meldete sich mit ihrem Namen.
»Ah, da bin ich ja richtig. Hier ist Hurtler vom Empfang.«
»Was kann ich für Sie tun, Mr. Hurtler?«
Der Mann lachte. »Da möchte Sie jemand sprechen. Das heißt,
Weitere Kostenlose Bücher