0709 - Das Seelenschwert
Existenz vernichtet, ein Schattendasein.«
»Was ist daran anders?«
»Eine Existenz, eine schwarzmagische, John. Es war nicht der Suko, es ist ein fehlgeleitetes Etwas gewesen, auf das wir beide getroffen sind. Eine Schattengestalt der Hölle, die kein Recht hatte, noch länger zu existieren. Schauen Sie sich die Reste doch an. Glauben Sie noch immer daran, daß es Suko gewesen ist?«
Ich blickte hin.
Der Schatten war noch mehr geschrumpft, viel kleiner geworden, kompakter in der Mitte.
Und dort zeigte sich etwas.
Es war widerlich böse, es glühte vor Haß, es besaß eine Fratze, aus der uns die Macht des Satans entgegenströmte, die allerdings hier gebrochen worden war.
Ich sah in diesem Augenblick auch mehr ein Versprechen, daß der Teufel nicht aufgeben wollte.
Seine Fratze zog sich zurück. Sie zerriß, und es entstanden Schlieren, die über den Boden wischten.
Dann waren auch sie weg.
Verschwunden, als wären sie in den Boden hineingedrungen, und ein Rest von Schwefeldampfgeruch blieb zurück.
Ich atmete stoßweise. Noch immer dachte ich über die Worte meines Chefs nach.
Wer hatte nun recht? Er oder ich?
Ich spürte auf meiner linken Schulter seine Hand. Es sah aus, als wollte ein Vater dem Sohn Trost spenden. »Nun ja, John«, sagte er, »es war kein Angriff Ihres Freundes. Das hier kann sich der Teufel selbst auf die Fahne schreiben.«
»Wie so viele«, murmelte ich und rieb durch meine Augen, die sich gerötet hatten. »Es ist sehr seltsam, Sir, und kaum zu beschreiben. Da wird plötzlich aus Suko eine zweigeteilte Existenz. Eine haben wir vernichtet, die zweite wohl nicht. Jetzt stellen Sie sich vor, wir würden auch die zweite vernichten. Was geschähe dann?«
»Ich weiß es nicht.«
»Oder haben wir jetzt schon für Suko Schicksal gespielt und eine Hälfte von seinem wahren Ich vernichtet? Stellen Sie sich mal vor, er würde wieder in seiner normalen Gestalt zurückkehren. Wie sähe er dann aus, Sir? Können Sie mir das sagen?«
»Nein.«
»Ich weiß es auch nicht«, flüsterte ich. »Jedenfalls hatte er Zugang zu seinem Sarg oder zur Truhe.« Ich wies gegen sie, deren Deckel wieder zugefallen war. »Er wollte uns töten, und ich gehe einfach davon aus, daß ihm der Teufel diesen Auftrag eingepflanzt hat. Aber ich denke auch ein Stück weiter, denn der Teufel wird dies ebenfalls tun. Was hätte er davon, wenn er nur mich vernichtet?«
»Viel«, sagte Sir James.
»Klar, das glaube ich Ihnen. Aber ich bin nur ein Teil des Teams. Da gibt es die Conollys und vor allen Dingen eine gewisse Jane Collins, die der Satan noch immer haßt, weil sie ihm damals wieder entwischt ist. Das dürfen wir nicht vergessen.«
Sir James sah plötzlich sehr nachdenklich aus. Meine Worte hatten einen wunden Punkt bei ihm getroffen.
»Sie denken an eine Warnung?«
»Ja, Sir.«
Der Superintendent nickte. »Obgleich eines noch wichtiger ist. Wir müssen einfach das Seelenschwert in die Hände bekommen. Erst dann werden wir die Kräfte…«
»Wie denn, Sir?« unterbrach ich ihn, »Soll ich dafür bis in die Hölle steigen?«
»Keine schlechte Idee.«
»Ja, und Sie zeigen mir den Eingang, Sir.« Ich war mittlerweile ziemlich sauer. Noch immer hatte ich keinen Blick in den Sarg werfen können. Ich mußte mich aber davon überzeugen, daß sich der Spiegel noch dort befand und mir sein Geheimnis offenbarte. Ich würde beim zweiten Versuch wohl nicht mehr angegriffen werden.
Sir James sagte nichts, als ich auf den Sarg zuging. Er kam mir nach, ging aber wesentlich langsamer, als hätte er Angst davor, einen Blick auf das Unmögliche zu werfen.
Dazu kam es wieder nicht.
Der Raum hier beinhaltete zwar nicht viele Gegenstände, aber ein Telefon gehörte dazu. Der Apparat hing an der Wand. Beim Yard mußte eben jeder telefonisch erreichbar sein, egal, wo er sich auch im Gebäude aufhielt.
Sir James ging hin, um abzuheben. Ich wartete im Hintergrund. Keiner von uns ahnte, daß es genau dieser Anruf war, der dem Fall eine neue Wende geben sollte…
***
Auch Glenda Perkins spürte einiges von der Mißstimmung, die sich ausgebreitet hatte. Sie wollte nicht behaupten, daß es eine schlechte Laune war oder eine Depression. Nein, es hing einfach mit diesem neuen Fall zusammen, durch den John Sinclair und Suko hatten gehen müssen wie durch eine Hölle.
Sie war nicht über Einzelheiten informiert worden, aber sie hockte lange genug im Vorzimmer, um sagen zu können, wann die Luft dick war und wann nicht.
Diese
Weitere Kostenlose Bücher