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0709 - Märchenfluch

0709 - Märchenfluch

Titel: 0709 - Märchenfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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austreiben können. Amory hatte aus dieser Misere nur die Lehre gezogen, dass er fortan besser auf seine Werke achtgab.
    Dass er nun auch sein einzigartiges Magazin mit Illustrationen anreicherte, war eher einem Zufall entsprungen. Amory hatte eines Nachts dagesessen und nach den geeigneten Worten gesucht, wobei sich seine rechte Hand einmal mehr verselbständigt und auf eine freie Stelle des vor ihm liegenden Papiers eine kleine Zeichnung gekritzelt hatte. Das war der Anstoß gewesen, die Geschichten mit Bildern anzureichern.
    Das raue Papier erwies sich auch für diesen Zweck als bestens geeignet. Es sog die Tusche gut auf und verlief ein wenig, so dass jeder Federstrich ein bisschen faserig aussah. Ein Effekt, der den Motiven Echtheit verlieh.
    Vor allem dem Wolf gereichte diese Wirkung zum Vorteil. Sein Fell, die Linien der monströsen Muskeln darunter, sahen dadurch so real aus, wie Amory es anderweitig nicht hinbekommen hätte.
    Beinahe mochte man meinen, der Wolf würde nicht nur aus Großmutters Bett, sondern aus dem Bild selbst herausspringen…!
    Ein wohliger Schauder rann Amory über den Rücken.
    Noch aber war der Wolf blind. Die Augen fehlten ihm, und an die machte sich Amory jetzt. Er wollte, dass ein Betrachter den Eindruck hatte, als würde einem der Blick des Wolfs überallhin folgen.
    Dazu verfiel Amory auf einen Trick. Mit einer Nadel stach er sich in den Finger. Das hervortretende Blut verwendete er als Tuscheersatz. Tröpfchenweise träufelte er es mit der Federspitze auf die Stellen des Papiers, die er für die Lichter des Wolfs ausgespart hatte. So entstanden zwei große, dunkelrote Tropfen, die wie winzige Halbkügelchen auf dem Papier saßen. Der flackernde Kerzenschein überzog sie mit hin und herwogendem Glanz, so dass es in der Tat aussah, als spähte der Wolf aus rot glühenden Augen lauernd umher.
    Es wirkte verdammt unheimlich, fand Amory, und wieder überlief ihn ein Frösteln.
    Aber diesmal empfand er es schon als weit weniger wohlig.
    Er legte die Feder beiseite, faltete die Hände auf der Tischkante und stützte sein Kinn darauf. Er wollte beobachten, ob der Effekt erhalten blieb, wenn die Blutstropfen trockneten.
    Seine Augen brannten. Die Zeichnung des aufspringenden Wolfs verschwamm vor Amorys Blick. Und mit jedem Mal, da er sie wieder klar sah, kam sie ihm realistischer vor, die Schatten tiefer, das ganze Bild räumlich, bis es ihm schien, als brauchte er nur die Hand vorzustrecken, um hineingreifen und das Fell des Wolfs berühren zu können.
    Dann erst bemerkte er, dass seine Hand im Begriff war, genau das zu tun…!
    Wie eine fleischige Spinne mit fünf Beinen kroch sie auf das daliegende Blatt zu, über den Rand hinweg - um dann in die Zeichnung zu fallen! Gerade so, als befände sich dort ein Loch. Von der winzigen Wunde seines Fingers löste sich ein Tropfen Blut, traf den Wolf, versickerte in seinem Pelz, und dann…
    Dann brüllte der Wolf auf! Seine Augen loderten mit einemmal wie Feuer hinter Glas.
    Das Untier löste sich aus der Erstarrung und schlug zu!
    Seine Pranke schoss aus der Zeichnung heraus, stieß nach Amorys Gesicht.
    Reflexhaft und mit einem leisen Schrei auf den Lippen fuhr er zurück. Zu langsam! Er spürte, wie ihm etwas sengend über die Backe strich und…
    Er wachte auf.
    Verdammt!, dachte er, nein - nein, nicht verdammt, sondern Gott sei Dank! Nur ein Traum, nur ein furchtbar echt wirkender Traum…!
    Er musste eingedöst sein, während er das Bild angestarrt hatte. Und dieses Fixieren hatte diesen abstrusen Traum verursacht. Das glaubte Amory, bis er das feine, stete Geräusch hörte. Irgendwo tropfte etwas.
    Dann sah er es - rote Kleckse auf der Tischplatte vor sich, deren Anzahl beständig zunahm.
    Eher unbewusst denn beabsichtigt fasste sich Amory an die Wange. Er spürte warme Nässe und ein unangenehmes Brennen. Und als er seine Finger wegnahm, waren sie rotverschmiert.
    Er sprang auf und hastete hinüber zu dem winzigen Spiegel, der über seiner Waschschüssel hing. Der Kerzenschein reichte, um ihn sein Spiegelbild erkennen zu lassen.
    Und die drei blutigen Kratzer, die ihm irgendetwas in die Wange gerissen hatte!
    ***
    Sie hatten sich nicht geirrt, Lucinda Snodgrass erzählte gern. Wie gebannt lauschten Zamorra und Nicole dem, was die alte Lady über den Wald um Fly Creek zu berichten wusste.
    Von dem Fluch sei bereits in den Legenden der Abnaki, die einst in dieser Gegend ansässig waren, die Rede gewesen, und schon in diesen Geschichten

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