071 - Gefangen in den Bleikammern
rascheren Zeitablauf. Für alle anderen blieb die Zeit quasi stehen. Coco rannte auf den Griechen zu und - entwand ihm das Schwert, das sie weit von sich schleuderte. Dann versetzte sie sich wieder in den normalen Zeitablauf.
Der Grieche starrte sie verständnislos an, dann merkte er, daß er das Schwert nicht mehr in den Händen hielt. Er stieß einen Wutschrei aus und ging auf Coco los.
Die ehemalige Hexe der Schwarzen Familie trat rasch einen Schritt zurück und hob beide Hände.
Sie konzentrierte sich auf den Griechen. Ihre Augen leuchteten, und innerhalb weniger Sekunden hatte sie ihn hypnotisiert.
Dorian löste Archers Fesseln.
„Danke", keuchte der Privatdetektiv, als ihm Dorian den Knebel abnahm. „Der Wahnsinnige wollte mich köpfen." Archer setzte sich auf und rieb sich den Hals. „Das war verdammt knapp."
Dorian winkte ab.
„Wie ist Ihr Name?" fragte Coco.
„Alex Kariotakis", antwortete der Grieche.
„Wo wohnen Sie?"
„Auf Kreta", sagte der Grieche.
„Weshalb sind Sie nach London gekommen?"
„Ophit verlangte es von mir. Ich mußte nach London fahren und dem neugeborenen Dämon ein Opfer darbringen."
„Wer ist dieser Dämon?"
„Ich weiß es nicht. Mir ist nur bekannt, daß ein unbekannter Dämon diesen Kind-Dämon nach sich selbst geformt hat."
„Wie sieht der Dämon aus?"
„Ich weiß es nicht."
„Wo lebt dieser Dämon?"
„Ich weiß es nicht."
„So kommst du nicht weiter", sagte Dorian. „Der Kerl weiß überhaupt nichts."
„Wissen Sie etwas über Don Chapmans Verschwinden?"
„Ich kenne keinen Don Chapman."
„Wer ist Ophit?"
„Der Dämon, dem ich gehorchen muß", antwortete der Grieche.
„Und wo haust dieser Ophit?"
„Auf Kreta."
„Na, immerhin etwas Vernünftiges", brummte Dorian. „Frage ihn nach dem Mädchen, mit dem er sich vor zwei Tagen getroffen hat, und ob er etwas über die Schlangensekte weiß!"
„Ein Mädchen lockte mich in die Falle", warf Fred Archer rasch ein. „Sie trug einen grünen Ledermantel und ein Kopftuch."
„Das könnte das Mädchen gewesen sein, mit dem sich der Grieche..."
Ein dumpfes Grollen war zu Hören. Die Wände wankten. Die Luft flimmerte plötzlich im Keller. Eine rote Riesenschlange erschien. Sie wand sich um den Leib des Griechen. Dorian schoß auf die Schlange, doch die Kugeln gingen wirkungslos durch den halb durchsichtigen Leib hindurch. Die Schlange war nicht real. Coco wollte eingreifen, doch sie kam zu spät. Der Schlangenleib löste sich so rasch wieder auf, wie er erschienen war.
Der Grieche fiel tot zu Boden.
„Was war das?" fragte Archer überrascht.
Der Dämonenkiller konnte sich nicht beherrschen. Er stieß einige ziemlich kräftige Flüche aus, kniete neben dem Toten nieder und untersuchte ihn flüchtig.
„Armer Kerl", sagte er leise, als er aufstand.
„Na hören Sie mal!" protestierte Archer. „Der Bursche wollte mir den Kopf abschlagen, und Sie bedauern ihn."
Coco schenkte dem Toten keine Beachtung. Sie wußte, daß der Grieche mittels Magie getötet worden war. Ihre Aufmerksamkeit wurde von der zweiten Statuette geweckt, die auf dem Altar stand. Sie hob sie hoch und betrachtete sie genau. Es war eine fußgroße Fayencestatuette.
„Sieh dir die Statue an, Dorian!" sagte Coco.
Der Dämonenkiller runzelte die Stirn.
„Eine Schlangengöttin", sagte er überrascht.
Die Statuette war nach der Mode der hochgestellten minoischen Frauen gekleidet: ein enges Mieder, das die hohen Brüste freiließ, dazu ein bodenlanger Rock. In jeder Hand hielt die Schlangengöttin eine sich windende Schlange.
„Die Ähnlichkeit mit dem Mädchen, das Don fotografiert hat, ist unverkennbar."
Der Dämonenkiller untersuchte die Statue genau. Seiner Meinung nach war sie nicht viel älter als fünfhundert Jahre. Er strich sich über den Schnurrbart. Irgend etwas Wichtiges hatte er übersehen.
Er dachte nach, doch es wollte ihm nicht einfallen. Er war sicher, daß es etwas mit seinem früheren Leben zu tun hatte, und konnte nur hoffen, daß es ihm noch rechtzeitig einfiel.
„Wir gehen", sagte Dorian.
„Und was ist mit dem Toten?" fragte Archer.
„Den lassen wir hier."
Archer fuhr nach Hause. Dorian hatte ihm gesagt, daß er das Haus nicht mehr überwachen sollte. Er war sicher, daß kein Anhänger des Schlangenkultes das Haus betreten würde.
„Wir sind keinen Schritt weitergekommen", sagte der Dämonenkiller mürrisch, während er in die Baring Road fuhr. „Von Don fanden wir keine Spur. Und die
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