0710 - Der Freund des Satans
Monstrum in einer Wolke aus dickem Rauch verging.
Tommy Li taumelte zurück. Die Spitze der Waffe schleifte dabei über den Teppich und schnitt ihn ein. Sie hinterließ eine Spur, einen Riß, der eine schlangenhafte Linie bildete.
Mit dem Rücken stieß Tommy Li gegen die Wand. Er konnte nicht mehr weiter, sank plötzlich zusammen, weil die Beine nicht in der Lage waren, sein Gewicht zu tragen.
Er fiel auf die Knie…
Relativ hart prallte er auf, stützte sich an dem Schwert ab und schwankte trotzdem von einer Seite auf die andere, aber er schaffte es noch, sich zu halten.
In seinen Augen sah es so aus, als wäre alles Leben aus ihnen gewichen.
Die Pupillen wirkten völlig glanzlos, seine Lippen waren trocken und zitterten. Schweiß lag auf seiner Stirn, er war völlig durcheinander und fühlte sich allein gelassen.
Wie lange er so gekniet hatte, konnte er nicht sagen. Irgendwann schmerzten ihm die Glieder so stark, daß er in dieser Haltung nicht mehr bleiben konnte.
Schwer kam er auf die Füße, wobei er das Schwert dabei als Stütze benutzte.
Schwankend stand er da. Ihm war schlecht, er mußte würgen, er schmeckte Galle im Mund.
Der Teufel hatte ihm weiß machen wollen, in sich selbst einen Sieger zu sehen, aber das war er nicht. Nein, er fühlte sich nicht so, er war kein Held, er war genau das Gegenteil davon.
Er hatte seien Vater verloren, und ihm war ein Traum namens Joanna entrissen worden.
Jetzt stand er allein, war ohne Freunde, denn die Männer, die für seinen Vater arbeiteten, würden ihm kaum gehorchen. Sie wußten oder ahnten zumindest, wie Vater und Sohn zueinander gestanden hatten. Seine einzige Chance war das Seelenschwert.
Er hob die Waffe an.
Dunkel funkelte und schimmerte der Stahl. Sein Gesicht zeichnete sich wieder zu einem Teil darin ab, als würde er in einen düsteren Spiegel schauen.
Und er konnte erkennen, daß er sich verändert hatte. Er war nicht mehr derselbe, wie vor einem Tag.
Haß durchflutete ihn, sein Gesicht war grausam verzerrt, und fühlte sich von Feinden umzingelt, auch wenn sie noch nicht zu sehen waren, aber er ging davon aus, daß sie ihn beobachteten.
Er hatte den Eindruck, daß die Schatten in diesem Zimmer lauerten, daß sie nur darauf warteten, ihn fressen zu können. Noch nie war er guten Mutes in den Raum des Herrschers gegangen. Jedesmal hatte er ihn nur mit klopfendem Herzen und einem großen Respekt betreten, doch eine derartige Furcht wie heute hatte er noch nie gespürt. Vielleicht hätte er das Monstrum nicht vernichten sollen, vielleicht hätte er es noch als Beschützer gebraucht…
Tommy Li schaute sich um.
Er rieb dabei über seine Augen, als wollte er den Schlaf aus ihnen entfernen.
Sein Blick klärte sich, auch die Furcht vor dem geheimnisvollen Schatten verschwand.
Tommy Li befand sich nicht in einer anderen Welt, sondern noch immer im Büro seines Vaters, dieser Kommandozentrale, aus der die Befehle gegeben worden waren, die so oft vielen Menschen Tod und Vernichtung gebracht hatten.
Das war jetzt vorbei, denn Tommy Li würde den Weg seines Vaters nicht weitergehen. Wenn sich der Tod des alten Li Choung herumgesprochen hatte, würde es Machtkämpfe um das Erbe geben und sicherlich auch wieder zahlreiche Tote.
Bisher wußte nur er Bescheid. Auch seine Leute hatten vom Ableben ihres Chefs nichts mitbekommen.
Was sollte er mit ihnen tun? Er wußte es nicht, als er sich in die Höhe stemmte. Das gesamte Haus gehörte ihm, auch der Garten, eigentlich alles, was sich hier befand.
Das große Fenster zog ihn an. Mit schlurfenden Schritten ging er darauf zu.
Die Scheibe zeigte eine Tönung. Von draußen war der Raum hier nicht so leicht einsehbar. Aber von innen konnte man ungehindert in den Garten schauen.
Da sah er die Gestalt!
Zunächst kamen Tommy Li wieder die Schatten in den Sinn, aber die waren nur die reine Einbildung gewesen, im Gegensatz zu diesem durch den Garten huschenden Schatten.
Ein Fremder, eine Gestalt…
Er ging jetzt schneller. Und plötzlich war er froh, das Seelenschwert bei sich zu tragen. Es würde ihm Schutz geben, er konnte sich damit effektiv verteidigen, er würde…
Der Schatten war weg!
Tommy Li atmete tief durch. Noch einmal erinnerte er sich an ihn, rief sich ins Gedächtnis, wie er ausgesehen hatte und zu welch einer Seite er gehuscht war.
Ja, das stimmte alles, er hatte sich nicht getäuscht. Dieser Schatten war kein Mann, sondern eine Frau gewesen.
Von Shao ahnte er nichts…
***
Vom Wagen
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