0710 - Der Freund des Satans
ich habe dir mein Vertrauen gegeben. Erweise dich dessen würdig. Du brauchst mich nicht mehr, denn durch das Schwert werde ich stets an deiner Seite sein.«
Mit einer schwungvollen Bewegung riß der Teufel seinen Dreispitz vom Kopf, verbeugte sich, behielt den Hut dabei in der Hand, und zog sich mit langen, sehr geschmeidigen Schritten zurück. Er sah so aus, als würde er gegen die Wand laufen, aber plötzlich war er verschwunden. Zurück ließ er eine stinkende Wolke, die sich graugrün über dem Fußboden drehte und dann zerflatterte.
Tommy Li starrte die Wolke mit leeren Blicken an. Er wünschte sich jetzt, den Teufel wieder zurückholen zu können, er sollte ihm sagen, wie er vorzugehen hatte, aber der Höllenherrscher dachte nicht daran, ihm zur Seite zu stehen.
Er blieb verschwunden.
Tommy Li schaute nicht nur gegen seine neue Waffe, er blickte auch auf die Leiche seines Vaters, die noch immer auf dem Schreibtisch lag. Ein Toter ohne Seele, einer, der keine Ruhe mehr finden würde, der für sein Leben bezahlt hatte.
Und doch war ein Teil seines Vaters noch bei ihm. Er befand sich in seinem Rücken, und Tommy Li konnte ihn riechen. Es fiel ihm schwer, sich umzudrehen und frontal gegen das Monster zu schauen, dessen Gesicht den Namen nicht verdiente, denn was da aus seinem Körper hervorwuchs, war ein kaum zu beschreibendes Etwas, ein Ungeheuer, ein Seelenfresser, der die gute Hälfte hinabschlang, wie Tommy Li inzwischen wußte.
Die Augen des Monsters sahen aus, als hätte jemand Blut in sie hineingeträufelt. Es glotzte den jungen Mann starr an, und Tommy spürte wieder den Anflug des Schreckens und des Grauens, der von dieser fürchterlichen Gestalt ausging.
Mit ihr zusammensein, hatte der Teufel verlangt?
Nein, das konnte Tommy Li nicht. Es war ihm nicht möglich. Wenn er das Seelenschwert einsetzte, wollte er allein sein, nicht in Begleitung dieses Kretins.
Sein Mund verzog sich, als er daran dachte, daß dieses Monster zudem ein Teil seines Vaters war.
Eine Hälfte Seele, vom Bösen übernommen und diktiert, das personifizierte Grauen, ein nicht abreißender Schwall des Schreckens, eine gestaltgewordene Erinnerung, die nicht länger so existieren durfte.
Als er daran dachte, durchzuckte ihn ein phantastischer Gedanke, der ihm im ersten Augenblick völlig irrational vorkam, bei näherem Nachdenken aber nicht so schlecht war.
Der Teufel hatte ihm das Schwert überlassen, er konnte und mußte es einsetzten, aber Asmodis hatte nicht gesagt, gegen wen er die Waffe einsetzten sollte.
Gegen den Rest seines Vaters zuerst? Dieser Gedanken wollte ihm einfach nicht aus dem Kopf. Je länger er darüber nachgrübelte, um so mehr setzte er sich fest. Mit einem Hieb konnte er es schaffen, all die Erinnerungen an das schreckliche Wirken eines Li Choung auszulöschen.
Einmal nur richtig treffen!
Obwohl er von diesem Vorschlag begeistert gewesen war, zögerte er noch, ihn in die Tat umzusetzen.
Das Monstrum starrte ihn an. Seine roten Augen schienen ihn durchdringen zu wollen und ihn gleichzeitig zu warnen, es nicht zu tun.
Tommy Li schüttelte den Kopf. An diesem Tag war seine bisherige Welt völlig auf den Kopf gestellt worden, denn nichts war mehr so wie zuvor.
Und auch sein Dasein im Camp, wohin ihn der Ruf der Joanna geholt hatte, war längst nicht so schlimm gewesen wie dies hier. Diese furchtbare Lage, die sich mit dem Tod seines Vaters keineswegs gelegt hatte.
Noch stand ein Rest vor ihm.
Und plötzlich brüllte Tommy Li auf. Es klang wie ein gewaltiger Urschrei, der lange genug im Verborgenen gelauert hatte und sich endlich freie Bahn verschaffen konnte.
Das Monstrum schrak nicht einmal zusammen. Es drehte sich auch nicht zur Seite, als Tommy Li das Schwert erst hoch über seinen Kopf riß und es dann nach unten rasen ließ.
So wie er seinen Vater »gespalten« hatte, so tat er es nun bei diesem bösen Seelenrest, und er schaute zu, wie die Klinge von oben nach unten durch den schrecklichen Körper des Monstrums jagte, und beinahe noch den Boden berührte, weil er eben eine so große Wucht hinter diesen Schlag gelegt hatte.
Es war einfach nicht zu fassen.
Es war grauenhaft, denn Tommy Li mußte mit anhören, wie dieses Geschöpf aufschrie.
Mit einer Stimme, die hoch und schrill klang, sich dabei fast überschlug, die ihm, dem jungen Mann, aber nicht unbekannt war, denn so hatte sein Vater geschrieen.
Ja, es war einzig und allein seine Stimme gewesen, die dann abrupt verstummte, als das
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