0710 - Der Freund des Satans
aufgehalten werden«, erklärte er uns, als wir ihn passierten.
»Danke.«
Sir James ging vor. Suko hielt sich dicht an meiner Seite. Er sprach, aber er flüsterte nur: »Ich hoffe, daß ich euch nicht weiter enttäuschen werde.«
»Du hast damit nichts zu tun.«
»Rede nicht, John. Ich bin Tommy Li gefolgt. Ich war in dem Camp, ich habe die verdammte Truhe entdeckt, und ich bin es gewesen, der einfach zu unvorsichtig war. Ich hätte alles erkennen müssen, aber ich schaffte es nicht einmal, über meinen eigenen Schatten zu springen und mich Asmodis zu stellen.«
»Du hast das Kreuz, John!«
»Na und? Gegen einen heimtückischen Schlag auf den Kopf bin ich nicht gefeit.«
»Danke, daß du mir Mut machen willst.«
»Den brauchen wir alle.«
Sir James hatte den Lift herbeigeholt. Im Flur war es ruhig. Nur aus einem entfernt liegenden Büro hörten wir lautere Stimmen, Kollegen verhörten dort eine Frau, deren schrille Stimme auch durch die verschlossene Bürotür drang.
Wir stiegen in den Lift.
Sir James drückte den Knopf. Er kam mir vor, als würde er neben sich selbst stehen. Seine Bewegungen wirkten eckig und gleichzeitig auch fahrig. Sukos Schicksal mußte ihm unheimlich an die Nieren gegangen sein, das stand fest.
Wir rauschten in die Tiefe.
Keiner sprach mehr. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach, die sich allerdings nur um ein Thema drehten, eben um diesen verfluchten Fall, um Sukos Schicksal und natürlich um das Seelenschwert, von dem wir nicht wußten, wer es besaß.
Noch lief das Spiel nach den Regeln des Teufels ab. Ich aber wollte dafür sorgen, daß dies sich bald änderte und wir das Sagen hatten. Wir verließen den Lift.
Das heißt, ich drückte Suko rasch wieder zurück, so daß er hinter mir stand, weil ich Schritte gehört hatte. Ein Kollege passierte die Tür, schaute uns an, grüßte, ging vorbei. Da er sich nicht umschaute, konnte das Kind Suko die Kabine verlassen.
Kalte Luft umwehte uns. Der Keller hier unten war klimatisiert. Die nackten, sehr kahlen Wände stießen mich ab. Diese Etage unter der Erde besaß den Charme eines Leichenschauhauses.
Das kalte Licht der Leuchtstoffröhren ließ unsere Gesichter teigig aussehen und zeichnete jede Falte nach. Hier unten konnte sich niemand wohlfühlen, auch uns erging es so.
Vor der entsprechenden Tür blieb mein Freund stehen. Über seinen Kopf hinweg griff Sir James und öffnete.
Ich war auf alles gefaßt, als wir den Raum betraten. Meine rechte Hand umfaßte den Griff der Beretta, aber es hatte sich nichts verändert. Nach wie vor stand die Truhe unberührt in der Mitte. Sie war nicht um einen Millimeter verschoben worden.
Ich schloß die Tür. Im Magen spürte ich einen leichten Druck, als wären mehrere Hände dabei, ihn zusammenzupressen. Das Luftholen fiel mir schwer, irgendwo befand sich dicht unterhalb der Luftröhre eine verfluchte Sperre.
Ich schaute mir die Truhe an. Sie sah so verdammt harmlos aus. Jeder Antiquitätenhändler hätte an ihr seine Freude gehabt, denn es war ein altes Stück.
Direkt über ihr an der Decke leuchtete die Lampe. Auch sie verstrahlte ein kaltes Licht, das direkt auf die Truhe fiel.
Ich schaute Suko an.
Er lächelte, obwohl ihm bestimmt nicht danach zumute war. Den Stab hielt er fest, wie einen Rettungsanker. Als er mich fragte, klang seine Stimme schwach. »Ich möchte dich ja um nichts bitten, John, aber eine kleine Bitte habe ich schon.«
»Okay, welche?«
»Wenn ich in die Truhe steige, dann möchte ich meinen Stab mitnehmen. Gestattest du das?«
»Sicher.«
»Nicht die Peitsche. Du kannst sie behalten. Ich will nur den Stab haben.«
»Könnten Sie sich denn vorstellen, was Ihnen widerfährt?« erkundigte sich Sir James.
»Ich weiß es nicht, Sir. Ich hoffe nur, daß mich meine Helferin nicht im Stich läßt.«
»Sie hoffen also auf Shao?«
»So ist es, Sir.«
»Gut, Sie werden von mir keine Schwierigkeiten bekommen.« Sir James wandte sich an mich.
»Dann öffnen Sie die Truhe, John, und tun Sie es bitte sofort.«
Auch Suko hatte nichts dagegen. Er nickte mir sogar aufmunternd zu. Ich brauchte nur wenige Schritte vorzugehen. Direkt neben der Truhe blieb ich stehen und mußte einfach noch einmal tief Luft holen. Über meinen Körper lief eine Gänsehaut.
Ich kam mir vor wie jemand, der vor einem Wendepunkt in seinem Leben steht.
Es gab nur zwei Möglichkeiten.
Das Richtige oder das Falsche!
Ich bückte mich. Der Deckel ließ sich leicht anheben. Ich schaute sofort
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