0710 - Raumschiff in Fesseln
erwiderte Parsena, wischte sich Schweiß von der Stirn und stach mit einer langen Nadel in den Braten. Kishin hatte dieses Tier selbst geschossen; es glich auf frappierende Weise einem terranischen Rotwild, dessen Bild er von seinen privaten Studien kannte.
„Die andere Hälfte hat dieses Vergnügen die letzte Nacht genossen!" schränkte Kishin ein und riß den diamagnetischen Saum seines Hemdes bis zum Gürtel auf. „So könnte ich alle Tage leben!"
Sie setzten sich rund um den Stein. Bierdosen wurden mit zischenden Geräuschen geöffnet. Zwei schwere Lastengleiter voller unbekannter Materialien rasten fast geräuschlos hundert Meter über den Körpern der Pseudobüffel, den rasend arbeitenden Robots und Anlagen und dem Feuer hinweg, in die Richtung des riesigen Schiffes. Eine Brotkonserve wurde geöffnet, und die Pioniere begannen lachend, ihre Messer am Stein zu schleifen. Sechs Mädchen und sieben Männer warteten darauf, daß der Braten fertig würde - das Schleifen der Messer war überflüssig und hatte lediglich symbolische Bedeutung.
„Nicht nur du, Kish!" rief jemand.
Noch mehr Bierdosen wurden auf den Stein gestellt, dann stand Kishin auf, nahm mit dicken Schutzhandschuhen seines Raumanzugs den Spieß aus den Astgabeln und legte ihn mit einem Ende auf den Stein. Parsena begann, den dunkelbraunen Braten mit den verschrumpelten Fettstreifen und der würzig riechenden Kruste auseinanderzuschneiden. Es gab riesige Portionen. Schweigend und zur Musik, die aus dem kleinen Recorder kam, aßen sich die Pioniere satt. Mehr und mehr leere Bierdosen sammelten sich in dem rechteckigen Loch, in das sie ihre Abfälle seit zwei Tagen geworfen hatten. Zwei Stunden später sagte Kishin schläfrig und zufrieden: „Verliert euch in der Gegend! Laßt uns allein! Die nächsten sieben Stunden habe ich wohlverdiente Freizeit, und man darf mich nur wecken, wenn Rhodan persönlich kommt oder die Roboter durchschmoren. Klar?"
Lachend löste sich die Gesellschaft auf. Eine leere Bierdose wurde in das Loch geworfen und prallte klappernd auf die anderen geleerten Dosen.
4.
Zeit: 9. Juli 3578 - elf Uhr zwanzig Ort: Programmierungszentrale SENECA Mission: Letzte Kontrolle der Lademengen Das Summen, mit dem die schweren Sirenen der SOL langsam ausliefen, verklang. Sämtliche Maschinen, alle Roboter, ob beweglich oder stationär, befanden sich wieder im Schilf. Die Laderäume waren voll.
„Es sind nur noch einige Kommandos der Pioniere mit schweren Gleitern draußen", sagte Deighton. Langsam glitt sein Blick über die verschiedenen Anzeigen. SENECA hatte die Fehlmengen mit den Mengen der eingebrachten Materialien verglichen und die abschließenden Zahlen ausgeworfen.
Zwischen zehn und sieben Prozent waren die Mengen übererfüllt worden. Das Schiff war gerüstet, den Weiterflug zum Solsystem zu unternehmen.
„In ein paar Stunden können wir im Raum und auf dem Flug sein", sagte Rhodan. „Eigentlich sollten wir eine Woche lang hier bleiben und der Besatzung Gelegenheit geben, sich von den Mücken perforieren zu lassen."
Aber sie wußten, daß dies gefährlich war.
Bis jetzt war das Gleichgewicht zwischen anstrengender Arbeit und glücklichen Stunden der Erholung gewahrt geblieben. Wenn erst Tausende von Besatzungsmitgliedern ausschwärmten, sich im Gelände verloren, wenn die ersten Unfälle passierten und einzelne Menschen freiwillig beschlossen, ihr Leben auf diesem unbewohnten Planeten statt im Schiff zu verbringen, dann war der Aufenthalt ein Mißerfolg. Bis jetzt aber stand alles zum besten. Rhodan hatte beschlossen, Startbefehl zu geben.
Er drückte einen Schalter und sagte: „Funkzentrale!"
Sofort erhellte sich ein Bildschirm. „Wir sind von ES gewarnt worden", sagte Rhodan unvermittelt. „Ich bin sicher, daß es richtiger ist, sofort zu starten. Rufen Sie bitte nacheinander die Teams der Pioniere zurück. Niemand darf zurückbleiben!"
„In Ordnung, Sir. Wir stehen mit den sieben Gruppen in Funkkontakt."
„Wir starten in zwei Stunden!" schloß Rhodan. „Ich werde die Zeit sofort bekanntgeben."
„In Ordnung!"
Die Luken der Schleusenhangars waren geschlossen. Das Schiff war gelüftet und gereinigt. Sämtliche Tanks waren gefüllt, in den Fesselfeldern ruhten sicher die Brennstoffelemente, und die telepathische Warnung schien von allen vergessen oder verdrängt worden zu sein.
Selbst die Vorräte der meisten Korvetten und Beiboote waren ersetzt und ergänzt worden. Die Besatzungsmitglieder
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