0712 - Der Mumienfluch
Opfern.
Dies wiederum gab mir Hoffnung…
Er ging weiter. Noch vier, fünf Stufen, dann hatte er die Treppe hinter sich gelassen.
Meine Beretta hielt ich nicht fest. Ich hatte vielmehr mein Kreuz in der Faust verborgen, denn das war eigentlich die einzige und letzte Chance.
Aus dem Hintergrund hörte ich die Stimme der Jünger, wie sie sangen und sich gegenseitig aufmunterten.
Das echte Geschehen aber spielte sich hier ab.
Und es begann mit einem Angriff gegen mich. Blitzschnell schleuderte mir die Mumie den leblosen Körper meines Freudes entgegen. Er wirbelte in Kopfhöhe auf mich zu, schwang oder beschrieb dabei einen Halbkreis, und seine Füße hätten mich in Höhe des Gesichts erwischt, wenn ich stehengeblieben wäre.
Aber ich tauchte zur Seite, so daß mich der Körper des FBI-Agenten verfehlte.
Dann aber kam der Killer.
Aus seinen Binden schauten die gekrümmten Hände hervor. Erst jetzt sah ich, daß es regelrechte Pranken waren, die sich in meinen Körper schlagen wollten.
In den Öffnungen des Gesichts leuchteten tückisch und mordlüstern die Augen. Die wilde Gier auf Blut und Vernichtung trieb dieses uralte Relikt auf mich zu.
Ich wich nicht aus!
Aber ich hatte mein Kreuz, und dieses Metall war ebenfalls mit einem uralten Symbol versehen, dem Allsehenden Auge, dessen Kraft konträr zu der der Mumie stand.
Es war da, es spürte die Feinschaft, und es ›hörte‹, wie ich seine Kraft durch das Sprechen der Formel mobilisierte.
»Terra pestem teneto - Salus hic maneto!«
Das war der Spruch, und das war der Sieg!
***
Die Mumie war gegen mich gefallen. Ich hatte es auch provoziert, denn ich wollte ihr keine Chance mehr einräumen. Ich spürte den Körper, der unter den fettigen Binden hart wie Stein war. Er drückte mich zurück, aber hatte die Aktivierung des Kreuzes und des bestimmten Symbols nicht verhindern können, dann endlich war ich nahe genug an diesen Killer herangekommen.
Dann rammte ich mein Knie in die Höhe, während ich gleichzeitig auf den Rücken fiel, auch so liegenblieb, denn ich mußte einfach zuschauen, was mit dem Killer geschah.
Die Mumie taumelte zurück.
Das Kreuz und damit das alte Symbol hatte sie in der Brustmitte erwischt.
Und genau dort leuchtete der Abdruck!
Ein Dreieck, ebenfalls eine Art Pyramide, in der sich ein Auge befand.
Und das glühte wie im Feuer der Hölle. Es brannte sich in den untoten Körper hinein, es höhlte ihn aus, es besaß eine fast grenzenlose Kraft und sprengte die Binden der Gestalt, die über Jahrtausende gehalten hatten.
Sie peitschten weg wie Schnüre und hatten den Boden kaum erreicht, als sie schon zu grauem Staub auseinanderfielen.
Der Körper, schwarzgrau, wie alter Beton, sank in die Knie. Zum erstenmal sah ich ihn nackt, und ich bekam auch mit, wie von dem Abdruck in der Brust aus sich die Kraft des Allsehenden Auges innerhalb des Körpers ausbreitete und ihn radikal vernichtete.
Ja, sie zerstörte ihn, sie zerriß ihn, sie peitschte ihn auseinander und verbrannte ihn letztendlich mit einem Zischen.
Rauch und Reste. Mehr blieb von diesem Killer nicht zurück.
James Corall aber lebte noch. Und sein Stöhnen ließ mich auf die Füße kommen.
Er saß noch immer an der Treppe, hatte den rechten Arm erhoben, ich dachte wieder an den gefährlichen Pfeil, doch diesmal kam ich zu spät. Ich konnte ihn nicht mehr retten, denn die silberne Spitze verließ die Mechanik unter dem Ärmel und raste von der Seite her tief in seinen Kopf hinein.
Dann sackte der Arm nach unten. Und dieses Sacken breitete sich auf den gesamten Körper des Mannes aus. Mit einem leeren, glasigen Blick in den Augen fiel er zur Seite.
Tot blieb er liegen.
Tot wie Abe Douglas?
Ich kümmerte mich um ihn, ich zerrte ihn hoch, sah seine geschwollene rechte Gesichtshälfte, das Blut in den Haaren, und hörte auch ein leises Stöhnen, das über seine Lippen floß.
Er lebte. Wahrscheinlich hatte er nur eine schwere Gehirnerschütterung zurückbehalten. Wie ich Abe Douglas kannte, würde er die bestimmt überstehen.
Es war geschafft, ich konnte jubeln, ich konnte mich freuen, aber dieses Gefühl wollte nicht aufkommen.
Nicht - solange mein Freund Suko noch unter seiner schrecklichen Veränderung litt. Deshalb drängte es mich wieder zurück nach London, um zu erfahren, was dort in der Zwischenzeit geschehen war…
ENDE
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