0712 - Der Mumienfluch
Mr. Sinclair?« erkundigte er sich freundlich.
»Lieber nicht. Ich glaube nicht daran, daß es eine sehr freundliche Unterhaltung werden wird.«
Er enthielt sich eines Kommentars, hob nur die Schultern und ließ es zu, daß ich mich in Ruhe umschaute.
Ich konnte nichts Gefährliches entdecken. Dieser Ort war ebenso hell, freundlich und licht wie auch die übrigen Räumlichkeiten innerhalb der Pyramide.
Ein breiter Gang führte zu den Räumen, deren Trennungen aus leicht durchsichtigen Wänden bestanden, und ich sah nicht weit entfernt eine geschlossene Tür, hinter der ich das Büro des Mannes vermutete.
Still war es nicht.
Flüsternde Stimmen erreichten wie ein Windhauch meine Ohren. Untermalt von sehr leiser, sphärenhafter Musik, die sich ebenfalls in die Gedanken der Menschen hineindrängen sollte, um sie von allem Ballast zu befreien.
Es wirkte so nett, so harmlos, aber hinter dieser Fassade lauerte der vielfache Tod.
»Wo befindet sich die Mumie?« Ich steuerte geradewegs auf mein Ziel zu.
Corall hob die Schultern. »Was meinen Sie damit?«
»Gut, dann werde ich Ihnen eine andere Frage stellen. Ich habe hier einen Freund von mir erwartet, einen gewissen Abe Douglas. Ich möchte von Ihnen wissen, wo er sich aufhält.«
James Corall drückte seine Fingerspitzen gegen die Brust. »Das wollen Sie von mir wissen?«
»So ist es.«
»Aber ich kann es Ihnen nicht sagen. Ich bin nicht für Ihre Freunde verantwortlich. Ich kenne meine Jünger mit Namen, aber ein Abe Douglas ist nicht darunter. Auch wenn es sich nicht geziemt, sie zu stören, aber gehen Sie hin zu den meditierenden Menschen und stellen Sie Ihre Fragen. Sie werden keine…«
Ich wollte mich nicht länger an der Nase herumführen lassen, packte mir den Knaben in Brusthöhe und preßte dort den Stoff seiner Kutte zusammen.
»He, was…?«
Ich schüttelte ihn durch. »Jetzt hör mir mal zu, Corall. Ich bin nicht gekommen, um mich auf den Arm nehmen zu lassen. Und schon gar nicht von einer Type wie Ihnen. Ich will wissen, was Sie mit meinem Freund gemacht haben und wo die verfluchte Killer-Mumie steckt?« Bei jedem Wort schüttelte ich die Gestalt durch.
»Was unterstehen Sie sich…?«
Ich schleuderte ihn mit dem Rücken gegen die Wand, riß dann die Bürotür auf, schaute in einen leeren Raum, drehte mich wieder um, und mir entging sein feistes Grinsen nicht.
Einen Moment später hielt ich seinen rechten Arm fest. »Sie können sich benehmen, wie Sie wollen, Corall, nur glaube ich Ihnen kein einziges Wort, verstehen Sie?«
»Nein… ja, aber…«
»Es gibt kein Aber, verflucht! Ich will von Ihnen die Wahrheit wissen. Es hat Tote gegeben, zu viele Tote, und Sie sind die Figur im Hintergrund. Sie haben die Mumie unter Kontrolle. Auf Ihren Befehl hin ist sie losgezogen, um die Morde zu begehen. Den letzten hat sie nicht geschafft, denn Sarah Wingate lebt. Ich habe Ihren altägyptischen Killer stoppen können, verstehen Sie? Und jetzt bin ich hier, um mir den verfluchten Rest zu holen.«
Mit jedem Wort, das ich ihm entgegenschleuderte, war er einen Schritt zurückgetreten. Da ich ihn nicht mehr berührte, konnte er sich bewegen, und seine Arme glichen dabei schmalen Schwingen, wie sie auf- und abglitten.
Eine Wand stoppte ihn.
Keiner kam ihm zu Hilfe. Seine Jünger waren mit sich selbst beschäftigt oder befanden sich bereits auf einem Trip in andere Sphären. Sie waren harmlos, hatten mit den schrecklichen Taten der Mumie nichts zu tun. Mir aber ging es um den Anführer, den Aufrührer, denjenigen, der dank alter, magischer Kräfte etwas hergestellt hatte, das es nicht geben durfte. Ich mußte die Killer-Mumie finden, und ich war sicher, daß sie mir in diesem Bauwerk über den Weg laufen würde, denn ein anderes Versteck kam für sie einfach nicht in Frage.
»Nun…?«
»Verdammt, Sinclair!« heulte er und ging zum erstenmal richtig aus sich heraus. »Sehen Sie hier eine Mumie? Sehen Sie hier Ihren Freund? Sie werden nichts…«
Ich drückte ihn weiter. Er ging zurück. Tauchte ein in ein diffuses Lichtdreieck, das aus einer Deckenleuchte fiel und einen türkisfarbenen Schleier schuf.
Und dann sah ich die Treppe.
Sie beendete praktisch den Gang, war sehr lang, denn sie führte zu dem Teil der Pyramide, der im oberen Drittel lag und von außen auch nicht einsehbar gewesen war.
Das mußte es sein. Ja, das war es. Für mich kam keine andere Lösung in Betracht.
James Corall war nicht dumm. Er hatte an meinem Blick erkannt, daß ich
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