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0714 - Kinder der SOL

Titel: 0714 - Kinder der SOL Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Computer antwortete diesmal mit deutlicher Verzögerung.
    Er sagte: „Darüber liegt keine Information vor, Sir. Es wurde auch kein Reim der von Ihnen genannten Art gespeichert, und auch eine Abspielung wurde nicht registriert."
    Deighton blickte Hellmut an und fragte: „Spinne ich, Mr. Hellmut?"
    Joscan Hellmut schaute den Gefühlsmechaniker fragend an.
    „Ich habe den Ausdruck ,spinnen' schon mehrmals gehört, Sir, aber ich kenne seine Bedeutung nicht", erwiderte er.
    „Das kommt davon, weil Sie fast nur mit Romeo und Julia reden und kaum mit Menschen", erklärte er. „Der Ausdruck ,spinnen' bedeutet ungefähr soviel wie Unsinn reden oder Fieberphantasien als Realität auszugeben."
    „Ich verstehe!" rief Joscan Hellmut aus. „Also etwa das gleiche, wie Datensalat ausdrucken."
    „Genau!" erwiderte Deighton trocken. „Von Ihnen mußte ja ein Vergleich aus der Kybernetik kommen, Mr. Hellmut. Was hatte ich überhaupt gefragt?"
    „Sie wollten von mir wissen, ob Sie spinnen, Sir."
    „Richtig", meinte Deighton. „In diesem speziellen Fall sollte das bedeuten, ob ich mir diesen kindischen Reim nur eingebildet habe."
    „Nein, Sir, ich habe ihn auch gehört", erklärte Joscan Hellmut.
    „Aber SENECA hat noch nie ein Ei gelegt. Eier kommen doch aus den Versorgungsautomaten, Sir."
    Galbraith Deighton blickte den jungen Kybernetiker eine ganze Weile prüfend an, weil er glaubte, Hellmut wollte ihn auf den Arm nehmen. Endlich begriff er, daß Joscan Hellmut tatsächlich annahm, Eier würden von den Versorgungsautomaten der SOL hergestellt - beziehungsweise gelegt.
    „Natürlich hat SENECA noch nie ein Ei gelegt, auch wenn er zur Erzeugung jedes Eies genauso beiträgt wie zur ständigen Klimatisierung der SOL", sagte er. „Um zum Thema zurückzukehren: Wie erklären Sie sich die Behauptung des Bordcomputers, er hätte den bewußten Reim weder gespeichert noch abgespielt?"
    „Sie haben sich falsch ausgedrückt, Sir", entgegnete Joscan Hellmut. „Der Bordcomputer hat lediglich ausgesagt, er hätte eine Abspielung des Reimes nicht registriert. Damit brachte er zum Ausdruck, daß er es nicht für undenkbar hält, daß er etwas abspielt, ohne den Vorgang im gleichen Augenblick zu registrieren."
    „Wäre das denn möglich?" erkundigte sich Deighton.
    „Selbstverständlich, Sir", antwortete der Kybernetiker.
    „Angenommen, ein Registrierautomat des Bordcomputers fällt aus, dann wird seine Funktion sofort vom nächsten Ersatzautomaten übernommen. Dennoch gibt es einen kurzen Blackout, der bewirken könnte, daß ein Vorgang, der nur wenig Zeit beansprucht, nicht registriert wird."
    „Hm!" machte Deighton. „Das leuchtet mir ein, Mr. Hellmut.
    Aber da bleibt immer noch die Frage, wer den verflixten Reim in den Bordcomputer eingespeichert hat und warum, zum Teufel noch einmal!"
    „Bitte, regen Sie sich nicht auf, Sir", sagte Hellmut. „Das könnte Ihrem Blutdruck schaden."
    „Ich will mich aber aufregen!" schimpfte der Gefühlsmechaniker.
    „Jemand versucht, einen Narren aus mir zu machen. Erst muß ich diesen blöden Reim aus dem ENB von Dr. Hershan hören, und dann plärrt sogar der Hauptcomputer der BRESCIA diesen Unsinn nach. Ich könnte aus der Haut fahren."
    Er wollte noch eine Frage an den Kybernetiker stellen. Doch Joscan Hellmut hatte sich bereits entfernt.
    „Ich will einen Besen fressen, wenn Romeo und Julia nicht ihre Hände in diesem Spiel haben!" flüsterte Galbraith Deighton.
     
    *
     
    Der Gefühlsmechaniker überlegte, ob er nach dem Ausfall der Funkverbindung lieber umkehren sollte, sagte sich dann jedoch, daß damit nichts gewonnen wäre.
    Im Gegenteil, es konnte sein, daß genau das beabsichtigt war.
    Die Gedankengänge einer Hyperinpotronik ließen sich von einem Menschen vielleicht intuitiv erraten, aber niemals systematisch nachvollziehen. Das war auch mit Hilfe des Bordcomputers der BRESCIA nicht möglich, der im Vergleich zur geistigen Kapazität von SENECA nicht mehr war als eine terranische Ameise im Vergleich zu Albert Einstein.
    Galbraith Deighton leitete also folgerichtig das erste Linearmanöver ein. Er beobachtete während der gesamten Linearetappe sehr aufmerksam die Instrumente, um jede Abweichung sofort zu erkennen. Doch alles verlief programmgemäß.
    Als die BRESCIA in den Normalraum zurückfiel, atmete Deighton erleichtert auf.
    Er stellte eine Interkomverbindung zur Ortungszentrale her und sagte: „Kommandant an Ortung. Erbitte schnellste Ermittlung der Positionsdaten.

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