0716 - Der Flammen-Friedhof
diese Unruhe nicht allein auf das Geistige beschränkt blieb.
Die Gedanken der Verfluchten mussten einfach sichtbar werden.
Und dies geschah im übertragenen Sinne durch geheimnisvolle Bilder und Strömungen.
An manchen Stellen standen die alten Grabsteine so dicht, dass der Untergrund zwischen ihnen regelrechte schwarze Inseln bildete.
Stockdunkle Flächen, wie mit Farbe bestrichen.
Aber die hellten sich auf.
Aus der Tiefe zuckte es hervor. Rötlich und gelb. Mal heller, mal dunkler. Kleine Flammenzungen, als wären zahlreiche Hände dabei, Feuerzeuge anzuknipsen und die Flammen schnell wieder verschwinden zu lassen. Sie zuckten immer wieder an verschiedenen Stellen auf und hatten den gesamten Friedhof erfasst.
Wer diesen Gedanken weiter verfolgte, musste einfach zu dem Schluss kommen, dass unter dem Friedhof noch eine zweite geheimnisvolle Welt lag, die sich auf diese seltsame Art und Weise meldete.
Und dort, wo die Feuer-Zombies in die Erde gekrochen waren, zeichneten sie sich dann auch immer wieder kurz im Schein der Feuerzungen ab. Sie lagen in der Erde, sie sahen aus wie starre Gestalten, die irgendwann eingefroren waren.
Einer nur lag auf dem Rücken. Die anderen auf der Seite, und auch über ihre Gesichter zuckten die Flammen, sodass die Haut aussah wie eine glühende Herdplatte.
Lilian Taylor hatte so etwas noch nie erlebt. Immer wieder versuchte sie, dies alles zu interpretieren, doch sie kam zu keinem Resultat. Das durfte es einfach nicht geben. Das war verrückt und sie empfand es sehr deutlich als eine Warnung.
Gefahr lag in der Luft!
Als ihr dieser Gedanke kam, fühlte sie sich irgendwie wohler. Diese Flammen richteten sich nicht gegen sie, die den Friedhof und dessen Geheimnis entdeckt hatte, nein, das Feuer wollte sie vor verschiedenen Gefahren warnen, und da fielen ihr eigentlich nur die beiden Männer ein, die ihr gefährlich werden konnten.
Sinclair und Conolly!
Ihr Hass gegen sie war ebenso glühend wie das Feuer. Er brannte Löcher in ihre Seele, er sorgte dafür, dass sie nicht an sich und dem Feuerfriedhof zweifelte.
Sie kam sich vor, als würde sie über einen hin und wieder aufzuckenden Glutteppich schreiten, als sie den Weg zwischen den Steinen nahm, um den Rand des Friedhofs zu erreichen.
Wenn die kleinen Flammenzungen direkt neben den dunklen Steinen in der Erde aufzuckten, dann ergoss sich ihr Widerschein auch in die Höhe und glitt wie ein schneller Pinselstrich selbst außen an dem dunkelgrauen Fels in die Höhe.
Auch Lilian wurde hin und wieder vom Widerschein erfasst und in ein gespensterhaftes Wesen verwandelt. Sie fühlte sich sehr unwohl. Zum ersten Mal seit langem allerdings. Sonst hatte ihr dieser Friedhof stets eine gewisse Sicherheit gegeben, das war nun anders.
Nicht, dass sie sich auf einem feindlichen Gelände bewegt hätte, aber das Zittern vor einer neuen Gefahr war nicht zu verleugnen. Sie überlegte, was sie falsch gemacht haben könnte, dachte an ihren Helfer Bob Frenzel und daran, dass sie ihn vielleicht hätte zurückrufen sollen. Er hätte ihr jetzt beistehen können.
Stattdessen war er verschwunden, lag irgendwo zwischen den Bäumen auf der Lauer, ohne eine Chance zu haben, sie warnen zu können. Es war einiges verkehrt gelaufen und dieser alte Friedhof merkte es.
Lilian wand sich an dem letzten Stein vorbei. Ihre Hand glitt über den Fels. Dabei hatte sie den Eindruck, als wäre dieser mit einem anderen Leben erfüllt, das nicht von dieser Welt stammte. Das dumpfe Gefühl hockte in ihrem Nacken wie ein breites Schwert und drückte immer tiefer.
Sie geriet ins Schwitzen, auch ein Zeichen der inneren Furcht, ging noch zwei Schritte und blieb dann stehen.
Die Position war günstig. Von diesem Ort aus konnte sie bis zum Waldrand schauen, wo ebenfalls die Schatten zwischen den Bäumen lagen wie dunkle Tücher.
Keine Spur von Bob Frenzel!
Er hatte dort alle Möglichkeiten, sich zu verstecken. Er würde zum Friedhof hinschauen, dessen war sich Lilian sicher, aber er gab sich mit keinen Zeichen zu erkennen.
Warum nicht? Hatte er die Gefahr nicht erkannt? Oder war er möglicherweise ausgeschaltet worden?
Dieser Gedanke beunruhigte sie noch mehr und sie schrak wieder zusammen. Hinter ihr flackerte der Friedhof und seine Unruhe nahm von Sekunde zu Sekunde zu.
Lilian wusste, dass etwas passieren würde. Es lag einfach in der Luft, und es würde etwas Entscheidendes sein.
Doch wo?
Sie wusste es nicht, drehte sich um und erstarrte. Vor ihr stand eine
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