0716 - Vyrna, die Grausame
wirklich helfen konnte.
Aber Madhod quälte sich noch ein paar Worte ab. Er schien etwas Dringendes auf dem Herzen zu haben.
»Ich - verletzt. Zamorra - hat keinen - keinen Sekundanten mehr.«
»Das ist nicht schlimm«, meinte Nicole. »Der Chef hat sich ganz alleine aus den unmöglichsten Situationen gerettet, glaube mir.«
»Nein…«, röchelte der Wolf. »Nicht gerecht… Woida… Vyrnas Sekundant… muss auch weg… dann… dann hat Zamorra bessere Chance…«
Nicole überlegte. Madhod meinte offenbar, dass jemand Woida aus dem Verkehr ziehen sollte. Damit beide Duellanten mit gleichen Chancen ins Duell gingen. Das leuchtete ihr ein. Da gab es nur ein Problem. Diese Vyrna verstand es, sich bis zum Duell unsichtbar zu machen und nur dann blitzartig aufzutauchen, wenn man am wenigsten mit ihr rechnete.
Wie stand es mit diesem Woida?
»Weißt du, wo ich Woida finde?«, fragte sie Madhod laut und deutlich.
Der Wolf verriet, wo der grässliche Dämon Woida normalerweise sein Unwesen trieb.
Dann sank er wieder in die Ohnmacht zurück. Nicole trocknete ihm den kalten Schweiß aus dem Fell.
Sie wusste jetzt, was sie zu tun hatte.
In diesem Moment kam Cedios Sohn mit einer kleinen alten Frau zurück. Sie trug eine nach Kräutern duftende Tasche, die fast größer war als sie selbst.
»Das ist ja ein Phagdor!«, rief sie fassungslos. »Wer verletzt denn einen Phagdor?«
»Jemand, der das noch bitter bereuen wird!«, gab Nicole knurrend zurück.
***
Die Dämonenjägerin hatte die Gunst der Stunde genutzt. Während Zamorra sich in eine Halbtrance versetzt hatte, um per Zeitschau den Angriff auf Madhod nachzuvollziehen, hatte sich Nicole davongemacht.
Das war normalerweise nicht ihre Art. Aber sie hatte bei dieser Duell-Geschichte schon viel zu lange die Hände in den Schoß legen müssen. Und das gefiel ihr erst recht nicht. Nicole Duval war eine Frau der Tat, und es fehlte ihr weder an Mut noch an Intelligenz.
Sie würde Woida stellen und erledigen.
Das hatte sie sich fest vorgenommen. Und da sie nicht stundenlang mit Zamorra über diesen Plan debattieren wollte, war sie einfach verschwunden.
Ganz ohne Vorbereitungen war das natürlich nicht abgelaufen. Doch es ging schneller, als sie befürchtet hatte.
Zunächst galt es, den Ort zu finden, an dem sich Woida normalerweise herumtrieb. Das war einfach. Laut Madhod war es der Dornenwald, an dessen Rand sie die Leiche von Babette de Fries gefunden hatten.
Den Weg dorthin kannte Nicole. Sie brauchte ja nur vom Wehrdorf in die Richtung zu gehen, wo sie aus dem seltsamen U-Bahn-Schacht geflohen waren.
Doch das wichtigste war eine weißmagische Waffe. Ohne eine solche würde sie keine Chance gegen einen Dämon wie Woida haben. Zwar konnte Nicole jederzeit das Amulett rufen, doch darauf wollte sie möglichst verzichten. Zamorra sollte Merlins Stern für sich behalten. Er würde ihn dringend benötigen, wenn das Duell begann. Und wann das sein würde, wusste Nicole ja nicht.
Das wusste nur Vyrna…
Doch die Dämonenjägerin hatte sich von Cedio eine Zauberwaffe geliehen. Der Schuster verfügte ebenfalls über magische Fähigkeiten. Sonst hätte er wohl kaum die Stiefel machen können, die gegen die Gefahren des Zaubersumpfs helfen sollten.
Cedio hatte Nicole ein Beil in die Hand gedrückt.
»Das hilft vielleicht nicht gegen Vyrna«, hatte er gesagt, »aber gegen ein Monster wie Woida auf jeden Fall. Das Metall wurde von einem Schlafriesen geschmiedet und im Blut eines magischen Halbbären erkaltet.«
Nicole hatte sich bei dem Schuster bedankt, ohne nachzufragen, was denn ein Schlafriese und ein Halbbär für Geschöpfe waren. Sie hatte momentan andere Sorgen.
Jedenfalls hatte sie genau gespürt, dass eine starke weißmagische Kraft von dem Beil ausging. Und das war das Wichtigste.
Nicole hatte Monsieur Renard dann noch gebeten, Zamorra etwas auszurichten.
»Sagen Sie meinem Chef, dass ich etwas Wichtiges erledigen muss!«
Und dann war sie flink durch den Hintereingang der Schusterwerkstatt verschwunden, bevor Zamorra seine Zeitschau beendet hatte.
Zuvor hatte sie sich allerdings schnell noch andere Kleidung geliehen.
Ihr Business-Kostüm mit dem dreiviertellangen Rock, Strumpfhosen und Pumps war denkbar ungeeignet für die Monsterjagd.
Also machte sich Nicole Duval in Ledershorts, einem ärmellosen Bustier und Stiefeln auf den Weg zum Dornenwald. Cedios Frau hatte ihr die Textilien geliehen.
Das Beil hatte die Dämonenjägerin sich in den Gürtel
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