072 - Das Horror Palais von Wien
auf
eine geeignete Formel zurückgreifen kann.«
Der
Antiquitätenhändler sah ihn seltsam an. »Es gibt bestimmt Beschwörungen, mit
denen sich Gutes und Böses herbeirufen läßt«, meinte er dann mit leiser Stimme.
»Alle jene Dinge, die angeblich in der Vergangenheit durch Magie und
Okkultismus erklärt wurden, sind bestimmt nicht nur Erfindungen. Ich glaube
auch, daß es große Zauberkünstler gab, die mit dem Teufel im Bunde standen oder
über übersinnliche Kräfte verfügten. Der große Entfesselungskünstler Houdini
zum Beispiel. Es konnte bis heute nicht geklärt werden, wie er es fertig
brachte, gefesselt und geknebelt aus einer verschlossenen Kiste zu steigen, die
drei Meter unter Wasser lag. In dreißig Sekunden war er frei und tauchte zur
Bewunderung und unter dem Beifall seiner begeisterten Zuschauer entfesselt wieder auf. Aber wenn Sie mir sagen, daß Sie mit
Zauberformeln arbeiten… na, lassen wir das. Ich kann Ihnen einige Sachen
vorlegen, bin allerdings nicht mehr so gut bestückt wie vor einiger Zeit. Aber
das sagte ich Ihnen schon. Erlauben Sie mir dennoch die Frage, ob Sie
vielleicht einen bestimmten Wunsch haben?«
»Ja.
Es gibt ein Buch mit dem Titel Die Magie der unsichtbaren Zauberwesen .«
Pörtscher sagte es leicht hin und sah sich scheinbar interessiert in der Runde
alle Bücher an, unter denen sich die Regale bogen. In Wirklichkeit aber war er
aufs äußerste gespannt und ließ den Mann keine Sekunde aus den Augen. So
entging ihm nicht, wie der Händler leicht zusammenzuckte. »Damit muß es wohl
etwas Besonderes auf sich haben«, bemerkte der Wiener. »Gestern war auch jemand
hier, der sich dafür interessierte. Ein junges Mädchen… sie sah gut aus…«
Pörtscher atmete unmerklich auf. Jetzt hatte er den Mann da, wo er ihn haben
wollte, ohne daß der andere Verdacht schöpfte. Über das, was die vermutliche
Hexe Marina wollte und suchte, konnte er möglicherweise mehr erfahren,
vielleicht sogar ihren derzeitigen Aufenthaltsort, den zu finden er sich so
schwer tat. Dieser Laden war von der Hexe mehrfach aufgesucht worden.
Vielleicht hatte sie hier etwas entdeckt, oder vielleicht hatte der Inhaber ihr
etwas beschafft. Und er hatte womöglich ihre Adresse notiert? »Ja, ich entsinne
mich genau… für Titel und Namen habe ich ein Gedächtnis«, murmelte der Mann
nachdenklich und kraulte sein graues Nackenhaar. »Der Titel ist nicht
alltäglich. Ich muß Sie ebenso enttäuschen wie jene Kundin, mein Herr… ein Buch
mit diesem Titel gibt es nicht.«
»Das
ist ein Irrtum. Es existiert ein Original-Exemplar, das mit Hand geschrieben
war, und es gibt von dem Buch mehrere Abschriften in verschiedenen Sprachen. Es
steht mit Sicherheit fest, daß das Buch teilweise in einzelne Blätter zerlegt
wurde, um auf diese Weise seine Beschaffung zu erschweren.«
Der
Antiquitätenhändler wirkte erstaunt. »Genau das sagte die Dame auch, und sie
scheint in einem Buch einen Hinweis auf einen möglichen Fundort entdeckt zu
haben…« Pörtscher gab sich enttäuscht. »Dann komme ich wohl wieder mal zu spät.
Ach, das ist ärgerlich. Ich laufe mir seit Tagen die Hacken ab, marschiere kreuz
und quer durch Wien, stöbere sämtliche Regale durch, und dann kommt jemand
daher und hat das Glück, wirklich etwas zu finden. Wissen Sie, wer die Frau
war?«
»Sie
nannte sich Fräulein Peters.«
War
dies Marinas Name? Dann wäre man wenigstens hier einen winzigen Schritt weiter.
Aber der Name Peters konnte auch ebenso gut erfunden sein. »Hat Sie Ihnen
zufällig ihre Adresse hinterlassen?«
»Warum
fragen Sie danach?«
Pörtscher
seufzte. »Ich würde mich mit Fräulein Peters gern in Verbindung setzen.
Vielleicht könnte ich sie dazu bringen, das Buch an mich weiterzuverkaufen. Ich
wäre bereit, dafür einen guten Preis zu bezahlen.«
»Ich
hatte den Eindruck, daß sie selbst bereit gewesen wäre, jeden Preis dafür zu
bezahlen, um in den Besitz einer Seite des betreffenden handgeschriebenen
Autographs zu gelangen.« Dann zuckte der Sprecher die Achseln. »Tut mir leid,
aber die Anschrift von Fräulein Peters ist mir nicht bekannt. Nur in ganz
seltenen Fällen kommt es vor, daß ein Kunde seine Adresse hinterläßt, wenn er
eine Nachricht von uns erwartet. Ich kann Ihnen allerdings gern den Gefallen
tun, und sie nach ihrer Adresse fragen, wenn sie das nächste Mal vorbeikommt.«
»Glauben
Sie, daß sie nochmal reinschaut? Jetzt, wo sie praktisch gefunden hat, was sie
suchte?«
»Ich
denke schon. Ich war
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