072 - Der unheimliche Mönch
sparte. Und das ist mir auch gelungen", erklärte der Lord mit Genugtuung.
Es klopfte leise an der Tür, und Miss Parker kam wieder herein.
„Draußen ist ein Herr, der Mylord sprechen möchte." „Das muß der Mann von der Versicherungsgesellschaft sein", sagte er zu seiner Frau. „Führen Sie ihn herein, Miss Parker."
Bob Brewer trat ein, verneigte sich vor Mylady und nickte dem Lord zu, den er flüchtig kannte.
„Also Sie sind der junge Mann von der Versicherungsgesellschaft?" fragte der Lord. „Wollen Sie bitte Platz nehmen? Und willst du so gut sein, Liebling, Mr. ..."
„Mein Name ist Brewer."
„... Mr. Brewer zu unterhalten, während ich das Halsband hole?"
„Ich glaube, daß zuviel Aufhebens gemacht wird wegen einer verlorenen Perle", sagte Mylady, als ihr Gatte gegangen war.
„Handelt es sich nur um eine Perle?" fragte Bob interessiert. „Ich glaubte, es wäre ein ganzes Halsband gestohlen worden."
„Ach nein, nur eine" Perle. Und soviel ich weiß, ist der Lord bei Ihrer Gesellschaft gegen Diebstahl versichert."
Bob nickte.
„Ja, die Perlen sind bei uns für fünfundzwanzigtausend Pfund versichert. Ich nehme an, daß Sie die Polizei verständigt haben?"
„Ich glaube nicht, daß Mylord das getan hat. Er wird Ihnen alles erklären, wenn er zurückkommt. Meiner Meinung nach wird wirklich zuviel Aufhebens von der Sache gemacht."
Der Lord kehrte ins Zimmer zurück, er hielt einen flachen, schwarzen Lederkasten in der Hand, den er ein wenig umständlich öffnete. Auf dunkelblauem Samtgrund lag eine der schönsten Perlenketten, die Bob je gesehen hatte.
„Diese Kette besteht - oder richtiger - bestand aus dreiundsechzig Perlen", sagte der Lord. „Sie sind berühmt, denn sie wurden von meinem Urgroßvater erworben, der unter der Regierung Wilhelms IV. Gouverneur von Madras in Südindien war."
„Ich kenne die Geschichte", entgegnete Bob. „Ihr Urgroßvater ist mit einer Frau des Radsdias durchgebrannt, und sie trug diese Halskette.
Lord Heppleworth räusperte sich. „Ja, es war ein Skandal, aber wir brauchen die Sache ja nicht näher zu erörtern. Jedenfalls, hier sind die Perlen. Sie gehören zu den kostbarsten in ganz Europa, und ich lege großen Wert darauf, daß meine Frau die Heppleworth-Perlen trägt, wenn ich mit ihr ausgehe. Ich zähle die Perlen jeden Abend, bevor wir fortgehen. Dasselbe geschieht, wenn wir zurückkommen. Das mag Ihnen sonderbar erscheinen, aber ich bin in diesen Dingen sehr peinlich und genau."
„Da haben Sie ja viel zu tun", erwiderte Bob spöttisch.
„Gestern abend gingen wir nun wie gewöhnlich ins ,Magnificent', um dort zu Abend zu speisen. Ich zählte vorher die Perlen - es waren dreiundsechzig. Wir gingen dann ins Restaurant. Mylady hat allerdings in der Garderobe ihren Pelz abgelegt, aber sonst war ich immer bei ihr. Wir waren etwa anderthalb Stunden im großen Speisesaal. Während dieser Zeit ist niemand an unseren Tisch getreten, mit Ausnahme des Kellners. Ich bin natürlich stolz auf den alten Familienschmuck und habe auch während des Essens verschiedentlich danach gesehen. Später ging Mylady wieder in die Garderobe, legte ihren Pelz an, und dann fuhren wir im Auto nach Haus. In meiner Gegenwart nahm sie das Perlenhalsband ab. Ich legte es in dieses Etui und zählte die Perlen, aber es waren nur zweiundsechzig." Er warf Bob einen Blick zu.
„Nur zweiundsechzig", wiederholte Bob. „Selbstverständlich haben Sie die Perlen noch einmal gezählt?" „Ja, mindestens ein dutzendmal. Es ist ausgeschlossen, daß ich mich geirrt habe. Ich kenne jede Perle des Halsbandes. Die fehlende Perle ist eine der größten."
Bob nahm die Kette in die Hand und prüfte sie sorgfältig.
„Ich kann nicht entdecken, daß die Schnur irgendwie gerissen oder ausgebessert ist. Wenn eine Perle entfernt wurde, muß der Mann sein Handwerk verstanden haben. Wie hoch ist denn der Wert der fehlenden Perle?"
„Zwischen siebenhundert und tausend Pfund", entgegnete der Lord. „Es war eine der besten."
„Könnte sie während der Rückfahrt in den Wagen gefallen sein?"
„Nein, unmöglich", sagte Lord Heppleworth scharf. „Das ist eine lächerliche Frage. Sie haben doch die Schnur selber gesehen, auf der die Perlen aufgezogen sind."
„Ja", erwiderte Bob langsam. „Haben Sie irgendeine Erklärung, Mylady?"
„Nein. Ich wußte nicht einmal, wieviel Perlen die Kette hatte."
„Nun, wie steht es?" fragte Douglas Campbell, als Bob ihn in seinem Büro
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