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0720 - Teufelsnächte

0720 - Teufelsnächte

Titel: 0720 - Teufelsnächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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der Funksprüche riss ihn aus seinen Gedanken. Unwillkürlich drehte er die Lautstärke hoch.
    »Zentrale hier. Was gibts?«
    Timble erkannte Sergeant Welsh, der wegen seiner entspannten Art bei den niedrigeren Diensträngen sehr beliebt war, es aber wohl deshalb nie zum Detective bringen würde.
    Kathys Stimme meldete sich wieder. »Zentrale, ich bräuchte die Adresse eines gewissen Ian Pritchard in Greater Manchester. Over.«
    Timble spürte, wie ihm die Farbe aus dem Gesicht wich.
    »Willst du dir ein Autogramm holen?«
    Er hörte die Antwort der Zentrale kaum, war zu sehr damit beschäftigt, in hilfloser Wut auf sein Lenkrad einzuschlagen.
    »Was für eine Scheiße!«, brüllte er, während sich Kathy über Funk für die Adresse bedankte. Er wusste nicht, was sie erfahren hatte, aber es war garantiert kein Zufall, dass sie genau jetzt zu Ian fuhr.
    Timble hielt vor einer roten Ampel und zog sein Handy heraus. Er hatte den Eindruck, dass alles um ihn herum zusammenbrach. Mit zitternden Fingern wählte er eine Nummer und wartete nervös, bis am anderen Ende abgehoben wurde.
    »Wir haben ein Problem«, sagte er. »Harrold, eine Kollegin, ist auf dem Weg zu Ian. Sie muss irgendetwas erfahren haben.«
    »Dann nutze die Gelegenheit«, antwortete Kenneth, ohne zu zögern. »Du hast doch ohnehin noch etwas zu erledigen.«
    Timble fühlte kalten Schweiß auf seiner Stirn. »Ich soll sie…«
    Hinter ihm hupte jemand. Das Geräusch erschrak ihn so sehr, dass er den Motor des Wagens abwürgte, bevor er im zweiten Anlauf anfuhr, Augenblicke bevor die Ampel wieder auf Rot schaltete.
    »Das kann ich nicht«, sagte er. »Es ist schon schwer genug bei einer Unbekannten, aber Kathy auf diese Weise…«
    Kenneth ließ ihn nicht ausreden. »Sieh es als Wink des Schicksals. Wir haben nur noch ein paar Stunden Zeit. Wenn du jetzt nicht handelst, wird alles umsonst gewesen sein. Und wie wirst du dich dann fühlen, Pete, wenn du diese Dinge getan hast und doch immer noch Lugosis Sklave bist?«
    Timble schluckte trocken. Er dachte an das Blut und das Geräusch von Klingen, die in Fleisch eindringen, an den Gestank und den ersterbenden Blick der Opfer. Sie alle trugen plötzlich Kathys Gesicht.
    »Bist du noch dran, Pete?«
    »Ja… Du hast Recht, Kenneth.« Er glaubte, jemand anderen die Worte sagen zu hören. Seine Stimme klang fremd und kalt in seinen Ohren. »Wir haben es angefangen, jetzt müssen wir es durchziehen.«
    Timble unterbrach die Verbindung.
    ***
    »Hallo?«
    Das Besetztzeichen war die einzige Antwort, die Kenneth bekam. Nachdenklich legte er das Telefon zur Seite und drehte seinen Rollstuhl, um nach dem Buch zu greifen, das ihn zum Helden machen sollte.
    Zwanzig Jahre lang hatte er geforscht und gearbeitet, bis er diese Möglichkeit entdeckte. Zwanzig Jahre, in denen er nur an den schrecklichen Fehler dachte, den er damals begangen hatte und an das Leiden, das über ihn und die anderen gekommen war. Hätte er Satan in jener Nacht nicht angebetet, wäre alles anders verlaufen. Aber er hatte es getan, und damit würde zumindest er bis zu seinem Tod leben müssen - jedoch nicht die anderen.
    Es war nur eine kleine Passage, die er in der Abschrift eines mittelalterlichen, okkulten Werks entdeckt hatte, nicht mehr als ein Absatz und ein paar lateinische Worte, die er längst auswendig kannte. Und doch war diese Entdeckung der Moment gewesen, in dem er begriff, dass er die anderen von Lugosi befreien konnte.
    Er brauchte nur fünf Opfer, die in einer bestimmten, vorgeschriebenen Weise getötet und Lugosi gewidmet wurden, um die Seelen seiner Freunde gegen sie einzutauschen. Vier dieser Opfer hatte Timble bereits erledigt, das fünfte musste er noch vor Mitternacht töten, damit der Tausch stattfinden konnte.
    Kenneth hoffte, dass Timble nicht die Nerven verlor.
    Ein wenig wunderte er sich über dessen plötzliche Skrupel. Schließlich hatte er auch vor diesen Morden bereits getötet und Kenneth wusste, dass er nicht das Geld hatte, um Lugosi noch länger bezahlen zu können. Deshalb hatte er sich ja an Timble gewandt.
    Kenneth warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Das Ritual rückte unaufhaltsam näher, und er wurde immer nervöser. Seine Finger strichen über den Buchrücken.
    Ich werde Lugosi besiegen, dachte er. Das bin ich mir und allen anderen schuldig.
    ***
    Der Bruder stand inmitten des Weihnachtstrubels, ohne etwas davon zu bemerken. Die Menschen drängten sich an ihm vorbei, fluchten und rempelten ihn an, aber er war

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