0721 - Stärker als der Teufel?
Wert.
Was würde Asmodis unternehmen? Zu welchen Tricks würde er greifen? Es war ihr unmöglich, in ihn hineinzuschauen, aber er kannte immer Mittel und Wege, um an sie heranzukommen.
Und sie wollte ihn dann abwehren.
Yannah lachte, als sie daran dachte. Irgendwo freute sie sich auf den Kampf zwischen ihm und ihr.
Gleichzeitig spielte sie mit dem Gedanken, sich von ihren Freunden zu trennen, weil sie diese nicht einer so starken Gefahr aussetzen wollte.
Sie wollten aber nicht weg. Lange genug hatten sie über dieses Thema diskutiert. Im Vertrauen auf die Weiße Hexe wollten sie dem Teufel die Stirn bieten.
Das konnte ins Auge gehen…
Yannah stand auf. Den letzten Rest des Zigarillos warf sie in einen Standascher. Allmählich zerfaserten auch die Rauchwolken um ihren Kopf herum.
Sie ging auf die Tür zu. Hinter einem dunklen Samtvorhang lag sie normalerweise verborgen. Jetzt aber war er aufgezogen worden. Yannah hatte ihn nicht wieder zurechtgerückt, nachdem die Kundin sie verließ. Die Tür war nur deshalb zu sehen, weil das Licht der Kerzen auch auf ihr schwache Reflexe hinterließ.
Sie drückte die Klinke nach unten.
Allein war sie nie. Ein Freund saß jedesmal im Vorraum und überwachte die Kunden.
Manche drehten während und nach den Sitzungen durch, da war es schon besser, wenn jemand in der Nähe war, der sie handgreiflich beruhigte.
Sie trat in den Vorraum.
Auch hier herrschte ein geheimnisvolles Licht vor. Spotlights strahlten von der dunklen Decke wie winzige Sterne.
Plötzlich zitterten die Ringe, berührten sich, spielten dabei eine Melodie…
Wie von selbst…
Für Yannah war es ein Warnsignal. Schlagartig entstand der Schauer und rann über ihren Körper.
Zunächst einmal tat sie nichts. Sie bewegte sich nicht, sie hätte am liebsten auch das Atmen eingestellt.
Der Raum war nicht sehr groß. Die Wände zeigten als Tapeten einen dunkelblauen, beinahe schwarzen Samt. An der Decke sah es ähnlich aus. Die Spotlights funkelten. Ihr Licht verlor sich zwischen Decke und Boden. Was trotzdem in der Luft hing, war nicht mehr als ein bleicher Schleier, durchtanzt von unzähligen Staubteilchen.
Wo war Zing?
So hieß einer ihrer Freunde, der an diesem Tag im Vorraum Wache gehalten hatte.
Der Sessel an der linken Seite, wo er eigentlich hätte sitzen müssen, war leer.
Was das bedeutete, konnte sie sich vorstellen. Freiwillig hatte Zing den Platz bestimmt nicht verlassen. Er gehörte zu den treuen Typen. Er hätte ihr Bescheid gesagt.
Die Ringe bewegten sich noch immer, obwohl sie selbst starr auf der Stelle standen. Sie gaben das zurück, was sich in ihrem Innern abspielte. Eine Nervosität, auch das Gefühl der Furcht, den Druck und das Wissen, daß der Teufel bestimmt nicht aufgegeben und wieder zu einem neuen Trick gegriffen hatte.
War Zing von ihm vernichtet worden?
Yannah spürte auf der Kopfhaut ein Kribbeln. Plötzlich kam ihr die Umgebung nicht nur zu dunkel, sondern auch überheizt vor. Auf der Stirn bildete sich ein Schweißfilm und ließ die glatte Haut der Frau ölig aussehen.
»Zing?« Sie rief den Namen leise, aber so laut genug, daß er sie hätte hören müssen.
Er meldete sich nicht.
Yannah bewegte sich nach vorn. Sie kam sich vor wie eine Puppe, die nach fremden Befehlen handelte. Als ihr Fuß den Boden berührte, da war es ihr, als würde sie durch Schlamm gehen.
Überhaupt war alles so zäh geworden, so anders. Selbst beim Einatmen schmeckte die Luft nach Gefahr.
Sie strich über ihre Stirn. Der Atem strömte aus ihren Nasenlöchern, fuhr kalt über die Oberlippe.
Auch auf dem Fußboden lag ein dunkler Teppich. In seiner, grauen Farbe hob er sich kaum von den anderen ab. Er ging einfach unter.
Sie schaute nach rechts. Dort führte der Weg zum Ausgang. Auch er sah aus wie ein düsterer Tunnel.
Über der Tür brannten drei kleine Lichter.
Vor ihr aber lag jemand.
Yannah sah zuerst nur den Umriß, der ihr vorkam wie ein schwerer Schatten. Ihr Herz schlug schneller. Zuckungen liefen über ihr Gesicht. Sie kannte plötzlich die Wahrheit, denn der Schatten besaß menschliche Konturen.
Und doch wollte sie alles genau wissen. Sie überwand ihre eigene Starre und lief auf die Tür zu.
Ein Lichtschalter befand sich in der unmittelbaren Nähe. Sie kickte ihn um.
Es wurde hell.
Richtig hell, brutal hell, weil das kalte Licht aus einer Leuchtstoffröhre stammte.
Und es knallte haargenau auf die reglose Männergestalt.
Ja, es war Zing. Er war tot, der Teufel hatte
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