0723 - Der Teufels-Autor
auf, kann ich Ihnen sagen.« Sie redete auf mich ein, sie beschrieb mir Details aus dem Buch, und ich hörte zwar zu, aber meine Blicke glitten in die Runde.
Ich schaute nach Bill, der mich sah und schadenfroh grinste, weil ich so in Beschlag genommen worden war.
Von der übrigen Fete bekam ich kaum etwas mit, bis zu dem Zeitpunkt, als jemand in ein Mikrofon sprach und um Ruhe bat.
Da stoppte auch Ruby ihren Redefluss.
Ich nutzte die Gelegenheit und zog mich zurück. Nicht weit entfernt hatte ich einen Sitzplatz entdeckt. Ein schmaler Stuhl stand vor einem Tisch, ein zweiter Stuhl ebenfalls, und den besetzte ausgerechnet Ruby. Ihre Wangen hatten sich gerötet, sie war noch immer aufgeregt, bewegte hektisch den Kopf, die Augen blitzten. Einige Haarsträhnen waren ihr in die Stirn gefallen. Sie pustete sie weg.
»Jetzt wird es offiziell«, sagte sie.
»Wegen der Reden?«
»Genau.«
»Und wer spricht da?«
»Zuerst Mr. Gordon Leland.«
Ich wusste zwar nicht, wer der Mann war, sagte aber: »Aha, der Mann also.«
»Ein Verleger muss ja eine Rede halten. Überlegen sie mal, was dieser Verlag an den Büchern verdient.«
»Einiges.«
»Immens viel.«
Im Hintergrund des Saales gab es so etwas wie ein Podium, auf das Gordon Leland nun kletterte.
Vom Wuchs her war er ein kleinerer Mensch, schon älter, trug das weißgraue Haar gescheitelt, und sein Gesicht zeigte eine gesunde Urlaubsbräune. Er trug eine dunkelblaue Jacke, ein weißes Hemd, eine graue Hose.
Mit einer bedächtigen Bewegung setzte er seine Brille auf und schaute auf sein Manuskript. Dann räusperte er sich. Die Gespräche verstummten. Es wurde nicht einmal geflüstert.
Leland begann seine Rede. »Mein lieber Freund Damion Dark«, sagte er, »liebe Kollegen, sehr verehrte Gäste…«
Was nun folgte, war die übliche Rede, das große Lob wurde ausgesprochen, der Verkaufserfolg der Bücher in den Vordergrund gestellt, es wurde von der Zusammenarbeit zwischen dem Verleger und seinem Autor gesprochen und auch davon, wie das erste Buch vor mehr als zehn Jahren entstanden war und was es bewirkt hatte.
Ich hörte kaum hin. Ab und zu wurde die Rede von Beifall unterbrochen, wobei meine Tischnachbarin besonders laut klatschte. Für sie war diese Feier das Absolute.
Ich rauchte eine Zigarette, war froh, die Beine ausstrecken zu können, und spürte allmählich Hunger.
Aber auch das ungute Gefühl war geblieben. Diese leichte innere Spannung, die mich umfasst hielt.
Ich merkte, wie es kalt meinen Nacken hinabrann, aber ich konnte mich nicht so stark konzentrieren, weil mich die Umgebung doch immer wieder ablenkte.
Nach einer guten Viertelstunde war die Rede beendet. Auch ich spendete Beifall, der sich dann steigerte, als sich die schwarz gekleidete Gestalt des Autors dem Podium näherte.
Damion Dark genoss den Beifall. Er schaute in die Runde, er lächelte, er winkte ab, er tat es einmal, zweimal, erst beim dritten Mal verstummte das Klatschen.
Ruhe trat ein.
»Aaah, jetzt redet er«, flüsterte Ruby aufgeregt. Sie zerknüllte ein Taschentuch zwischen den Händen, bewegte klimpernd die Augen und holte einige Male tief Luft.
»Danke, danke, danke«, sprach er in das Mikro. »Ich bedanke mich sehr und habe mich zunächst gefragt, wo die Person geblieben ist, der all die Lobreden gelten. Schließlich sagte mir jemand, dass ich gemeint war, aber das konnte ich kaum glauben.«
Wieder wurde geklatscht, und Ruby Sarrona sprang sogar von ihrem Stuhl hoch.
Das waren so die üblichen Tricks, mit denen sich der Gelobte bedankte. Damion Dark wiederholte die Rede des Verlegers zwar nicht, aber er ging auf wesentliche Dinge ein, sodass ich wieder abschalten konnte. Nein, ich schlief nicht ein, ich dämmerte so vor mich hin, wobei ich allerdings auf mein Kreuz achtete, das vor meiner Brust hing und noch immer leicht erwärmt war.
Die Gefahr blieb…
Ich wurde dann geweckt, als Ruby einen leisen, aber dennoch spitzen Schrei von sich gab.
»Was ist denn?«, fragte ich.
»Jetzt kommt es!«, flüsterte sie. »Meine Güte, er hat es gesagt, er hat es angesagt…«
»Was denn?«
»Er - er spricht über sein neuestes Werk. Das - das habe ich nicht für möglich gehalten.«
Dark bat um Ruhe. Er hatte die Gäste im Griff, er wählte seine Worte sehr sorgfältig und sprach zunächst seinen Verleger, Gordon Leland, an. »Auch ein Autor sollte an einem derartigen Tag ein Geschenk für seinen Verleger haben, und ich habe hin und her überlegt, was ich ihm mitbringen
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