0728 - Lichter der Verdammnis
nachgehen.«
Nicole streckte sich wieder auf dem Bett aus. »Viel Spaß dabei«, wünschte sie.
»Du kommst nicht mit?«
»Ich«, verkündete sie, »bin müde. Ich habe bis vier Uhr morgens an diesem verdammten Computerterminal in deinem Büro gesessen, alte Zauberbücher einzuscannen versucht, obgleich die schon bei einer einfachen Berührung halb auseinander brechen, und mich bemüht, das Ganze in lesbarer Dateiform abzuspeichern. Du hast ja nur ein paar kleine Artikel verfaßt…«
Das war allerdings untertrieben. Zamorra arbeitete die zuletzt erlebten Dinge auf und brachte sie in Textform, einerseits, um die Erfahrungen für künftige Vergleiche jederzeit abrufbar zu haben, und andererseits, um daraus irgendwann einen Text für eine parawissenschaftliche Zeitung oder für eine Gastvorlesung an einer Universität zu machen. Das Phänomen, durch das Nicoles Freundin April Hedgeson extrem verjüngt wurde, war durchaus eine nähere Betrachtung wert… [1]
»Du kannst ja später nachkommen«, sagte Zamorra. »Aber noch könnte die Spur der vermeintlichen Ratte heiß sein. Wenn sie erst mal erkaltet, wird es schwieriger.«
»Ja - und Schlaf ist gesundheitsschädlich«, seufzte Nicole. »Ich weiß noch nicht, ob ich morgen oder in drei Wochen nachkomme. Jetzt erst mal werde ich versuchen, bis zum Mittag zu schlafen. Und wehe, es ruft in der Zwischenzeit noch mal jemand an. Der stirbt eines sehr langsamen, qualvollen Todes - egal, wer das ist.«
Zamorra trat an das Terminal. »Zuletzt gespeicherte Rufnummer anwählen«, sagte er.
Der Computer, der die Telefonanlage steuerte, reagierte. Wenig später meldete sich Brack.
»Ich komme rüber. Wo genau in Baton Rouge sind Sie?«
»Wird Ihnen wenig nützen«, meinte Brack. »Bis Ihr Flugzeug landet…«
»Sagen Sie mir, wo Sie sind - ich nehme an, Sie sind noch in der Nähe des Tatorts - und bleiben Sie noch etwa zwanzig Minuten da.«
»Was soll das, Professor?«
»Straße und Hausnummer, kein langes Gerede!«
Brack nannte ihm die Daten.
Zamorra beendete das Gespräch.
Nicole hatte sich auf die Seite gedreht, präsentierte ihm ihre wohlgeformte Kehrseite und war nicht mehr ansprechbar…
***
Calderone sah das Mädchen an. »Du hast deine Aufgabe sehr gut gelöst«, sagte er.
Die Dunkelhaarige streckte ihm den Stab entgegen. Er begann in ihrer Hand zu zucken. Offenbar wollte er sich auf Calderone stürzen, um ihn zu vernichten.
Ich bin bereits Dämon genug, dass er auf mich reagiert , stellte der Mann fest, der einst Sicherheitsbeauftrager von Tendyke Industries gewesen war, ehe er wegen eines Mordanschlags auf Robert Tendyke ins Gefängnis musste. Aus diesem hatte Stygia ihn befreit…
Und dann war eines zum anderen gekommen…
»Lege den Stab in jenes Behältnis«, sagte er und wies auf eine Schatulle, die mit magischen Bannzeichen bemalt war - neutrale Magie, weder schwarz noch weiß. »Und verschließe es sorgfältig.«
Das Mädchen führte den Befehl aus.
»Gab es Probleme?«, fragte Calderone.
»Nein, Herr. Ich nahm den Stab, wie befohlen, und floh. Ich glaube, der Mann versuchte, mir zu folgen, fand mich aber nicht mehr. Ich ihm noch etwas abgenommen.« Sie zog aus ihrem zu kurzen Fellkleidchen ein paar Dollarscheine hervor. »Das hier steckte mit in der Tasche, in der er den Stab trug. Kannst du damit etwas anfangen, Herr?«
Der lachte leise auf. Natürlich wusste sie nicht, was Geld war. Er faltete die Scheine auseinander und fand darin eine Kreditkarte der Tendyke Industries. Er erkannte sofort den Typ - es war eine Karte, die universell von jedem benutzt werden konnte, der sie in der Hand hielt. Hier war keine Geheimzahl oder sonst etwas erforderlich, der entsprechende Code auf dem Chip und auf dem Magnetstreifen unterband die Abfrage und gab seine eigene Signatur in das Lesegerät ein. Diese Karten, wusste Calderone, wurden speziell für »kleine Gefälligkeiten« vergeben und waren auf einen bestimmten Geldbetrag limitiert, der vorher individuell fixiert wurde.
Er steckte die Karte ein, die er tatsächlich sehr gut gebrauchen konnte. »Sehr, sehr gute Arbeit«, lobte er. Nach dem Fiasko von Senecas Enttarnung und ihrer beider Flucht waren die Konten gesperrt worden. Natürlich konnte Robert Tendyke garantiert weiterhin über sein Geld verfügen, aber nur mit neuen Karten und neuen PINs. Calderones Privatkonto und sein Firmenzugriff waren ebenfalls blockiert worden. Natürlich konnte er das mittels Magie oder Computertechnik austricksen,
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