Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0729 - Die Bestien von Las Vegas

0729 - Die Bestien von Las Vegas

Titel: 0729 - Die Bestien von Las Vegas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
Vom Netzwerk:
kein Wort für ›Flugzeug‹ kannte, musste es notgedrungen als einen »Leib mit Flügeln aus Silber und Licht«, beschreiben!
    Nur brachte auch diese Erkenntnis kein Licht in jenes Dunkel, das die Botschaft des Skorpions für Yellowhorse bedeutete…
    ...aber es war auch noch nicht vorbei.
    Das ahnte Yellowhorse. Und diese Ahnung verdichtete sich noch in der Sekunde zur Gewissheit, mit der ein Gefühl einherging, als löse sich das Fleckchen Erde, auf dem er stand, aus seinem Verbund mit dem Rest der Schöpfung, über die just ein Sturm hereinbrach, der sie in ihren Grundfesten erschütterte.
    Auf seinem Hügel spürte Yellowhorse von diesem Sturm nur eine Bö, die er sogar sehen konnte. Ein Stück entfernt wühlte der Wind Staub auf, erst zu einer Wolke, dann formte er ihn wie die Hände eines Töpfers den Lehm auf der Drehscheibe zu einer Säule und schließlich zu etwas Figürlichem, das seine Gestalt jedoch fortwährend veränderte, in so rascher Folge, dass Yellowhorses Blick sie nicht zu erfassen oder gar zu bestimmen vermochte.
    Nur eines war ihm klar: Irgendetwas geschah hier - etwas Unheimliches, etwas Unmögliches.
    Dennoch nahm es seinen Lauf.
    Und es kam auf ihn zu.
    ***
    Zeit war nicht mehr existent. Nicht für Yellowhorse.
    Die Welt schien sich unabhängig von ihm und seiner unmittelbaren Umgebung weiterzudrehen und ihn vergessen zu haben, für diesen zeitlosen Moment zumindest.
    Die Bö fuhr ihm zunehmend heftiger ins Gesicht, ließ sein offenes Hemd flattern. Erste Staubkörner prasselten gegen seine nackte Brust, Vorboten jenes Gebildes, das der Wind aus dem Wüstenboden aufgetürmt hatte.
    Wie zäher Nebel wogte und wirbelte es auf Yellowhorse zu, war jetzt schon so nahe, dass es ihm die Sicht auf den Horizont dahinter nahm, so wie ihm der Wind allmählich die Luft zum Atmen raubte.
    Noch immer war es ihm nicht möglich zu erkennen, was der Wind da formte. Mal meinte er, ein Gesicht oder eine Fratze im tanzenden Staub zu sehen, dann wieder schemenhafte Figuren, die sich mit schlangenhaften Gliedern um- und ineinander wanden und dann wieder etwas ganz anderes, für das ihm die Worte fehlten…
    Was er indes erkannte - oder zu erkennen glaubte war das dumpfe und lauter werdende Brausen des Windes. Es erinnerte ihn an das Röcheln, das aus der Klimaanlage seines Trailers gedrungen war, gerade so, als spräche aus beidem dieselbe Stimme - oder beides in derselben Sprache…
    Über dem Abhang des Hügels, auf dessen Kuppe Yellowhorse stand, verharrte das Gewölk aus Staub. Yellowhorse rechnete schon damit, hoffte darauf, dass es sich auflösen und zu Boden sinken und als nichts anderes denn eine sonderbare Laune natürlicher Gewalt entpuppen würde.
    Doch stattdessen nahm die Kraft des Windes noch zu! Wie mit zusätzlichen Händen wühlte er weiteres Erdreich auf, schleuderte es hoch und überantwortete es dem Strudeln der Lüfte, bis es vor Yellowhorse schier kochte und brodelte, wie eine graue und sandfarbene Suppe in einem riesigen Glaskessel.
    Und inmitten dieses Brodems - war etwas.
    Nein, korrigierte Yellowhorse in Gedanken, etwas entstand dort drinnen!
    Der Staub verdichtete sich nun vollends zu einer Gestalt, die nicht gleich wieder ihre Form veränderte, kaum dass er sie erblickt hatte. Im Gegenteil, sie wurde deutlicher, wenn auch nicht wirklich klar erkennbar, nur ihre Konturen blieben seltsam unsichtbar, als habe dieses Etwas keine festen Umrisse.
    Es war… ein Pferd.
    Ein Mustang. Mit beigefarbenem, beinah gelbem Fell.
    Yellowhorse schluckte, als ihm eine Frage einfiel, die eine Frage, die ihm Wovoka nie beantwortet hatte. Und er hörte, wie er sie stellte, mit der Stimme des Kindes, das er damals war:
    »Großvater, warum nennst du mich Yellowhorse…?«
    ***
    Die Antwort auf diese Frage - jetzt kannte er sie. Ohne sie in Worte kleiden zu müssen. Sie war in ihm.
    Wovoka, der Schamane… Er hatte gewusst, was einst geschehen würde und wie zur Gedächtnisstütze seinen Enkel entsprechend benannt.
    Dieser Mustang war für ihn, Yellowhorse, gemacht.
    Und zwar buchstäblich gemacht!
    Aus Staub. Aus dem Boden, dem Leib dieses Landes.
    Der Wind und die Mächte, die ihm befahlen, hatten es erschaffen. Doch blieb es schemenhaft, ohne echte Gestalt und Kontur - ein Geisterpferd…
    Oder der Geist eines Pferdes ?, fragte sich Yellowhorse. Und: Bei allen Geistern, was geht hier vor?
    Etwas, das nicht sein konnte. Nicht sein durfte! Weil…
    Ben Yellowhorse hatte sich aus gutem Grund nie in jenen

Weitere Kostenlose Bücher