0729 - Laurins finsteres Reich
lauerten, duckten sich, glitten anschließend weiter.
Eine Vorhut aus schnellen, kleinen Gestalten bildete die Führung. Drei, vier Zwerge, mehr waren es nicht.
Sie huschten über den Hang, nachdem sie den Hügel hinter sich gelassen hatten. Sie waren schnell, duckten sich trotz ihrer Größe noch zusammen, denn sie wollten nicht gesehen werden. Sie haßten irgendwelche Beobachter, sie wollten keine fremden Augen in ihrer Nähe wissen und sie erst akzeptieren, wenn sie am Ziel waren.
Große Köpfe wuchsen auf kleinen Gestalten mit stämmigen Armen und Beinen. Immer wieder schauten sie sich an, gaben sich Zeichen, stießen sich ab, huschten weiter, sprangen geschmeidig über Hindernisse hinweg und beobachteten immer nur die Stellen, die genau vor ihnen lagen. Ab und zu stießen sie gegen Steine, die nicht so fest im Boden verankert waren. Dann bekamen sie Druck, kollerten und rollten die freie Fläche hinunter, wobei sie mehr Fahrt bekamen, in unregelmäßigen Abständen hochsprangen, bis sie irgendwo unten liegenblieben.
Es waren auch die einzigen Geräusche der kleinen Vorhut. Die anderen Zwerge hielten sich lieber dort auf, wo sie war.
Sie, die Königin, ihre Diablita!
Trudi Lechner war nicht mehr die gleiche geblieben. Sie war auch nicht mehr nackt. Sie trug ein langes, gewandähnliches Kleid aus dunklem Stoff, der mit hellen Fäden durchwoben war. Sie sahen aus wie lange, dünne, goldene Streifen und reichten vom Halsausschnitt hinab bis zum Saum des Kleides.
Die meisten Zwerge hielten sich in ihrer unmittelbaren Nähe auf. Einem Beobachter hätte der Vergleich mit dem Märchen ›Schneewittchen‹ in den Sinn kommen können, aber dies stimmte überhaupt nicht.
Schneewittchen war eine junge Frau gewesen, die Tugenden wie Unschuld, Reinheit und auch Schönheit in sich vereinigte.
Das traf auf Diablita nicht zu.
Eine gewisse Schönheit konnte ihr zwar nicht abgesprochen werden, doch gleichzeitig strahlte sie eine Kälte aus, die einen Beobachter hätte frieren lassen können.
Ihr Gesicht wirkte kalt wie aus Porzellan hergestellt. Es war abweisend und glatt. Nur die Augen lebten, doch auch sie strahlten keine Wärme aus. Der Geist der anderen hatten sie verändert. Sie wirkten pupillenlos, flach, schienen aus Glasplättchen zu bestehen.
Hinzu kam das blasse Gesicht, das dunkle Haar, ein Mund, bei dem die Lippen einen Strich bildeten, und ein kleines, aber energisch nach vorn gerecktes Kinn.
Sie brachte die Kälte, sie brachte die Furcht mit und letztendlich auch den Tod.
Niemand würde sie und ihre Zwerge aufhalten können. Den Garten hatten sie hinter sich gelassen, auch die kleinen Hügel. Jetzt lag nur mehr der relativ flache Hang vor ihnen, der am Grund des kleinen Tals endete, in dem verstreut die Häuser des Ortes Glatsch lagen, und wo auch die Menschen lebten, einfach nur die Opfer, denn Diablitas Armee sollte stärker, viel stärker werden.
Sie freute sich darauf. Sie dachte in anderen Kategorien. In ihr steckte der Drang nach Macht und auch die Überzeugung, daß sie es schaffte, jedes Hindernis aus dem Weg zu räumen.
Nichts würde sie noch aufhalten können. Manchmal, wenn die Zwerge, die vor ihr gingen, sich drehten, um sie anzuschauen, dann spürte sie den Respekt und die Ehrfurcht, die ihr entgegengebracht wurden, weil sich die kleinen Gestalten immer wieder verneigten, als müßten gerade sie ihr die besondere Anerkennung dafür aussprechen, daß sie jetzt die große Anführerin war. Trudi/Diablita nahm es gelassen hin. Allerdings störte sie sich daran, daß es noch zu wenige Begleiter waren. Dies allerdings würde sich ändern, und zwar sehr bald schon.
Sie blieb stehen.
Noch war ihr Blickwinkel günstig. Sie schaute gegen den kleinen Ort, dessen Häuser ihr vorkamen, als wollten sie sich vor der Finsternis der Nacht zusammenducken.
Sie sah die Lichter hinter den Scheiben und dachte daran, daß dort Menschen lebten.
Jedes Licht bedeutete ein Opfer.
Nachschub für den Garten und gleichzeitig etwas, das ihre Macht stärkte. In diesem Bewußtsein ging sie weiter, getrieben von einem bösen Geist, der endlich einen Gastkörper gefunden hatte…
***
Das Bild sah aus, als wären unterschiedliche Farben ineinander gemalt worden, wobei sie zumeist einen dunklen Ton behalten hatten. Die Farben bewegten sich, sie liefen ineinander, sie zogen sich auch mal zurück, so daß sie neue Motive bilden konnten, wobei sie allerdings ein helleres Zentrum besaßen.
Und dieser Mittelpunkt konnte
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